Genmais: EU-Minister können 1507 nicht stoppen
Die Mehrheit der Minister stimmt gegen den umstrittenen Genmais, Bundesagrarminister Hans-Peter Friedrich enthält sich. Dennoch wird die EU-Kommission die neue Sorte zulassen. Umweltschützer sind empört.
Unmittelbar vor der Abstimmung hatte der französische Europaminister Thierry Repentin noch einmal eindringlich vor der Zulassung der genetisch veränderten Maissorte 1507 gewarnt. So kurz vor der Europawahl würden sich „unsere Bürger an den Kopf fassen“, wenn man ein Ja zum Genmais beschließe. „Ich“, so Repentin, „kann das niemandem erklären.“
Doch genau das muss er jetzt tun. Denn wie erwartet, machten die Minister am Dienstag in Brüssel den Weg frei für die Zulassung des nach dem Monsanto-Mais MON 810 zweiten Genmaises in Europa – gegen ihren Willen. Obwohl insgesamt 19 von 28 EU-Staaten sich teilweise vehement gegen den Genmais wehrten und wie Österreichs Außenminister Sebastian Kurz die Unbedenklichkeitsbescheinigung der europäischen Lebensmittelbehörde (EFSA) für den neuen Mais des US-Herstellers Dupont als „unvollständig“ zurückwiesen, kamen sie zusammen nur auf 210 Stimmen im Ministerrat und damit nicht auf die nötige Zahl von 260.
Das lag vor allem an Deutschland, das 29 Stimmen in die Waagschale werfen kann. Bundesagrarminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hatte sich wegen Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Bundesregierung enthalten. Zwar wäre auch mit den deutschen Stimmen noch nicht die nötige Mehrheit erreicht worden, doch hätten sich möglicherweise auch andere anders entschieden, wenn die Bundesregierung gegen den Genmais votiert hätte. „Deutschland kommt in solchen Fällen eine Leuchtturmfunktion zu“, sagte ein EU-Diplomat in Brüssel.
Die deutsche Enthaltung hat Folgen: Nun ist die EU-Kommission am Zug, und die wird den Mais zulassen. Das hatte EU-Verbraucherschutzkommissar Tonio Borg vor der Abstimmung klargemacht. „Eine Enthaltung ist in diesem Fall ein Ja“. Denn ohne eine rechtlich gültige Mehrheit der Staaten gegen den Anbau muss seine Behörde die Maissorte 1507 am heutigen Mittwoch offiziell zulassen, heißt es in Brüssel.
Umweltschützer sind in Sorge. Denn der Mais wurde im Labor so verändert, dass er gegen das Unkrautvernichtungsmittel Glufosinat resistent ist. Zudem produziert die Pflanze ein Gift, das den Maispflanzenschädling Maiszünsler tötet. „Wenn der Mais in Deutschland angebaut wird, steigt automatisch der Einsatz von Glufosinat“, warnt der Naturschutzbund Deutschland (Nabu). Glufosinat gehöre aber zur Gruppe der besonders gefährlichen Pestizide, die 2017 nach dem Willen der EU-Kommission aus dem Verkehr gezogen werden sollen. Friedrich will den Genmais dennoch von deutschen Feldern fernhalten. „Ich hoffe, dass es uns gelingt, mit einer Ausstiegsklausel den Anbau in Deutschland zu verhindern“, sagte Friedrich am Dienstag. Der Mais wird wohl als Erstes 2015 in Spanien zugelassen. Friedrich hofft, bis dahin einen Ausweg gefunden zu haben.