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Glaswolle allein reicht nicht: Um Hausbesitzer zur energetischen Gebäudesanierung zu animieren, prüft der Bund neue Steuererleichterungen.
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Heizkostenzuschuss für Mieter: Entscheidungschaos beim Energiesparen

Der Bund will Mietern wieder einen Heizkostenzuschuss zahlen. Beim Plan, die Wärmedämmung zu fördern, geht es nicht voran.

Die Politik verhakt sich derzeit beim Thema Energiesparen: EU, Bund und Länder verfolgen Strategien, die nicht so recht zusammenpassen. Bei den meisten Beschlüssen geht es darum, Industrie- und Dienstleistungsbranchen neuen Schub zu verleihen. Für viele Verbraucher und Steuerzahler dürfte es unterm Strich teurer werden – und der Klimaschutz kaum vorankommen.

Lange beschlossen und seit Freitag in Kraft sind zum Beispiel die neue EU-Energiesparvorgaben für Küchengeräte, nun auch für Dunstabzugshauben sowie mit Strom oder Gas betriebene Kochfelder und Backöfen für den Hausgebrauch. Die Leistungsfähigkeit der Geräte werde nicht leiden, warb die EU-Kommission. Verbraucher könnten durch den geringeren Energieverbrauch bis zu 50 Euro pro Jahr sparen, wenn sie Geräte der höchsten Effizienzklasse wählten, hieß es.

870.000 Haushalte sollen von mehr Wohngeld profitieren

Wird die Aussicht auf eine 50 Euro niedrigere Stromrechnung Bürger motivieren, sich eine neue Küche anzuschaffen? Der Kauf eines neuen Herds samt Dunstabzugshaube für 2500 Euro hat sich nach dieser Rechnung nach 50 Jahren amortisiert. Genau weiß das natürlich niemand, hängt ja alles an der Entwicklung der Energiekosten. Die sinken seit mehr als einem Jahr. Je billiger Strom, Sprit und Heizwärme, desto weniger lohnt sich die Anschaffung von energiesparenden Geräten.

Ein gegenteiliges Signal sendet die Bundesregierung mit dem am Freitag bekannt gewordenen Plan, ab 2016 das Wohngeld im Schnitt um kräftige 39 Prozent zu erhöhen und den Kreis der Anspruchsberechtigten auszuweiten. Künftig sollen 870.000 sozial schwächere Haushalte profitieren. Es ist die erste Anhebung seit dem Jahr 2009 und zumindest nach Ansicht der Miet- und Sozialverbände ein längst überfälliger Schritt.

Zuschuss ist keine Motivation zum Energiesparen

Eine Sprecherin von Bau- und Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) verwies in dem Zusammenhang ausdrücklich auf seit 2009 gestiegene Heizkosten. Sie wies auch Kritik zurück, wonach die Energiekosten nicht ausreichend bezuschusst würden. Für einen Zwei-Personenhaushalt soll dem Gesetzentwurf zufolge das Wohngeld von durchschnittlich 112 auf 186 Euro im Monat steigen.

2009 war der staatliche Mietzuschuss um durchschnittlich 50 Euro gestiegen. Ein Heizkosten-Zuschuss wurde schon zwei Jahre später wieder abgeschafft, was einer Kürzung gleichkam. Nun wird er also wieder eingeführt, was aus Sicht bedürftiger Mieter eine willkommene oder nötige Entlastung ist – aber sicher keine Motivation zum Energiesparen.

Bund-Länder-Verhandlungen sind geplatzt

Darum geht es offiziell auch bei den aktuellen Bund-Länder-Verhandlungen zur steuerlichen Förderung der energetischen Gebäudesanierung im Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz (Nape). Das SPD-geführte Bundeswirtschaftministerium, das CDU-geführte Finanzministerium, die Kanzlerin, weite Teile der Opposition und der überwiegende Teil der Wirtschaftsverbände unterstützen den Plan, sanierungswillige Immobilieneigentümer jährlich im Volumen von eine Milliarde Euro zu entlasten. Diese staatliche Investition soll als Hebel acht bis zwölf Milliarden Euro Umsatz für Industrie und Handwerk generieren und die Sanierungsquote steigern.

Doch die letzte Verhandlungsrunde der 16 Staatskanzleien mit dem Bund platze, wie der Tagesspiegel erfahren hat. Die Bayern stellten sich gegen den Plan, zur Gegenfinanzierung den Handwerkerbonus abschmelzen, wie die Staatskanzlei in München bestätigt. „Dabei ist aus unserer Sicht dringen notwendig, dass Bund und Länder sich bis Ende Februar geeinigt haben. Jetzt beginnt die Bausaison“, sagte Thomas Tenzler, Geschäftsführer des Fachverbandes der Mineralwolleindustrie, also der Vertreter von Dämmstoffherstellern am Freitag. Schon jetzt könne er beobachten, dass Wohnungseigentümer ihre Sanierungsentscheidung verschieben oder aufgeben.

Grüne: Noch ein Reinfall darf nicht passieren

Vor drei Jahren, als schon einmal ein großes Sanierungförderprogramm des Bundes am Widerstand der Länder gescheitert war, sei die Chance verpasst worden, Deutschland einen Modernisierungsschub zu verpassen, klagt Tenzler.

Auch die Grünen, die aus Klimaschutzgründen für das Sanierungsprogramm sind, sorgen sich um das Projekt. „Noch ein Reinfall beim Steuerbonus für Gebäudesanierungen darf nicht passieren“, sagte Lisa Paus, Sprecherin für Steuerpolitik der Grünen-Fraktion im Bundestag dieser Zeitung. „SPD und Union sind nun in der Pflicht, einen Kompromiss auszuloten. Vor allem die CSU verhält sich schizophren. Sie hat den Steuerbonus im Bundeskabinett mitbeschlossen und blockiert ihn nun im Bundesrat“.

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