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Der Hauptsitz der Deutschen Börse ist Frankfurt am Main - die neue Superbörse sollte von London aus geleitet werden.
© dpa

Geplatzte Börsenfusion: Eine bittere Niederlage für die Deutsche Börse

Die Fusion der Deutschen Börse mit den Briten ist wohl geplatzt. Für den deutschen Finanzplatz sind das keine guten Nachrichten. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Carla Neuhaus

Carsten Kengeter hatte ein Ziel. Er wollte die Deutsche Börse dorthin führen, „wo sie hingehört – an die Weltspitze“. Gelingen sollte das durch den Zusammenschluss mit der Londoner Börse LSE. Nun steht die Fusion vor dem Aus. Das ist bitter. Für Kengeter. Und für den deutschen Börsenplatz.

Denn so groß Kengeters Ambitionen waren, so war die Fusion mit den Briten auch eine gute Idee. Mehr noch: Sie war sogar dringend nötig, damit die Deutsche Börse weiter mit der Konkurrenz aus den USA und Asien mithalten kann.

Während früher Aufträge zum Kauf oder Verkauf von Aktien die Börse per Fax erreichten, und die Händler sie dann auf dem Parkett ausführten, passiert all das längst digital. Aktien kann man heute theoretisch überall handeln. Das hat den Aktienhandel sehr viel schneller und billiger gemacht – und ein Wettrennen unter den Börsenbetreibern ausgelöst. Denn: Je mehr Kauf- oder Verkaufaufträge über die Computer der Börsenbetreiber laufen, desto günstiger wird es, desto mehr Gewinn können sie machen. Deshalb hat es unter den Börsenanbietern in den vergangenen Jahren viele Zusammenschlüsse gegeben. Und deshalb hat die Deutsche Börse nun zum dritten Mal versucht, sich mit der LSE zusammenzuschließen. Doch leider auch diesmal: vergeblich.

Es liegt am Brexit

Schuld ist diesmal der Brexit. Alle anderen Gründe wirken vorgeschoben. Schließlich sollte der Hauptsitz der neuen Superbörse London sein, was sich die Deutschen seit dem Brexit-Referendum nicht mehr vorstellen können. Eine europäische Börse mit Hauptsitz außerhalb der EU? Das klingt tatsächlich abwegig. Ebenso abwegig war aber auch, dass die Briten einknicken und Frankfurt am Main statt London als Hauptsitz der Superbörse akzeptieren würden.

Dass die EU-Kommission nun Einwände gegen die Fusion erhoben haben soll, dürfte beiden Börsenanbietern gerade recht sein. So kommen sie aus der Nummer heraus, ohne sich eingestehen zu müssen, die Gefahr des Brexit und seine Folgen falsch eingeschätzt zu haben. So war es auch die LSE, die mitgeteilt hat, sie könne die Anforderungen der EU-Kommission nicht erfüllen – nicht die EU-Kommission selbst. Die sagt vielmehr, sie habe in der Sache noch gar keine Entscheidung getroffen.

Das Scheitern ist teuer

Dabei ist das Scheitern der Fusion nicht nur schade, sondern auch teuer. Allein 2016 hat die geplante Fusion die Deutsche Börse bereits 66 Millionen Euro gekostet. Wie es aussieht, waren das 66 Millionen Euro für nichts und wieder nichts. Damit hätte Kengeter genau das Gegenteil dessen erreicht, was er erreichen wollte: Statt Kosten zu senken, hat er neue produziert.

Nicht nur deshalb ist das Aus der Fusion eine herbe Niederlage für den Börsenchef. Kengeter steht auch noch in der Kritik, weil er Aktien seines Arbeitgebers gekauft hat – und zwar zwei Monate bevor die Fusionspläne publik wurden. Die Staatsanwaltschaft verdächtigt ihn deshalb des Insiderhandels: Er soll sein Wissen ausgenutzt haben. Wäre die Fusion ein Erfolg gewesen, wäre Kengeter damit vielleicht sogar durchgekommen. Nun muss man jedoch erst recht die Frage stellen, ob er tatsächlich der richtige Mann an der Spitze der Deutschen Börse ist.

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