Interview: „Fristlose Kündigung ist möglich“
Der Berliner Arbeitsrechtler Martin Graner über Alkohol am Arbeitsplatz, Abmahnungen und Entziehungskuren.
Herr Graner, darf ich betrunken zur Arbeit erscheinen?
Nein. Damit verstoßen Sie gegen das Alkoholverbot, das meist im Arbeitsvertrag geregelt ist. Ist dort kein Alkoholverbot ausgesprochen, dann verstoßen Sie in jedem Fall gegen Ihre Treuepflicht als Arbeitnehmer. Denn wenn Sie betrunken sind, können Sie Ihre Arbeitsleistung nicht vollständig zur Verfügung stellen.
Was passiert denn, wenn ich trotzdem alkoholisiert zur Arbeit gehe?
Dann müssen Sie mit einer Abmahnung rechnen. Bei bestimmten Berufsgruppen, etwa bei Fernfahrern, wenn Maschinen bedient oder Personen befördert werden, kann der Arbeitgeber auch eine fristlose Kündigung aussprechen, weil Sie ja unter Umständen Kunden, Kollegen oder Dritte gefährden. Aber der Regelfall ist sicher die Abmahnung – und natürlich die Freistellung: Sie werden nach Hause geschickt.
Wer entscheidet denn, dass ich wirklich zu betrunken bin für den Job?
Sie sollten einen Alkoholtest machen lassen, falls der Arbeitgeber Sie zu Unrecht beschuldigt. Einen Alkoholtest anordnen darf er allerdings nicht. Das verstößt gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Deswegen ist die Beweislage oft sehr unsicher, sollte es zu einem Rechtsstreit kommen. Der Arbeitgeber wird versuchen, Zeugen zu benennen, die die üblichen Symptome bemerkt haben, wie etwa lallende Sprache oder schwankender Gang.
Wie viele Abmahnungen kann ich mir denn leisten?
Eine Abmahnung reicht. Wenn Sie dann erneut betrunken zur Arbeit erscheinen, kann der Arbeitgeber Ihnen verhaltensbedingt kündigen.
Gilt das auch, wenn ich regelmäßig mit einem Kater erscheine und mich nur schlecht konzentrieren kann?
Wenn Sie noch viel Restalkohol im Blut haben, verstoßen Sie gegen ein vereinbartes Alkoholverbot. Führt der regelmäßige Kater dazu, dass Sie immer wieder schlechte Leistungen bringen, kann nach einer entsprechenden Abmahnung auch die Kündigung folgen.
Muss ein alkoholkranker Arbeitnehmer auch mit der Kündigung rechnen?
Nein, zunächst nicht. Wenn eine Alkoholsucht vorliegt, muss der Arbeitgeber eine Entziehungskur gewähren. Eine krankheitsbedingte Kündigung ist dann nur möglich, wenn es eine negative Gesundheitsprognose gibt. Das heißt, erst wenn die Entziehungskur nicht den gewünschten Erfolg bringt, kann einem alkoholsüchtigen Arbeitnehmer krankheitsbedingt gekündigt werden. Allerdings hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg 2009 in einem Fall entschieden, dass ein einmaliger Rückfall nicht ohne Weiteres die Negativprognose rechtfertigt.
Martin Graner studierte Rechtswissenschaften an der Universität Konstanz und an der Freien Universität Berlin. Er ist Fachanwalt für Arbeitsrecht.
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