Autoindustrie: Fast jedes dritte deutsche Auto wird in China verkauft
Kein Autokonzern erwirtschaftet mehr Umsatz als Volkswagen. Doch die Wolfsburger sind angreifbar: Toyota ist profitabler.
Einen Umsatz von 197 Milliarden Euro schafft in der weltweiten Autoindustrie außer dem Volkswagen-Konzern niemand. Zum „Umsatzweltmeister“ kürt das Beratungsunternehmen EY (Ernst & Young) deshalb den Wolfsburger Hersteller in einer aktuellen Studie, die die Finanzkennzahlen der 17 größten Autokonzerne der Welt analysiert.
Doch so groß der Zwölf-Marken-Konzern auch ist – so angreifbar ist er auf vielen Märkten geworden. Das zeigt ein Blick auf den Gewinn des vergangenen Geschäftsjahres: Der japanische Konkurrent Toyota erwirtschaftete 2013 zwar „nur“ einen Umsatz von 172 Milliarden Euro, verdiente aber 5,3 Milliarden Euro mehr als Volkswagen – insgesamt 17 Milliarden Euro.
Generell präsentierten sich die japanischen Autohersteller Toyota, Nissan & Co. nach EY-Angaben zuletzt dynamischer als die deutschen und US-Konzerne – und erst recht als die südeuropäischen Marken. Ein Plus von 14 Prozent beim Umsatz und von 80 Prozent beim Gewinn zeugt von der Schnelligkeit, mit der die Japaner wieder unterwegs sind. Toyota hat die Krise, die seine millionenfachen Rückrufaktionen vor Jahren ausgelöst hatten, überwunden.
Doch ein zweiter Blick auf die Zahlen zeigt, dass die Japaner nicht nur aus eigener Kraft so stark gewachsen sind. „Der deutlich abgewertete Yen macht japanische Autos im Ausland billiger“, schreibt EY. Im Ausland erzielte Umsätze werden deshalb bei der Umrechnung in Yen aufgewertet. Nicht mehr ganz so dynamisch sieht es beim tatsächlichen Autoabsatz aus. Hier lagen 2013 die US-Konzerne mit einem Zuwachs von sieben Prozent auf Platz eins – vor den deutschen Unternehmen (plus fünf Prozent). Die Japaner (plus drei Prozent) kamen erst auf Platz drei, vor den südeuropäischen Herstellern, die nur drei Prozent mehr Autos absetzten. Auch langfristig glänzt die Bilanz der Japaner nicht mehr so hell: In den vergangenen zehn Jahren legten die deutschen Autobauer beim Umsatz und Gewinn deutlich stärker zu als die Konkurrenz aus Fernost.
28 Prozent des Gesamtabsatzes der deutschen Hersteller entfallen auf China
Der Erfolg ist nicht zuletzt auf das starke Wachstum auf dem chinesischen Automarkt zurückzuführen – der für deutsche Hersteller immer wichtiger wird. Die Zahl der in China verkauften deutschen Fahrzeuge hat sich in den vergangenen fünf Jahren mehr als verdreifacht. 28 Prozent des Gesamtabsatzes der deutschen Unternehmen entfallen auf China – vor fünf Jahren waren es nur zwölf Prozent. Die Bedeutung der Volksrepublik für die deutsche Autoindustrie „wird weiter rasant zunehmen“, glaubt EY-Partner Peter Fuß. „Spätestens 2015 wird China vor Westeuropa der größte Absatzmarkt für die deutschen Hersteller sein.“ Beim VW-Konzern ist dies heute schon der Fall. Nennenswertes Wachstum finde mittelfristig nur außerhalb Europas statt.
Nach dem Motto „Die Produktion folgt dem Markt“ bauen die Deutschen immer mehr Werke in den Wachstumsmärkten. Allein der VW-Konzern hat in China aktuell acht Produktionswerke und neun Komponentenstandorte. Dabei, glaubt EY, werde es aber nicht bleiben. „Auch Marktforschung, Entwicklung, Design und Marketing müssen immer stärker vor Ort stattfinden“, erklärt Peter Fuß. Den Unternehmen bleibe nichts anderes übrig, wenn sie den „Puls der Zeit“ nicht verpassen wollten.