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Sansibar Elsässer Flammkuchen von Air Berlin, seit Samstag an Bord für 7,90 Euro.
© Air Berlin

Neue Speisen bei Air Berlin: Flammkuchen im Anflug

Air Berlin erweitert die Speisekarte an Bord. So ein Vorhaben ist komplizierter, als man denkt.

Fragen rund um Eigenkapitaldecken und Schuldenberge? Bei Air Berlin gibt es Mitarbeiter, die größere Sorgen haben: Wie wird ein Flammkuchen so richtig schön kross? Ein Team rund um Thomas Ney, den angeblich einzigen Ur-Berliner im höheren Management der Airline, hat lange darüber gebrütet. Doch seit Sonnabend traut er sich, Fluggästen auf den Strecken mit mehr als 90 Minuten Flugzeit unter anderem einen „traditionellen Elsässer Flammkuchen“ an Bord anzubieten. Einen, der den Namen verdient und das Geld wert ist. 7,90 Euro muss man dafür zahlen, was für manchen Gast eine Hürde sein mag. Für Ney war es aber auch nicht leicht.

Der Mann, der bei Air Berlin für „Guest Experience“ verantwortlich ist, sitzt am dicken Holztisch in der Sansibar, dem Promi-Lokal auf Sylt. Ney hat vergangene Woche einige Journalisten dorthin eingeladen, um von dem langen Weg zum perfekten Bordmenü zu berichten. Anschaulich wurde das, als er eigenhändig eine große Kiste aus Styropor mit den Proben aus der Versuchsküche vom Bus über die Dünen bis in die Sansibar, unter deren Namen die Speisen vermarktet werden, schleppen musste.

Die Rezepte sind von der Sansibar inspiriert

Die Wahrheit nämlich ist: Die Sansibar-Currywurst sowie der neue Flammkuchen und die Wraps mit Sansibar-Logo werden mitnichten in der Küche des Nordseestrandrestaurants gekocht, sondern bei den Spezialfirmen Qizini aus Hamburg und Frankenberg in der Nähe von Aachen. Die Rezepte sind indes von der Sansibar inspiriert. Herbert Seckler, der das Lokal vor 35 Jahren gründete und bis heute betreibt, sagt, er habe vorab von jedem Gericht etwa zehn Proben bekommen, um die beste auszuwählen. „Und die hier könnten auch wir besten Gewissens so bei uns anbieten.“

Air Berlins Abteilungsleiter für "Guest Experience", Thomas Ney (links) und Sansibar-Gründer Herbert Seckler.
Air Berlins Abteilungsleiter für "Guest Experience", Thomas Ney (links) und Sansibar-Gründer Herbert Seckler.
© Kevin P. Hoffmann

Air Berlin hatte es vor fünf Jahren als erste deutsche Airline gewagt, zusätzlich zum Gratis-Sandwich kostenpflichtige Speisen anzubieten. „Ziel war es, 30.000 Portionen im ersten Jahr zu verkaufen“, sagt Ney. Man setzte 100.000 ab. 2012 seien es eine halbe Million gewesen. Air Berlin verdiene Geld mit den Speisen – was nicht selbstverständlich ist.

Bordgerichten enthalten mehr Zucker und Gewürze

Doch vor den kaufmännischen Fragen stellten sich die physikalischen: In einer Reiseflughöhe ab 10.000 Metern ist die Kabinenluft extrem trocken, die relative Luftfeuchtigkeit liegt nur bei fünf bis zehn Prozent. Draußen und am Boden sind es 50 bis über 70 Prozent. Zudem ist der Luftdruck an Bord niedriger – er liegt bei nur rund 800 Millibar. Am Boden sind es im Schnitt 1013 Millibar beziehungsweise Hektopascal.

Dieses Klima bringt alles durcheinander. Garzeiten zum Beispiel. Wasser kocht auf Reiseflughöhe schon ab 80 Grad Celsius. Und krosse Speisen zu servieren, sei extrem kompliziert. Brötchen? „Schwierig“, sagt Ney. Ein Wiener Schnitzel? „Fast unmöglich.“ Bratkartoffeln? „Ganz unmöglich“. Auch reagierten die Geschmacksnerven anders als am Boden. Daher muss man Bordgerichten im Schnitt rund 25 Prozent mehr Zucker und 30 Prozent mehr Gewürze beimengen.

Dann kommt die Preisfrage. „Für wenig Geld bekommen wir nur Mist“, erklärt Ney. „Wir wollen dem Gast, wenn er schon dafür zahlt, aber Qualität liefern.“ Als Beispiel nennte er die neue Tapas-Platte mit Salami, Käse, gefüllten Oliven, etwas Pesto und Rosmarincrackern. Gerade Reisende, die so etwas am Vorabend noch in der spanischen Bar gegessen haben, könne man nicht mit Billigfood abspeisen. „Das würde unseren Ruf ruinieren“, sagt Ney. „Und unseren auch“, wirft Sansibar-Chef Seckler ein. Also müsse man gute Ware einkaufen – was den Preis nah an die für einen Snack hohe Preisschwelle von zehn Euro treibt: 9,90 Euro kosten die Tapas.

Bleibt die Logistik. Da Airlines verpflichtet sind, jedes nicht an Bord verzehrte Gericht nach der Landung wegzuwerfen, beschäftigt Ney ein Dispositionsteam. Das studiert Temperaturen am Abflugort und Passagierlisten, um abzuschätzen, wie viele Gerichte mitfliegen. Wenn Gäste Gerichte vorab online bestellen, erleichtert das die Arbeit. Auch ein Blick in die Statistik hilft: So werden rund 70 Prozent aller Currywürste auf Flügen zurück nach Deutschland verkauft. Das heißt: Nach zwei Wochen Urlaub können viele Tapas und Thai-Food gar nicht mehr riechen.

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