Razzia in Berlin: Ermittler vermuten Millionenbetrug bei Mautbetreiber Toll Collect
Manager des Mautbetreibers Toll Collect stehen unter Betrugsverdacht. Sie könnten den Bund um bis zu drei Millionen Euro geprellt haben.
Die Großen schweigen, und die Kleinen wollen oder dürfen nichts sagen. Zur Razzia von Polizei und Staatsanwaltschaft in der Zentrale der Toll Collect GmbH am Potsdamer Platz in Berlin verhielten sich die Betroffenen am Mittwoch schmallippig. „Wir bestätigen, dass die Staatsanwaltschaft im Haus war“, sagte eine Toll-Collect-Sprecherin auf Anfrage und fügte die in solchen Angelegenheiten übliche Floskel hinzu. „Wir unterstützen die Behörden bei ihren Ermittlungen.“
Bei den Eigentümern von Toll Collect, den Weltkonzernen Daimler und Telekom, sah man keine Veranlassung zur Stellungnahme. Vermutlich ist der Ärger groß bei den Konzernen, denn sie stehen gerade in Verhandlungen mit dem Verkehrsministerium, und ein Betrug zulasten des Bundes stört da sehr.
Der Schaden könnte drei Millionen Euro betragen
Mit 15 Polizisten und zwei Staatsanwälten rückten die Ermittler am Mittwochvormittag am Potsdamer Platz an und durchsuchten die Räume von Toll Collect. „Es besteht der Verdacht des Betrugs gegen mehrere Verantwortliche des Unternehmens“, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Der Schaden zulasten des Bundes und damit der Steuerzahler soll nach einem Bericht von „Spiegel-Online“ bei drei Millionen Euro liegen. Konkret geht es um Abrechnungen von Toll Collect nach dem Jahr 2012, als damals die Lkw-Maut auf ausgewählte Bundesstraßen ausgeweitet wurde.
Durch die Ausweitung wurde ein neuer Vertrag zwischen Verkehrsministerium und Toll Collect erforderlich, und nach Angaben der Staatsanwaltschaft wurde dabei „eine bewusst überhöhte Kalkulation“ der zusätzlich entstehenden Kosten von Toll-Collect-Mitarbeitern vorgelegt und im Vertrag berücksichtigt. „In den Folgejahren sollen jeweils überhöhte Kostenerstattungen aus Bundesmitteln an die Toll Collect GmbH geflossen sein“, schreibt die Berliner Staatsanwaltschaft. Ans Licht gekommen sei der mutmaßliche Betrug durch einen ehemaligen Mitarbeiter, der eine Strafanzeige gegen „Verantwortlich der Gesellschaft“ gestellt habe.
Rund 500 Millionen Euro kostet die Mauterhebung
Das Geschäftsmodell von Toll Collect funktioniert auf einer Art von Public-private-Partnership: Das Unternehmen hat für den Bund die Maut-Infrastruktur vorfinanziert und treibt die Maut in Höhe von rund 4,5 Milliarden/Jahr ein. Bis heute sind knapp 50 Milliarden Euro an Mautgebühren eingenommen worden. Für diese Dienstleistung stellt Toll Collect eine Betrag von rund 500 Millionen Euro im Jahr in Rechnung. An dem Unternehmen mit derzeit rund 600 Mitarbeitern sind die Telekom und Daimler mit jeweils 45 Prozent sowie die französische Cofiroute mit zehn Prozent beteiligt.
Die Anfangsjahre des Unternehmens und der Lkw-Maut waren peinlich für die Industrie, da die Einführung des Systems immer wieder verschoben werden musste. Dem Staat entgingen Milliarden, die sich der Bund in einem Schiedsverfahren zumindest teilweise von Toll Collect und deren Aktionären zurückzuholen versucht. Dieses Schiedsverfahren könnte in absehbarer Zeit zu einem Ende kommen, denn der bisherige Vertrag von Toll Collect mit dem Bund endet im August nächsten Jahres. Im Rahmen der derzeit laufenden Ausschreibung für den Zeitraum bis 2030 wird nun geklärt, ob die Telekom und Daimler im Geschäft bleiben – und ob man sich vergleichen und den Ballast der Vergangenheit abwerfen kann. Sollte sich die Betrugsaffäre indes ausweiten, dürfte das schwierig werden.
Mehr als 30 Milliarden Kilometer werden abgerechnet
Toll Collect nimmt für sich in Anspruch, die Betriebskosten des Systems permanent auf inzwischen zwölf Prozent der Mautgebühren reduziert zu haben. Nach eigenen Angaben betreibt Toll Collect das einzige Maut-Erhebungssystem mit zwei Verfahren: automatisch über Satellitenkommunikation und Mobilfunk sowie an rund 3500 Mautstellenterminals und im Internet. Zuletzt rechnete das Unternehmen mehr als 30 Milliarden Kilometer ab. Zum Wachstum in den vergangenen Jahren trug vor allem die Ausweitung der Mautpflicht auf inzwischen mehr als 2000 Kilometer Bundesstraßen bei. Womöglich provozierte diese Ausweitung zum Betrug.
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