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Gründer mit Kisten: Thomas Griesel, Jessica Nilsson und Dominik Richter starteten Hellofresh vergangenen November.
© Thilo Rückeis

Lebensmittel aus dem Netz: Essen auf Rezept

Hellofresh und andere Berliner Start-ups bieten einen Abo-Service für Gerichte zum Selberkochen an.

Und was kochen wir heute? Auf der Suche nach einer Antwort kann man Kochbücher wälzen, sich im Supermarkt inspirieren lassen, improvisieren – oder man überlässt die Entscheidung anderen. Zum Beispiel Dominik Richter und seinem Team von Hellofresh. Das Berliner Start-up liefert im Abo Kochrezepte inklusive aller Zutaten, die Kunden für die Zubereitung benötigen. „Wir wollen das Einkaufen und das Kochen revolutionieren“, sagt Richter. Die Revolution aus Berlin, sie kommt einmal die Woche in einem herkömmlichen Pappkarton ins Haus, beinhaltet je nach Wunsch Rezepte und Lebensmittel für drei oder fünf Mahlzeiten: etwa für Hirse-Frikadellen auf Möhrenragout, Putengeschnetzeltes oder Kürbispüree mit gebratenem Brokkoli.

Die Idee zum Lebensmittel- und Rezept-Abonnement kommt ursprünglich aus Schweden, wo Dienstleister wie Linas Matkasse (Linas Einkaufstüte) oder Middagsfrid (Essensfrieden) einen solchen Service bereits seit ein paar Jahren anbieten. Mittlerweile imitieren immer mehr deutsche Firmen das Konzept. Allein in Berlin haben sich mit Hellofresh, Schlemmertüte oder Kochzauber in den letzten Monaten gleich mehrere Start-ups gegründet, die alle Rezepte und Lebensmittel im Abo liefern. Und auch die Berliner Firma Kochhaus, die in ihren Läden Rezepte plus Zutaten verkauft, hat einen deutschlandweiten Lieferservice eingerichtet.

Hellofresh-Geschäftsführer Richter nennt den Abo-Dienst ein typisches „Zeitgeistprodukt“. In vielen Familien würden beide Elternteile arbeiten, wollten aber trotzdem nicht auf das gemeinsame Kochen und Essen am Abend verzichten. Im November 2011 hat Richter Hellofresh zusammen mit Thomas Griesel und Jessica Nilsson gegründet. Im Januar starteten sie ihren Service. Heute beschäftigen sie bereits gut 40 Mitarbeiter und haben nach eigenen Angaben Zutaten und Rezepte für eine Million Gerichte verschickt. Finanziell unterstützt wird Hellofresh von Rocket Internet, einem sogenannten Inkubator, der bereits eine Vielzahl von Start-ups bei der Gründung geholfen hat.

Die Rezepte, die die Berliner Firma samt Zutaten an ihre Abonnenten verschickt, entwickelt ein Koch für sie. „Wir versuchen den Massengeschmack zu treffen und verzichten deshalb zum Beispiel auf Zutaten wie Sardinen oder Kapern“, sagt Richter. Da gebe es innerhalb des Teams dann auch schon mal eine längere Diskussion darüber, ob etwa Rosenkohl massentauglich sei oder nicht. „Außerdem darf die Zubereitung nicht länger als 30 Minuten dauern.“

Bislang sind die Deutschen bei der Bestellung von Lebensmitteln im Netz zurückhaltend.

Die Abos für Rezepte samt Zutaten werden in der Regel über das Internet abgeschlossen. Damit wollen Anbieter wie Hellofresh den Online-Handel mit Lebensmitteln aufmischen. Denn bislang sind die Deutschen bei der Bestellung von Lebensmitteln im Netz eher zurückhaltend. Nur sieben Prozent planen derzeit, Nahrungsmittel im kommenden halben Jahr online zu kaufen, zeigte jüngst eine Umfrage des Marktforschungsinstituts Nielsen. „Bislang konnten sich die Konzepte für den Supermarkt im Internet nicht bewähren“, sagt auch Marco Atzberger vom Kölner Handelsforschungsinstitut EHI. Zu oft hätten die Kunden nur einzelne Waren wie zum Beispiel ein Paket Butter oder sehr sperrige Produkte wie eine Kiste Sprudelwasser im Netz bestellt, was die Lieferung sehr teuer mache.

Bei den neuen Konzepten, wie sie die Berliner Start-ups Hellofresh oder Schlemmertüte verfolgen, werden dagegen nur die Lebensmittel versandt, die für die ausgewählten Rezepte notwendig sind. „Das schafft eine höhere Planbarkeit“, sagt Atzberger. Auch Großkonzerne haben das Konzept bereits für sich entdeckt. So kooperiert Schlemmertüte etwa mit der Handelskette Metro Cash & Carry: Sie liefert die Lebensmittel, die Schlemmertüte samt Rezepten an die Abonnenten verschickt.

Konkurrent Hellofresh hat sich am Berliner Großmarkt ein eigenes Lager eingerichtet, wo Mitarbeiter die einzelnen Waren verpacken und deutschlandweit verschicken. Was wie Fisch oder Fleisch leicht verderblich ist, wird in Schafwolle gewickelt, um es kühl zu halten. Bei den Kunden kommen die Pakete dienstagabends an. „Wer nicht da ist, kann auch die Adresse des Nachbarn angeben“, sagt Richter.

Der Service hat seinen Preis: Für das kleinste Abo-Paket mit drei Mahlzeiten für zwei Personen zahlen Kunden 39 Euro die Woche, für das größte Paket mit fünf Mahlzeiten für sechs Personen 119 Euro. Bislang können Kunden bei Hellofresh nur zwischen einer Standard-Variante und einer für Vegetarier wählen. Künftig soll das Angebot größer und individueller werden. Wie viel Gewinn die Berliner Firma mit diesem neuen Abo- Konzept macht, will Richter zwar nicht verraten, sagt aber: „Wir fangen langsam an, damit Geld zu verdienen.“

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