Zum Start der Gamescom: Entwickler ärgern sich über die Gamesförderung
Die Gamesförderung sorgt für Frust bei deutschen Entwicklern. Die Branche hofft auf bessere Unterstützung durch Verkehrsminister Scheuer.
Bei der Computerspielemesse Gamescom fallen in diesem Jahr Gedränge und lange Schlangen weg. Trotzdem waren die Erwartungen groß, als am Donnerstagabend die Eröffnungsshow starten sollte. „Wir rechnen mit Millionen Zuschauern“, sagt Felix Falk, Geschäftsführer des Branchenverbands Game. Schließlich sahen schon im Vorjahr trotz 370.000 anwesenden Gästen bis zu einer halben Million Menschen gleichzeitig am Bildschirm zu.
Die Gamer warten vor allem auf Neuigkeiten zur neuen Generation an Spielekonsolen: Sony und Microsoft stehen mit der Playstation 5 und der Xbox Series X in den Startlöchern, die noch in diesem Jahr auf den Markt kommen sollen. Spieleentwickler und Politik warten dagegen gespannt auf den Auftritt von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) am Freitag. Denn der will zur Gamescom Neuigkeiten zum Thema Spieleförderung verkünden.
Die sogenannte Gamesförderung war nach zähen Verhandlungen über den Haushalt im November 2019 fest in den Budgetplan des Bundesverkehrsministeriums (BMVI) verankert worden. Der Bundeshaushalt sieht eine jährliche Fördersumme von 50 Millionen Euro vor, insgesamt stehen so bis ins Jahr 2023 Mittel in Höhe von 250 Millionen Euro für die deutsche Computerspielewirtschaft bereit.
Großprojekte fallen derzeit durchs Raster
Doch bei der Ausschüttung der Gelder hakt es gewaltig. So bietet das Ministerium bislang nur eine sogenannte De-minimis-Förderung für Entwicklerstudios an, die bei einer Höchstsumme von 200.000 Euro pro Projekt gedeckelt ist. Für Großprojekte fehlte zunächst eine Bewilligung der EU, die kam jedoch Anfang März. „Damit können wir endlich auch Produktionen im größeren Stil fördern“, hatte Scheuer daraufhin erklärt, man habe im Ministerium ein international wettbewerbsfähiges Programm aufgestellt und freue sich „riesig auf die ersten Ergebnisse“. Der entsprechende Förderaufruf sollte eigentlich schon im Frühjahr folgen.
Doch auch mit der Abwicklung der ersten Förderphase sind BMVI und das durchführende Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt teilweise überfordert. „Die Prozesse waren bisher oft langsam und kompliziert“, kritisiert Falk. So befinden sich immer noch 19 Anträge in der Bearbeitung und in 24 Fällen müssen die Antragsteller noch Unterlagen nachliefern, heißt es aus dem BMVI. „Die aktuell beim Projektträger vorliegenden Anträge werden voraussichtlich bis Mitte September abgearbeitet sein“, sagt ein Sprecher. Dabei hieß es im ersten Förderaufruf aus dem April vergangenen Jahres: „Die geförderten Vorhaben müssen spätestens bis zum 30. November 2020 beendet sein“.
Das Scheuers Haus verspricht aber „größtmögliche Flexibilität“ in Sachen Laufzeitverlängerungen oder Projektumschichtungen. Da die Haushaltsmittel zunächst nur für ein Jahr zur Verfügung standen, gab es 2019 einen „engen Zeitkorridor“. Mit dem Bundeshaushalt 2020 wurden Fördermittel für die Zeitperiode bis 2023 zur Verfügung gestellt, dadurch seien weit größere Spielräume möglich.
Trotzdem ist der Ärger in der Branche groß. Als „wirtschaftliches Selbstmordkommando“ hatte ein Entwickler den Prozess im Fachmagazin „Gameswirtschaft“ kritisiert. Schließlich müssten über Monate Kosten für Entwickler oder Miete gezahlt werden. Während dieser Zeit durften sie jedoch noch nicht mit den Arbeiten beginnen, das wäre ein Verstoß gegen die Förderregularien gewesen.
