Gesetzliche Rentenversicherung: Durch freiwillige Zuzahlungen zur Rendite
Wer zusätzlich in die gesetzliche Rentenkasse einzahlt, bekommt auf seinen Einsatz eine beachtliche Rendite - plus Inflationsschutz und Staatsgarantie. Bloß weiß das kaum jemand.
Es ist ein ganz legaler Trick. Eine Art persönliche Rentenreform. Wer als Arbeitnehmer vor seinem 63. Geburtstag zusätzlich in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlt, kann unter bestimmten Umständen eine hohe Rendite erwirtschaften. Der Trick funktioniert so: Rechtlich ist es möglich, mit 63 Jahren vorzeitig in Rente zu gehen. Normalerweise führt das zu einer Minderung der Rente. Um das auszugleichen, können Arbeitnehmer einen bestimmten Betrag freiwillig in die Rentenkasse einzahlen. Wenn der Arbeitnehmer dann zum 63. Geburtstag seine Lebensplanung ändert und doch bis zum regulären Rentenbeginn mit 65 oder 66 Jahren weiterarbeitet, wirken sich die zusätzlich gezahlten Beträge entsprechend rentensteigernd aus. Und die Rendite dieses Vorgehens ist enorm: Sie enthält zusätzlich einen impliziten Inflationsausgleich und schlägt vergleichbare Anlagemöglichkeiten um Längen. Dem Arbeitnehmer muss der vorsätzliche Sinneswandel mit 63 Jahren nicht unangenehm sein. „Er beantragt einfach keine Rente und arbeitet weiter“, sagt Manuela Budewell, Sprecherin der Deutschen Rentenversicherung Bund. „Er muss sich nicht melden und sich rechtfertigen.“
Staatlich gesicherte profitable Anlageform
Der Gesetzgeber hat mit dieser Regelung eine Möglichkeit geschaffen, die Arbeitnehmern eine staatlich gesicherte profitable Anlageform bietet. Jeder Arbeitnehmer kann sich bei der Rentenversicherung erkundigen, wie viel er zusätzlich einzahlen müsste und wie viel er am Ende mehr bekäme. Er kann sich dann ausrechnen, wie hoch die Rendite ist und eine Entscheidung treffen. Wie es grundsätzlich funktioniert, sei im Folgenden an einem Beispiel erörtert, bei dem manche Zahlen der Einfachheit halber leicht gerundet worden sind.
Ein Beispiel: 4,82 Prozent Rendite pro Jahr
Ein lediger Angestellter bekäme bei einer Rente mit 63 eine geminderte Rente von 1750 Euro monatlich. Um die Minderung von 205 Euro auszugleichen, verlangt die gesetzliche Rentenversicherung von ihm die Einzahlung von 51 000 Euro. Auf diese 51 000 Euro bezahlt ihm die Rentenkasse pro Jahr 12 mal 205 Euro, das sind 2460 Euro. Das sind 4,82 Prozent von 51 000 Euro.
Vergleich mit privaten Rentenversicherungen
Wer im vorliegenden Beispiel nach weniger als 20 Jahren stirbt, hat zwar unterm Strich draufgezahlt, wer lange lebt, profitiert. Die Verzinsung gibt es aber auch bei vergleichbaren privaten Rentenversicherungen nur bis zum Tod. Anders bei Verheirateten, da wirkt sich die Rentensteigerung auch für Hinterbliebene aus. Wenn jemand einen sehr viel jüngeren Partner hat, wird es teuer für die Rentenkasse: Denn der Hinterbliebene kann noch viele Jahre länger erheblich profitieren.
Was wären vergleichbare Anlagealternativen? Eigentlich nur eine private Rentenversicherung, eine sogenannte Rürup-Versicherung hätte auch ähnliche steuerliche Bedingungen. Die Stiftung Warentest hat Beispiele verglichen und kam zu dem Schluss, dass selbst günstige Rürup-Versicherungen etwa 20 Prozent weniger im Monat auszahlen als die gesetzliche Rentenversicherung. Hier würde es deutlich länger dauern, bis sich die Investition lohnt. Private Rentenversicherungen könnten zwar Überschüsse erwirtschaften, das ist aber schwierig, vor allem angesichts der niedrigen Zinsen, die die Kapitalmärkte hergeben.
