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Will zahlen: Die Lufthansa hat nach eigenen Angaben bereits 2,3 Milliarden Euro für stornierte Flüge erstattet.
© dpa

Airlines verlieren vor Gericht: Geld für stornierte Flüge

Hunderttausende Kunden warten noch auf ihr Geld, die Beschwerden steigen. Erste Urteile machen jetzt Hoffnung. Die Lufthansa hat bereits Milliarden überwiesen.

Die Lufthansa hat nach eigenen Angaben inzwischen 92 Prozent der in der Coronakrise aufgelaufenen Rückerstattungen an Passagiere überwiesen – insgesamt 2,3 Milliarden Euro. „Ziel ist es weiterhin, bis Ende August alle berechtigten Ansprüche, die bis Ende Juni eingegangen sind, zu begleichen“, teilte der Konzern mit und reagierte damit auf die anhaltende Kritik von Verbraucherschützern und aus der Politik an den wegen der Coronakrise verspäteten Auszahlungen an Passagiere.

Inzwischen ist der Streit über Rückzahlungen von Ticketkosten für stornierte Flüge auch bei den Gerichten angekommen. Das Internetportal Flightright hat nach eigenen Angaben mehr als 20 Urteile gegen die Lufthansa erstritten. Während die Lufthansa die Ansprüche der Kunden von sich aus anerkannt habe, habe sich Ryanair vor Gericht verteidigt und verloren, teilte Flightright am Montag mit.

Welche Airlines zahlen

„Dass die Fluggesellschaften es trotz absolut klarer Rechtslage überhaupt erst zu einem Prozess haben kommen lassen, dient dazu, Erstattungszahlungen zu verschleppen“, kritisierte Oskar de Felice, Rechtsexperte bei Flightright. Tausende weitere Klagen gegen Lufthansa und Ryanair liefen noch. Dagegen würden Tuifly, Easyjet, Condor, Singapore Airlines und die Lufthansa-Tochter Eurowings zahlen.

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Immer mehr Kunden beschweren sich

Seit April hätten sich über 60.000 Kunden an Flightright gewandt, heißt es bei dem Portal, dahinter verberge sich ein zweistelliger Millionenbetrag an Erstattungsansprüchen. Wie groß der Unmut der Passagiere über die Praxis der Fluglinien ist, legen auch neue Zahlen der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP) nahe, die dem Tagesspiegel vorliegen. Fast 1500 Beschwerden über Fluglinien gingen dort allein in der vorvergangenen Woche ein. Das sind rund 400 mehr als in der Woche davor – und rund sechs Mal so viele wie in normalen Zeiten. Seit Mitte April steigen bei der SÖP die Beschwerden über Airlines an. Inzwischen haben sich mehr als 16.100 Menschen an die Schlichtungsstelle gewandt. Anders als die provisionsfinanzierten Internetportale arbeitet die SÖP für Verbraucher kostenlos.

Der Anspruch der Kunden, ihr Geld zu bekommen, sei "glasklar", meint Bundesjustizministerin Christine Lambrecht.
Der Anspruch der Kunden, ihr Geld zu bekommen, sei "glasklar", meint Bundesjustizministerin Christine Lambrecht.
© Tsp

Die Corona-Pandemie hatte im März zu einem Stillstand im Flugverkehr geführt, gebuchte Flüge wurden von den Airlines abgesagt. Kunden haben in einem solchen Fall nach EU-Recht einen Anspruch darauf, ihr Geld innerhalb von sieben Tagen zurückzubekommen. Doch das ist nicht geschehen. Auch zum Ärger der Politik.

Justizministerin: Die Airlines müssen jetzt zahlen

Hunderttausende Verbraucher würden noch immer auf die Erstattung ihrer Vorauszahlungen für Flüge, die von den Fluggesellschaften annulliert wurden, warten, kritisierte kürzlich Bundesjustizministerin Christiane Lambrecht (SPD). "Viele zeigen großes Verständnis für die Lage der Fluggesellschaften, und das nun schon seit Monaten", meint die Ministerin. Die Airlines dürfen die Geduld der Kunden aber nicht überstrapazieren. Sie müssten für die Kunden erreichbar sein und sie darüber informieren, wann diese ihr Geld erhalten. "Zudem ist wichtig, dass bei allen Stornierungen, die jetzt noch folgen, Ticket-Erstattungen automatisch und ohne weiteren Aufwand für die Kunden erfolgen", fordert Lambrecht.

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Unter besonderer Beobachtung steht die Lufthansa. Immerhin hatte der Konzern neun Milliarden Euro vom Bund erhalten. Nun erwartet man im Bundeswirtschaftsministerium, dass ein Teil des Rettungsgeldes auch bei den Verbrauchern ankommt.  

"Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Lufthansa trotz der massiven staatlichen Hilfen ihren gesetzlichen Verpflichtungen bislang nicht nachkommt und den Kunden ihre Gelder nicht unverzüglich zurückzahlt", sagte Wirtschaftsstaatssekretär Ulrich Nußbaum dem "Spiegel". Es gehe um eine "Frage des Vertrauens".

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