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Hier freut sich Senegals President Macky Sall über ein Solarkraftwerk. Doch er will im Senegal auch das erste Kohlekraftwerk bauen.
© AFP

Interview: „Führend bei erneuerbaren Energien“

Der Chef der Afrikanischen Entwicklungsbank (AfDB), Akinwumi Adesina, erklärt wie er in zehn Jahren 75 Millionen Menschen auf dem Land mit Strom versorgen will und warum sein Institut weiter Kohlekraftwerke finanziert.

Wie können die Afrikaner, die noch keinen Strom haben, mit der Energie versorgt werden, die sie brauchen?

Die Afrikanische Entwicklungsbank (AfDB) ist führend bei den erneuerbaren Energien in Afrika. Wir haben die Afrikanische-Erneuerbare-Energien-Initiative (ARI) mitentwickelt, gemeinsam mit der Afrikanischen Union und afrikanischen Staatschefs. Das war während der COP21, dem Weltklimagipfel in Paris 2015. Die Initiative hat Zusagen in Höhe von zehn Milliarden Dollar von den G-7-Staaten. Es geht darum, den Zugang zu Energie zu verbessern und zwar durch Solar-, Wind-, kleine Wasserkraft- und Geothermieprojekte. Das funktioniert gut. Deutschland hat übrigens zwei Milliarden Euro beigetragen, und zwar zur unabhängigen Umsetzungseinheit der Africa Renewable Energy Initiative.

Aber?

Unternehmen der Erneuerbaren-Energien-Branche, vor allem solche, die netzunabhängige Systeme betreiben, haben kaum Zugang zu Finanzierungen. Deshalb haben wir einen Fonds aufgelegt mit dem Namen Instrument zur Energie-Inklusion. Er ist mit 500 Millionen Dollar gefüllt und bietet sowohl Risikokapital als auch Kredite für Unternehmen, die Anlagen mit einer Leistung zwischen drei und 30 Megawatt betreiben. Die meisten sind Solarfirmen. Das dritte, was wir tun, ist die Unterstützung von finanzierungsfähigen Projekten. Es ist ein Problem, dass es zu wenige gut geplante Projekte zum Ausbau erneuerbarer Energien gibt.

Investoren nennen das Bankability, was so viel heißen soll, wie mit überschaubarem Risiko finanzierbar, oder?

Wir finanzieren viele solcher Machbarkeitsstudien und Projektplanungen. Bei der Afrikanischen Entwicklungsbank geht es uns darüber hinaus darum, kleine Projekte, die funktionieren, im großen Stil auszurollen. Wir haben eine Co-Garantie-Plattform gegründet. Darin wollen wir unsere eigenen Risiko-Garantien aber auch die anderer multilateraler Entwicklungsbanken zusammenfassen. Das Ziel ist, mit einem großen Fonds das Risiko von Investitionen in erneuerbare Energien zu vermindern. Geschäftsmodelle wie das von Mobisol interessieren uns in dem Zusammenhang sehr. Mobisol ist ein Berliner Unternehmen, das in Tansania und anderen Ländern kleine Solarsysteme mit Hilfe von mobilen Finanzierungsformen verkauft. Mein Ziel für die Bank ist es, 75 Millionen Menschen mit nicht netzgebundenen Solarsystemen mit Strom zu versorgen. Das ist machbar. Wenn Firmen wie Mobisol oder M-Kopa, mit einem ähnlichen Geschäftsmodell vor allem in Kenia, im Jahr derzeit etwa 250.000 Menschen erreichen, dann sage ich: Statten wir sie mit den Finanzierungen aus, damit sie zehn Mal so viele erreichen. Und dann wiederholen wir das in 30 Ländern. Dann erreichen wir 75 Millionen Menschen auf dem Land. Es geht um die Skalierung.