Worauf man spekuliert
Wer nach obigem Beispiel vorgeht, spekuliert wie jeder andere Anleger auch. In diesem Fall versichert er sich gegen ein langes Leben. Zudem spekuliert er darauf, dass die gesetzliche Rentenversicherung in Deutschland sicher ist. Dafür hat er guten Grund. Es handelt sich um eine Staatsgarantie. Wer eine private Rentenversicherung abschließt, spekuliert dagegen darauf, dass das Versicherungsunternehmen seine Zusagen einhalten kann.
Zudem spekuliert er bei der Zahlung an die gesetzliche Kasse in gewisser Weise darauf, dass die Renten nicht gesenkt werden. Renten können gesenkt werden, wenn das Lohn- und Gehaltsvolumen insgesamt sinkt. In einem solchen seltenen Fall kann eine Senkung politisch verhindert werden, wie das in der Vergangenheit der Fall war.
Ein Faktor bei der Rentenentwicklung ist die Teuerung, die zu einer Steigerung führt. Das ist eine Art Inflationsabsicherung. Das gibt es bei herkömmlichen Anlageformen nicht, es sei denn, man kauft eine inflationsgeschützte Anleihe.
Wie man die Rendite zusätzlich erhöht
Wer in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlt, kann die Beträge steuerlich als Vorsorgeaufwendungen geltend machen. Es gibt allerdings eine Höchstgrenze. Die lag zuletzt bei 18 669 Euro bei Ledigen und 37 338 bei Verheirateten. Da alle Renteneinzahlungen angerechnet werden, auch Betriebsrenten und andere Altersvorsorgeaufwendungen, ist der verbleibende Spielraum begrenzt.
Was möglich ist: Die Zuzahlung in die gesetzliche Rentenkasse kann über mehrere Jahre erfolgen. Wer rechtzeitig anfängt, kann optimal Steuern sparen und damit einen Teil seiner Renteneinzahlung vom Fiskus finanzieren, was die Rendite des eigenen Beitrags erhöht. Bisher konnte man frühestens mit 55 Jahren damit beginnen, mit dem neuen Gesetz zur Flexi-Rente ist das ab 2017 schon mit 50 Jahren möglich. Es hängt dann vom individuellen Grenzsteuersatz und anderen Faktoren ab, wie am Ende die Rendite aussieht. Zudem ist zu beachten, dass zwischen einer gestaffelten Einzahlung und dem Rentenbeginn, ab dem die obige Renditenberechnung beginnt, Jahre liegen. Die Rendite bis zum Rentenbeginn hängt dann von der Steuerersparnis ab.
Es gibt noch eine zusätzliche Möglichkeit
Wer regulär mit 65 oder 66 Jahren in Rente geht und Ersparnisse hat, könnte darüber nachdenken, erst ein oder zwei Jahre später Rente zu beantragen und die Zwischenzeit mit Ersparnissen zu überbrücken. Jeder Monat, in dem keine Rente bezogen wird, erhöht die Rente für den Rest des Lebens nämlich um 0,5 Prozent. Nach einem Jahr sind das bereits sechs Prozent. Wer ursprünglich 2000 Euro im Monat bekommen hätte, käme so auf 120 Euro mehr. Das macht 1440 Euro im Jahr. Der Kapitaleinsatz wäre 12 mal 2000 Euro plus den Krankenkassenanteil der Rentenversicherung, etwa 2000 Euro – macht 26 000 Euro. 1440 Euro von 26 000 sind 5,53 Prozent. Die Frage ist, ob der Anleger alternativ in der Lage wäre, die 26 000 Euro so anzulegen, dass er 20 Jahre später auf einen jährlichen Gewinn von fünf Prozent plus dem teilweisen Inflationsausgleich kommt.