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Viele Entwicklungsländer können Agrarprodukte zollfrei in die EU exportieren. Käme das TTIP-Abkommen, würde dieser Vorteil gegenüber US-Produkten verpuffen.
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Freihandelsabkommen mit USA: EU braucht eine Gesprächspause

Die EU unterbricht die Verhandlungen über den Freihandel mit den USA. Einen Zusammenhang mit der Spähaffäre soll es nicht geben - jedenfalls nicht offiziell.

Inmitten der Diskussion über Konsequenzen aus der NSA-Abhöraffäre hat die EU-Kommission die Freihandelsgespräche mit den USA teilweise ausgesetzt. Der zuständige Handelskommissar Karel De Gucht aus Belgien begründete den Schritt am Dienstag allerdings nicht mit der zuletzt lautstark geäußerten Kritik, dass die Verhandlungen angesichts der umfassenden Spähaktionen der Amerikaner unterbrochen werden sollten, sondern mit der Sorge zahlreicher Nichtregierungsorganisationen hinsichtlich des Verhandlungskapitels zum Investitionsschutz.

Dabei geht es darum, dass amerikanische Unternehmen die EU-Staaten theoretisch vor einem eigens eingerichteten Schiedsgericht auf Schadenersatz verklagen könnten, wenn sie neue Gesetze erlassen, die aus Sicht der USA dem ausgehandelten Freihandelsabkommen zuwiderlaufen und den Profit schmälern. Als Beispiel nannte die EU-Kommission die Klage des Tabakkonzerns Philip Morris gegen die australische Regierung, die Einheitsverpackungen für Zigaretten eingeführt hatte.

Nächste offizielle Verhandlungsrunde im März

Gegen die Zigarettenpackung in Australien klagte der US-Konzern Philip Morris. Das gibt der EU im Zusammenhang mit dem angestrebten Freihandelsabkommen zu denken.
Gegen die Zigarettenpackung in Australien klagte der US-Konzern Philip Morris. Das gibt der EU im Zusammenhang mit dem angestrebten Freihandelsabkommen zu denken.
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„Regierungen müssen immer frei sein, mit neuen Regulierungen die Menschen und die Umwelt zu schützen“, sagte De Gucht, „aber sie müssen auch die richtige Balance finden und Investoren fair behandeln.“ Abkommen wie das Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP), das bei einem Zustandekommen die größte Freihandelszone der Welt kreieren würde, müssten beides leisten. „ Ich weiß“, so De Gucht, „dass einige Menschen in Europa sich genau über diesen Teil des EU-USA-Abkommens Sorgen machen. Jetzt will ich ihre Meinung hören.“ Daher wird nun bis März eine öffentliche Anhörung zu dem Thema durchgeführt – und konkret zu diesem Thema vorerst nicht weiter verhandelt.

Allerdings findet die nächste offizielle Verhandlungsrunde ohnehin erst im März in Brüssel statt. Zudem macht das Kapitel zum Investitionsschutz nur knapp fünf Prozent des Verhandlungstextes aus, der sich um die Abschaffung von Zöllen in allen Wirtschaftsbereichen, aber auch um Angleichung von Standards etwa in der Automobil- oder der Agrarindustrie dreht. „Das als politisches Signal im Zusammenhang mit der NSA-Affäre zu sehen, wäre übertrieben“, hieß es in der EU-Kommission.

Der Grünen-Abgeordnete Jan-Philipp Albrecht, der für das Europaparlament die neue EU-Datenschutzverordnung verhandelt, wollte ebenfalls keinen direkten Zusammenhang zur Spähaffäre erkennen. Doch sei es der Brüsseler Behörde wohl darum gegangen aus den Verhandlungen „generell etwas Druck herausnehmen zu wollen. Es kann natürlich sein, dass die NSA dabei auch eine Rolle gespielt hat“. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) begrüßte die Entscheidung De Guchts ebenfalls in der Sache, weil die Debatte „über den Investitionsschutz und das damit zusammenhängende Investor-Staat-Schiedsverfahren zu großen Verunsicherungen geführt hat“, sagte Gabriel in Berlin.

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