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Kampf gegen die Überfischung: Das EU-Fischereirecht wurde reformiert.
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Kampf gegen Überfischung: EU-Staaten einigen sich auf Fischereireform

Europa schwenkt um in der Fischereipolitik. Die EU-Staaten haben sich auf neue Regeln geeinigt. Sie sollen ungewollte Fischfänge reduzieren helfen.

Die Fischereiminister der Europäischen Union haben sich in der Nacht zum Mittwoch nach stundenlangen Verhandlungen auf eine Fischereireform geeinigt. Seit Jahren sind alle europäischen Gewässer überfischt, im Mittelmeer werden mehr als 80 Prozent der Fischbestände zu stark bejagt. Das liegt zum einen daran, dass die EU jahrzehntelang Subventionen für die Modernisierung der Fischereiflotten ausgereicht hat. Die Flotte ist nicht nur zu groß, sie ist auch zu leistungsstark für die Fischbestände, weshalb die Trawler immer öfter vor Afrika oder auf hoher See in der Tiefsee fischen. Rund ein Drittel der gefangenen Fische gehen zudem als sogenannter Beifang wieder über Bord. Die Fischer besitzen dafür keine Fanggenehmigung, also eine festgesetzte Quote, oder sie wollen Platz für lukrativere Fänge schaffen. Die Fischereiminister wollen diese Rückwürfe nun verbieten. Allerdings konnten sie sich zunächst nur auf eine Begrenzung der Rückwürfe auf sieben Prozent des Fangs einigen. Das ist kaum zu kontrollieren.

Der irische Fischereiminister und derzeitige Verhandlungsleiter, Simon Coveney, jubelte am Mittwochmorgen in Brüssel dennoch, dass die Einigung „die Art, wie Europa Fisch fängt, verändern“ werde. Nur Schweden sprach sich gegen den Kompromiss aus. Die deutsche Ministerin Ilse Aigner (CSU) zeigte sich erleichtert. "Das wichtigste Anliegen war es, der unverantwortlichen Verschwendung wertvoller Meeresressourcen endlich Einhalt zu gebieten", sagte sie. Die Beschlüsse seien eine "überfällige Richtungsentscheidungung". Nun beginnen Gespräche mit dem Europaparlament - die Volksvertreter müssen am Ende zustimmen. Da die Parlamentarier ehrgeizige Reformen fordern, könnten sie noch eine weitere Verschärfung der Pläne erzwingen. Sie hatten bereits vor zwei Wochen ehrgeizigere Beschlüsse gefasst.

Bundeslandwirtschaftsministerin Aigner atmete nach dem Ende der zähen 14-Stunden-Verhandlungen auf. „Es ist bis zum Schluss auf Messers Schneide gestanden, ob es überhaupt eine Einigung gegeben hat“, sagte Aigner. „Und dass es jetzt doch ein so eindeutiges Votum gegeben hat, freut mich sehr.“ Noch um vier Uhr war ein Kompromissvorschlag an den verhärteten Fronten gescheitert. Aigner hätte sich aber noch striktere Regeln zur Begrenzung des Beifangs gewünscht. "Nur wenn die Fischer alle gefangenen Fische anlanden, kann die Wissenschaft die Entwicklung der Bestände richtig analysieren und fundierte Empfehlungen für die nachhaltige Bewirtschaftung geben", sagte Aigner.

EU-Fischereikommissarin Maria Damanaki will den Fischern helfen, sich auf die „ganz neue Realität“ einzustellen. Im April wollte sie über Möglichkeiten beraten, den Fischern mit EU-Geldern bei den nötigen Investitionen zu helfen. Dabei kann es zum Beispiel um neue Netze für gezielteren Fischfang gehen. Das Rückwurfverbot hatten die Minister prinzipiell bereits im vergangenen Sommer beschlossen, damals aber umstrittene Detailfragen zum Zeitplan und zu Ausnahmeregelungen vertagt.

Nach Berechnungen des UN-Umweltprogramms Unep ist spätestens 2050 weltweit keine kommerzielle Fischerei mehr möglich, wenn die Fischbestände nicht stärker geschont werden. Die EU hat sich schon seit Jahren mehrjährige Bewirtschaftungspläne verordnet, die allerdings immer wieder durch die Quotenverhandlungen der Fischereiminister faktisch außer Kraft gesetzt worden sind. Meistens haben sich die Fischereinationen, vor allem Spanien, Portugal, Frankreich, am Ende mit zu hohen Quoten durchgesetzt. Für Deutschland sind die Verhandlungen leichter zu führen, weil die Fischerei kein allzu großer Wirtschaftsfaktor mehr ist. mit dpa

Dagmar Dehmer

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