Philharmoniker-Intendant Martin Hoffmann: "Es war für mich eine große Herausforderung"
Martin Hoffman ist Quereinsteiger: Er war Sat.1-Chef und TV-Produzent, als ein Angebot von den Berliner Philharmonikern kam, dass er nicht ablehnen konnte. Seitdem ist er ihr Intendant. Und der Einstieg war nicht leicht.
Es ist nicht zu übersehen: Die "Nummer 3" im Haus der Berliner Philharmoniker steht unter Strom, der Kalender platzt aus allen Nähten. Martin Hoffmann (56) läuft mit schnellen Schritten in sein geräumiges Büro im eigenwilligen Scharoun-Bau am Kulturforum, nimmt am Besprechungstisch Platz und geht dann doch noch einmal hinüber zu seinen Unterlagen. Zu Beginn seiner letzten Saison als Intendant der Berliner Philharmoniker häufen sich die Interviewanfragen. Es komme ihm vor, als würden mehr und mehr Nachrufe auf ihn verfasst. Dabei sei er doch noch da. Sechs Jahre ist es nun schon her, dass der frühere Sat.1-Chef und TV-Produzent seinen Platz im Universum eines der weltbesten Orchester eingenommen hat: Natürlich erst an dritter Stelle – hinter den selbstbewussten Musikern und ihrem Künstlerischen Leiter und Chefdirigenten Sir Simon Rattle.
Herr Hoffmann, Sie sind 2010 als fachfremder Manager Intendant der Berliner Philharmoniker geworden. Einen Stammplatz im Konzertsaal hatten Sie aber schon vorher, oder?
Ich bin 1996 nach Berlin gekommen und habe mich mithilfe von Peter Raue (Kunstliebhaber und langjähriger Anwalt der Philharmoniker, Anm. d. Red.) schnell um ein Abonnement beworben. Das ist mir dann auch gewährt worden, worüber ich mich sehr gefreut habe. Ich bin ja mit der Musik groß geworden, ich komme aus einem klassischen bürgerlichen Bildungshaushalt und habe in meiner Jugend Geigenunterricht bekommen.
Man weiß, wie die Philharmoniker ihre Mitglieder auswählen und dass die Wahl des Chefdirigenten zumindest von außen der Papstwahl ähnelt. Wie aber kommt das Orchester zum Intendanten?
Ich habe immer gesagt, die Wahl des Chefdirigenten und Künstlerischen Leiters entspricht nicht der Papstwahl, denn bei uns wird kein Stellvertreter gesucht. Für den Intendanten gibt es eine Findungskommission unter der Leitung des Berliner Kultursenators, die sich im Wesentlichen aus Mitgliedern des Orchesters zusammensetzt.
Und wie ist diese Kommission damals ausgerechnet auf Sie gekommen?
Schon bei Sat.1 kam eine Delegation der Berliner Philharmoniker zu mir, um für eine Übertragung des alljährlichen Waldbühnen-Konzerts zu werben. 1986, also weit vor meiner Zeit, wurde es dort nämlich schon einmal gezeigt. In einer freundschaftlichen, aber intensiven Diskussion musste ich den Musikern erklären, dass diese Farbe nicht ins Programmschema des Senders passt. Darüber hat sich dann aber ein regelmäßiger Kontakt und Austausch ergeben.
Könnte man auch "Nein" sagen, wenn man gefragt wird, ob man Intendant werden möchte?
Bei den Berliner Philharmonikern dürfen Sie nicht "Nein" sagen.
Was waren denn im Vorfeld die Erwartungen an Sie?
Das müssen Sie andere fragen. Für mich war es eine große Herausforderung. Ich hatte schon immer ein großes Faible für diese Musik, das Haus und das Orchester. Wir haben uns dann darüber unterhalten, wie man das alles in die Zukunft bringen kann: mediale Kompetenz, Management-Kompetenz, Öffnung des Hauses – all das haben wir diskutiert. Und dann hat man mich gefragt.
War Ihre Anfangszeit bei den Philharmonikern so, wie Sie es sich vorgestellt hatten?
Eine der schönsten Erfahrungen ist, dass dieses Haus in jedem Programm und in jeder Woche mit wirklich herausragenden Persönlichkeiten, Künstlern und charismatischen Personen zusammenarbeitet. Was ich so nicht erwartet hatte, war, dass die Zusammenarbeit mit den unterschiedlichen Organen des Hauses außerordentlich komplex ist. Es hat ein wenig gedauert, bis ich mich angekommen fühlte und auch die Akzeptanz der Kollegen gespürt habe. Ich hatte gedacht, dass man hier vorurteilsfreier sei.
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