Vattenfall: General Electric sticht Siemens aus
Der amerikanische Technologiekonzern liefert die Gasturbine für ein neues Heizkraftwerk in Lichterfelde - die Maschine wäre auch bei der Konkurrenz in Berlin zu haben gewesen.
Berlin - General Electric (GE) liefert die Gasturbine für das neue Heizkraftwerk von Vattenfall in Lichterfelde. Das teilte der amerikanische Technologiekonzern am Montag mit. Damit sticht GE den Wettbewerber Siemens auf dem Heimatmarkt aus und dies, obwohl Siemens in Berlin Moabit Gasturbinen baut, die in alle Welt exportiert werden. „Wir hatten die passende Maschine und das passende Konzept – das hat den Ausschlag gegeben“, sagte Stephan Reimelt, Chef von GE Energy Deutschland, dem Tagesspiegel. Der Auftrag hat ein Volumen von rund 100 Millionen Euro und umfasst auch einen über 20 Jahre laufenden Servicevertrag und die Wartung der Maschine, wie das Unternehmen mitteilte.
Der Auftrag sei streng nach EU-Recht vergeben worden, teilte Vattenfall auf Anfrage mit. Lokale Unternehmen hätten dabei die gleiche Zuschlagschance wie alle anderen. Im konkreten Fall habe der Vergabeprozess für Lichterfelde 15 Monate gedauert. Auch Siemens hatte nach Tagesspiegel-Informationen ein Angebot abgegeben, war aber leer ausgegangen. Für zwei weitere große Anlagen am Standort Berlin – Marzahn und Klingenberg – stehen die Lieferanten noch nicht fest.
Die Bauarbeiten in Lichterfelde haben bereits im Jahr 2012 begonnen. Sie werden vom spanischen Kraftwerksbauer Iberdrola Engineering erledigt. Das Gas- und Dampfturbinen-Heizkraftwerk soll 2016 in Betrieb gehen und eine Leistung von 300 Megawatt Strom und knapp 230 Megawatt Fernwärme liefern. Durch die kombinierten Prozesse soll ein Brennstoffwirkungsgrad von 85 Prozent erreicht werden. Vattenfall will mit der neuen Anlage im Vergleich zum bestehenden Heizkraftwerk, das seit 1972 in Betrieb ist und derzeit 100 000 Haushalte im Berliner Südwesten mit Fernwärme versorgt, jährlich 100 000 Tonnen Kohlendioxid einsparen. 2009 hatte Vattenfall eine Vereinbarung mit dem Berliner Senat unterzeichnet, seine Kohlendioxidemissionen in der Hauptstadt bis zum Jahr 2020 im Vergleich zu 1990 zu halbieren.
Die Gasturbine vom Typ 9F baut GE in Belfort im Süd-Osten Frankreichs. Rund 2000 Mitarbeiter beschäftigt das Werk, mehr als 1700 Gasturbinen haben das Werk verlassen, seit dort im Jahr 1959 die erste von GE lizensierte Gasturbine gebaut wurde. Ein weiteres Gasturbinenwerk hat GE in Schenectady im Bundesstaat New York, wo der Konzern früher seinen Stammsitz hatte. „Das Entscheidende an der Baureihe 9F ist ihre extrem hohe Flexibilität und ihr hoher Wirkungsgrad“, sagt GE-Manager Reimelt. Gaskraftwerke gelten als gute Ergänzung zu erneuerbaren Energien, weil sie sich relativ schnell hoch- und runterfahren lassen und kurzfristig zur Verfügung stehen, wenn der Wind nicht weht oder die Sonne nicht scheint. „Natürlich forschen wir daran, erneuerbare Energien zu speichern“, sagt Reimelt. „Aber bis dahin brauchen wir Kraftwerke, die auf die hohe Volatilität reagieren können und auf die man schnell zugreifen kann.“ Früher sei ein Kraftwerk 8000 Stunden im Jahr gelaufen, heute seien es oft nur noch 3000 Stunden oder viel weniger. Das macht sich natürlich auch bei den Kosten bemerkbar.
„Der asiatische Markt ist mit Abstand der größte und am schnellsten wachsende Markt“, sagt Reimelt. Aber auch Europa und Deutschland seien interessant. „Deutschland ist besonders innovativ und so eine Art Energielabor, was die erneuerbaren Energien betrifft“, sagt Reimelt. In Garching bei München betreibt GE eines von sechs globalen Forschungszentren, wo die erneuerbaren Energien einer der Schwerpunkte sind. Es wird gerade erweitert und soll im kommenden Jahr noch einmal 250 weitere Forscher aufnehmen.
Allerdings spürt auch GE die große Unsicherheit bei den Versorgern, die nicht wissen, wie es mit der Energiewende weitergeht – und die sich daher mit Investitionen in neue Kraftwerke zurückhalten. „Der Koalitionsvertrag enthält zum Glück etwas Spielraum“, sagt Reimelt. „Es ist wichtig, dass Innovationen nicht abgewürgt werden.“ Derzeit sind die relativ umweltfreundlichen Gaskraftwerke im Betrieb deutlich teurer als Kohlekraftwerke. Das liegt vor allem daran, dass der Preis für die Emissionszertifikate für den Ausstoß von Kohlendioxid derzeit sehr niedrig ist und sich Kohlekraftwerke deshalb gut rechnen. „CO2-Zertifikate müssten um den Faktor vier bis fünf teurer sein, damit Gaskraftwerke preislich attraktiv werden“, sagt Reimelt. Das jedoch ist eine politische Entscheidung.
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