Akinwumi Adesina leitet die Afrikanische Entwicklungsbank seit 2015. Zuvor war er Landwirtschaftsminister in Nigeria. Er wurde in einer armen Bauernfamilie in der Provinz Ogun in Nigeria auf.
Akinwumi Adesina leitet die Afrikanische Entwicklungsbank seit 2015. Zuvor war er Landwirtschaftsminister in Nigeria. Er wurde in einer armen Bauernfamilie in der Provinz Ogun in Nigeria auf.
© AfDB

Die Afrikanische Entwicklungsbank wirbt ständig für erneuerbare Energien. Aber erst vor wenigen Tagen hat Ihr Vorstand entschieden im Senegal ein neues Kohlekraftwerk zu finanzieren. Warum?

Die andere Sache, die ich über Energie und Afrika sagen will: Afrika braucht Netze. Der Kontinent braucht Mini-Netze und netzungebundene Energieversorgungssysteme. Afrika braucht einen guten Energiemix. Es wird nicht möglich sein, Industrie mit Solaranlagen zu betreiben. Wir brauchen eine Kombination von netzgebundener und netzungebundener Energie. Afrika hat viele Ressourcen. Es gibt Gas. Das Gas sollte zur Stromerzeugung genutzt werden. Es gibt noch immer große Potentiale auch für große Wasserkraftwerke. Auch die sollten genutzt werden. Und in manchen Regionen gibt es auch Kohle. Afrika sollte auch die Kohle nutzen, aber nicht aus dem Blick verlieren, welche Umweltauswirkungen das hat. Wichtig ist, die sauberste Kohletechnologie zu nutzen, die es gibt, um die Emissionen zu vermindern. Das ist entscheidend. Bei der Afrikanischen Entwicklungsbank legen wir großen Wert auf Umwelt- und soziale Standards. Das ist unsere politische Vorgabe. Aber einige Projekte sind schon lange in der Pipeline wie das Sendou-Kohlekraftwerk im Senegal, das Sie ansprechen. Wir helfen Afrikanischen Ländern, indem wir sagen: Wenn Ihr schon Kohle nutzt, dann nutzt die Ultra-super-kritische Technologie, weil sie die beste verfügbare ist. Aber wissen Sie: Die Herausforderung Afrikas ist, dass es zu wenig Strom hat. Deshalb hat man nicht wirklich die Wahl. Man muss alle Ressourcen nutzen, um Strom zu erzeugen. Aber so umweltfreundlich wie möglich.

Wenn ich mit Adnan Amin spreche, dem Chef der Internationale Energie Agentur (Irena), dann sagt er: Wir brauchen eine Stromleitung von Kairo nach Johannesburg durch ganz Ostafrika. Ist das eine Vision, oder wird das schon Wirklichkeit?

Wir halten regionale Stromverbünde für besonders wichtig. Es gibt Länder mit Überschussstrom und solche ohne Strom. Die Afrikanische Entwicklungsbank investiert viel in Interkonnektoren zwischen Stromnetzen, zum Beispiel haben wir Sierra Leone, Liberia und Guinea mit dem Stromnetz der Elfenbeinküste verbunden. Oder wir bauen einen Interkonnektor zwischen Sambia, Simbabwe und Namibia, damit alle drei Länder mit dem Strom vom Kariba Damm nahe der Viktoria Fälle versorgt werden können.

Sobald die Generatoren und das Stauwehr repariert sind, und dort mal wieder genug Wasser ist nach drei Jahren Dürre…

Ja, wenn das Kraftwerk repariert ist. Wir haben zudem einen Interkonnektor zwischen Äthiopien und Kenia finanziert. Diese Verbindungen sind sehr wichtig. Wir arbeiten aber auch mit den Stromversorgern.

Warum das?

