Angeschlagene Airline: Germania will Gehälter später auszahlen
Die Berliner Fluggesellschaft Germania zahlt aktuell keine Gehälter an die Mitarbeiter aus.
Das Unternehmen bestätigte dem Tagesspiegel am Donnerstag einen entsprechenden Bericht des Fachportals airliners.de. Dieses zitierte aus einem Schreiben des Germania-Chefs Carsten Balke an die Belegschaft: „Im Zusammenhang mit dem aktuellen Finanzierungsprozess verzögert sich die Auszahlung der Löhne und Gehälter“. Man bemühe sich nach Kräften, „den Eingang der Zahlung auf Eurem Konto so schnell wie möglich sicherzustellen“, heißt es darin. Germania präzisierte die Angaben dahingehend, dass sich die Auszahlung der Januar-Gehälter für die Germania Fluggesellschaft mbH und die Germania Technik Brandenburg GmbH verzögern würde. Offenbar registriert die Geschäftsführung aktuell auch ungewöhnlich viele Krankmeldungen. Daher komme zu Störungen im Flugbetrieb an den Standorten in Bremen und Hamburg, schrieb das Portal. Das wurde nicht bestätigt.
Germania hatte Anfang Januar über einen finanziellen Engpass informiert, kurz darauf aber mitgeteilt, dass man einen Geldgeber gefunden habe. Um welchen Investor es sich handelt, wurde bisher nicht bekannt. Das im Jahre 1986 gegründete Unternehmen unterhält nach eigenen Angaben eine Flotte von 37-Mittelstreckenfliegern und beschäftigt insgesamt rund 1000 Mitarbeiter, darunter viele am Standort Berlin-Schönefeld. Zum Vergleich: Die Fluggesellschaft Air Berlin, die im Herbst 2017 ihren Betrieb einstellen musste, verfügte zuletzt über gut 120 Flieger und beschäftigte knapp 8000 Mitarbeiter.
Germania verfolgt ein ähnliches - wenn auch nicht identisches - Geschäftsmodell wie seinerzeit Air Berlin. Die Gesellschaft verkauft große Sitzplatzkontingente an Reiseveranstalter, was eine gewisse Planungssicherheit bietet. Doch der Anteil an Sitzplätzen, die für Touristen frei gebucht werden können, ist relativ hoch. Verlieren diese ihr Vertrauen, brechen die Buchungszahlen ein. So war es bei Air Berlin. Zahlen von Germania liegen nicht vor.
Fangen Reiseveranstalter das Unternehmen auf?
Branchenbeobachter äußerten in Gesprächen mit dem Tagesspiegel die Erwartung, dass einige Reiseveranstalter bereit sein könnten, bei Germania Geld nachzuschießen, um zumindest über den reisestarken Sommer hinweg einen reibungslosen Flugbetrieb sicherzustellen. In mehreren Bundesländern, darunter in Berlin und Brandenburg, beginnen mit der Zeugnisausgabe am Freitag die einwöchigen Winterschulferien. Kaum ein Veranstalter wird tausendfach Frust bei Kunden produzieren wollen.
Gleichwohl hört man in Branchenkreisen auch, dass die Fluggesellschaft bei Geschäftspartnern - zum Beispiel an Flughäfen und bei Kerosin-Händlern - Waren und Dienstleistungen nur per Vorkasse erhält. Das Unternehmen machte dazu keine Angaben. "Wir haben einen stabilen Flugbetrieb ohne Einschränkungen", erklärte Germania-Sprecher Lars Wagner am Donnerstagabend. Erfreulich sei, dass sich seit dem Schreiben der Geschäftsführung an die Kolleginnen und Kollegen am Vormittag mehr als 50 Pilotinnen und Piloten, Flugbegleiterinnen und Flugbegleiter in der Operations-Planung gemeldet hätten. "Sie alle bieten proaktiv ihre Dienstbereitschaft aus dem Urlaub und den Off-Tagen an. Ein Signal, dass uns insbesondere in diesen schwierigen Zeiten sehr freut", sagte Wagner.
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