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Unbeständig. Am Montag notierten Aktien und Euro auf nervösen Märkten im Plus.
© dpa

Gemeinschaftswährung: Euro-Bonds als Rettung?

Die Regierung will sie nicht, Opposition und EU-Kommission sind mit Einschränkungen dafür, die deutsche Wirtschaft ist uneins. Sind Euro-Bonds ein geeignetes Instrument zur Eindämmung der Schuldenkrise?

Glaubt man Bankern, könnte die nicht ganz neue Diskussion um Staatsanleihen, die gemeinsam von allen 17 Euro-Ländern herausgegeben würden, an Tempo gewinnen: „Die Bedenken könnten in den Hintergrund treten, wenn die Staatsschuldenkrise eskaliert“, warnen die Volkswirte der Commerzbank in einer Analyse. Dass es so kommt, mag niemand ausschließen – trotz der aktuellen Beruhigung der Lage an den Märkten.

Doch so sehr die Regierungen zum Handeln gezwungen sind, so kompliziert sind die Details. Der Außenhandelsverband BGA mahnte deshalb am Montag vehement Entscheidungen an: „Die Politik muss das Primat des Handelns zurückgewinnen und die Märkte disziplinieren, indem man ihnen klar- macht, dass sie viel Geld verlieren werden, wenn sie dagegen halten“, ließ Verbandspräsident Anton Börner mitteilen. „Dazu brauchen wir Euro-Bonds mit deutscher Handschrift.“

Es gelte, „harte Auflagen im Euroraum zu ergreifen“. Dazu zählt Börner „eine verfassungsmäßige Schuldenbremse, die Modernisierung der Verwaltung, die Flexibilisierung der Arbeitsmärkte und kräftige Investitionen in berufliche Bildung und Ausbildung. Steuererhöhungen dürfen kein Tabu sein“. Alle Alternativen zu Euro-Bonds „kosten uns letzten Endes noch mehr Geld. Ohne diese radikale Maßnahme droht eine weltweite Lawine nach unten“, warnte er. Deutschland und ganz Europa bräuchten den Euro, „deshalb müssen wir das vereinigte Europa auch politisch hinkriegen und bereit sein, bis zum Letzten zu gehen“, befand er.

Nach Meinung der Commerzbank-Experten böte die Ausgabe gemeinsamer Papiere den Euro-Staaten die Chance, „einen Staatsanleihenmarkt zu entwickeln, der hinsichtlich Größe, Liquidität und Qualität dem Markt für US-Staatsanleihen vergleichbar wäre“. Die höhere Liquidität könnte, so die Hoffnung der Befürworter, die Finanzierungskosten der Euro-Länder im Durchschnitt senken. „Zudem würde hierdurch der Euro als Weltreservewährung gefördert“, schreibt die Commerzbank. Nach ihrer Rechnung haben die Euro-Länder aktuell Staatsanleihen im Umfang von umgerechnet etwa 8,5 Billionen Dollar begeben. Insgesamt am Kapitalmarkt ausstehende US-Staatsanleihen beliefen sich auf 9,4 Billionen.

VORFORMEN DER BONDS

Genau genommen existieren Euro-Bonds schon. Mit 60 Milliarden Euro beteiligt sich die EU-Kommission an den aktuellen Rettungspaketen – das Geld stammt aus dem EU-Etat. Außerdem nimmt der Rettungsschirm EFSF Kredite auf, die er an die angeschlagenen Staaten weitergibt. Allerdings sind diese Summen gedeckelt und an politische Beschlüsse gebunden. Dieses Prinzip könne auch in Zukunft gelten, sagt Michael Hüther, Direktor des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Damit dürften aber nur die Altschulden eines Landes umgeschichtet, nicht der laufende Haushalt finanziert werden.

NIEDRIGE ZINSEN FÜR ALLE

Anders wäre es, wenn die 17 Euro-Staaten auf Dauer gemeinsame Anleihen ausgäben. Die Idee: Die Risikozuschläge, die angeschlagene Staaten wie Griechenland zahlen müssen, wären Geschichte. Denn der gesamte Währungsraum stünde hinter den Krediten, vor allem die AAA-Staaten Deutschland, Österreich, Finnland, Frankreich und die Niederlande. Skeptiker sehen aber das Problem, dass so Anreize zur Sparsamkeit verloren gehen und die Bonität von den Zahlerländern hin zu den Schuldensündern umverteilt wird. Um dem zu begegnen, könnte es eine Aufteilung geben: Nur 60 Prozent seines Finanzbedarfs dürfte ein Land mit EuroBonds decken, den Rest müsste es zu den üblichen Konditionen aufnehmen – also mit Risikoaufschlägen. Die Finanzierungskosten sänken, der Anreiz zur Sparsamkeit bliebe aber bestehen. Außerdem plädieren Befürworter von Euro-Bonds dafür, strikte Sparauflagen als Gegenleistung zu verlangen.

SPEZIELLE ANLEIHEN

Denkbar wäre auch, dass sich einzelne Staaten mit einem ähnlichen Rating zusammenschließen – etwa die AAA-Länder zu einem großen Verbund, dessen Zinsen dann noch ein Stück weit günstiger wären. IW-Chef Hüther hält eine andere Variante für möglich: Mit Euro-Bonds könnten Aufgaben finanziert werden, die komplett auf die europäische Bühne gehören. Etwa der Bau der grenzübergreifenden Infrastruktur (transeuropäische Netze) oder die Einrichtung einer gemeinsamen Streitmacht. mit dpa

Carsten Brönstrup, Henrik Mortsiefer

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