Erst nach massiver Kritik hatte das BMVI im Frühjahr auch einen „förderunschädlichen vorzeitigen Maßnahmenbeginn“ ermöglicht. Das Programm schade mehr, als dass es helfe, lautete das ernüchternde Fazit. In einem langen Beitrag auf der Reddit-Webseite, in dem sich ein Antragsteller ausführlich seinen Frust beschreibt, hieß es gar, Unternehmen würden „vernichtet“.
Das Problem: Die Sachbearbeiter kennen die Branche nicht
Bemängelt werden auch bürokratische Prozesse und mangelndes Wissen über die Arbeitsbedingungen der Gamesbranche. So würden die Sachbearbeiter nachfragen, warum Lizenzen für Standardgrafik-Software nötig seien oder was Level-Designer machen. Das führe laut Antragstellern zu einem enormen Papierkrieg. „Die spezifischen Produktionsbedingungen der Gamesbranche müssen bei so einem Programm berücksichtigt werden“, fordert Falk.
„Verzögerungen haben sich bei der Pilotförderung leider am Anfang in der ersten Stufe der Begutachtung ergeben“, räumt das BMVI ein und verweist darauf, dass mit 380 eingereichten Projektskizzen die Nachfrage deutlich größer gewesen sei, als prognostiziert. „Und viele Antragsteller haben in der Vergangenheit noch keinen formellen Förderantrag eingereicht, sodass sich insgesamt ein überdurchschnittlicher Beratungsaufwand ergab.“
Die Bearbeitung der formellen Anträge in der zweiten Stufe der Pilotförderung könne sich bei den Zeiten jedoch mit anderen Förderprogrammen messen. Inzwischen gibt es über 200 Förderprojekte, die laufen oder unmittelbar am Start stehen, vier weitere seien schon abgeschlossen. Das Gesamtvolumen der festgelegten Förderung belaufe sich mittlerweile auf rund 20 Millionen Euro.
„Aller Anfang ist verständlicherweise schwer“, räumt Falk ein. Doch für die nun anstehende Förderung der Großprojekte hoffe er auf eine professionelle Abwicklung. „Jetzt muss es deutlich reibungsloser und schneller laufen. Sonst machen wir uns auch international irgendwann lächerlich“, sagt Falk.
Das BMVI will diesmal besser vorbereitet sein. „Für den Start der großvolumigen Produktionsförderung haben wir unsere Kapazitäten wesentlich verstärkt“, heißt es. Zudem soll ein einstufiges Verfahren umgesetzt werden und im Vorfeld des Starttermins zur Antragseinreichung werde man weitere Hilfestellungen für die Antragstellung anbieten.
Das Ausland ist Deutschland voraus
„Deutschland muss endlich mit Frankreich, Großbritannien oder Kanada konkurrenzfähig werden“, sagt Falk. Denn wirtschaftlich verlieren hiesige Spielestudios immer mehr den Anschluss. Während der Umsatz mit Spielen seit Jahren wächst, ist die Anzahl der Beschäftigten, die Videospiele in Deutschland entwickeln und vertreiben, zum zweiten Mal in Folge zurückgegangen. Laut Verband gab es ein Minus von vier Prozent auf 10071 Beschäftigte.
Dagegen seien in Kanada, wo die Spielebranche stark gefördert wird, mit rund 27700 beinahe dreimal so viele Beschäftigte in der Gamesbranche tätig – obwohl das Land nur knapp halb so viele Einwohner wie Deutschland hat. Auch in Großbritannien, das rund 15 Millionen weniger Einwohner hat, seien mit 20430 fast doppelt so viele Menschen in mit Entwicklung und Vertrieb von Videospielen beschäftigt.
Der Umsatz in Deutschland hatte 2019 um elf Prozent zugelegt, 3,9 Milliarden Euro wurden für Spiele ausgegeben. Allerdings landen davon weniger als fünf Prozent bei deutschen Spielefirmen.
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