Wir bieten Stromversorgern technische und nicht technische Hilfe an. Dafür haben wir ein großes Programm aufgelegt, um den staatlichen Energieversorgern bei den nötigen Reformen zu helfen. Sie müssen ihre Geschäftsmodelle und ihre Preismodelle modernisieren. Investitionen in die Stromversorgung haben ja nur ökonomisch Sinn, wenn sich die Kosten in den Preisen widerspiegeln. Passiert das nicht, wird nichts investiert. Deshalb müssen die politischen und regulatorischen Rahmenbedingungen sich ebenfalls ändern. Als Bank investieren wir in den kommenden fünf Jahren 12 Milliarden Dollar in den Energiesektor. Wir erwarten damit 45 bis 50 Milliarden Dollar Investitionen vom Privatsektor und anderen Ko-finanzierenden Investoren auszulösen. Wir arbeiten beispielsweise in Uganda mit dem Bujagali-Kraftwerk zusammen. Wir wollen den Bau des Wasserkraftwerks am Weißen Nil refinanzieren, so dass sie den Preis senken können. Aktuell kostet die Kilowattstunde 13 Cent, wir wollen das au sieben Cent drücken. Die Regierung Ugandas hat uns gebeten, die Schulden des Kraftwerks neu zu ordnen und die Rückzahlungsdauer zu verlängern, um die Tarife senken zu können.

"Es geht um die Gesundheit der Frauen und Kinder"

Die Bank investiert auch in saubere Energie zum Kochen. Wie machen Sie das?

Wir wollen das Rad nicht neu erfinden. Wir wollen Projekte verbreitern, die schon erfolgreich arbeiten. Es ist schon viel passiert, bei der Verbreitung von Energie-Sparöfen. Und es gibt Gas-Öfen, die mit Flüssiggas gefüllt werden. Dafür braucht es Vertriebswege auch in abgelegenen ländlichen Gebieten. Es braucht die Zylinder und eine Infrastruktur, um sie wieder aufzufüllen. Und die armen Haushalte brauchen dafür Verbraucherkredite, um sich die saubere Alternative leisten zu können. Wir arbeiten mit der Clean Cook Stove Alliance zusammen und beraten mit ihr, wie wir diese Projekte im großen Stil aufziehen können. Unser Ziel ist es, 150 Millionen Menschen in den kommenden zehn Jahren mit sauberer Energie zum Kochen zu versorgen. Wir entwickeln dafür keine neue Technologie sondern Finanzprodukte, um den ärmsten und vor allem Frauen Zugang zu sauberer Energie zu ermöglichen.

Das ist Ihre beste Investition in die Gesundheit.

Ich bin in dieser Frage leidenschaftlich. Jedes Jahr sterben rund 300.000 Frauen und weitere 300.000 Kinder, weil sie fürs Kochen auf Feuerholz, Kerosin oder Holzkohle angewiesen sind. Wenn wir da nichts tun, würden allein in meiner zehnjährigen Amtszeit rund sechs Millionen Menschen unter meinen Augen sterben. Das ist nicht akzeptabel.

Mit sauberen Kochherden könnten Sie sogar der somalischen Terrororganisation Al Schabaab das Geschäft ruinieren. Denn die finanziert ihren Terror vor allem mit Holzkohle.

(lacht). Ja, das stimmt.

Wo wollen Sie die Bank hin entwickeln?

Im vergangenen Jahr haben wir mit 10,5  Milliarden Dollar Einlagen den höchsten Wert in der Geschichte der Bank erzielt. Und wir haben mit Investitionen von rund 6,4 Milliarden Dollar auch die höchsten Ausgaben gehabt. Wir haben dem südafrikanischen staatlichen Energiekonzern mit 9,65 Millionen Dollar als AB-Kredit den höchsten Kredit erteilt, der je in Afrika mit einem solch guten Rating vergeben worden ist. Ich messe die Resultate im realen Leben. Wir haben 3,5 Millionen Menschen ans Stromnetz angeschlossen. Dabei geht es um die letzte Meile direkt zu den Kunden. Ich bin sehr ungeduldig, wenn es um die Entwicklung geht.

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