Euro-Krise: Draghi lässt warten
Der Präsident der Europäische Zentralbank bekräftigt, in Kürze aktiv werden zu wollen – seine vage Rede enttäuscht die Märkte.
Frankfurt am Main - Mario Draghi lässt keine Zweifel aufkommen: Die Europäische Zentralbank (EZB) wird alles ihr Erlaubte unternehmen, um die Krise in der Euro-Zone zu überwinden und den Euro zu erhalten. Am Donnerstag kündigte der EZB-Präsident nach der Ratssitzung weitere außergewöhnliche Maßnahmen an, um die Lage im Euro-Raum zu stabilisieren. Details nannte er nicht.
Es soll aber offenbar um den Ankauf von kürzer laufenden Staatsanleihen der Krisenländer gehen. Allerdings wird die EZB im Gegensatz zu ihrem bisherigen, seit März ruhenden Programm zum Aufkauf von Staatsanleihen der Krisenländer nur in enger Abstimmung mit den Euro-Rettungsfonds EFSF und ESM agieren. Zunächst müssten betreffende Länder Vorbedingungen der Fonds zur Sanierung ihrer Staatsfinanzen erfüllen, sagte Draghi am Donnerstag. „Der Euro ist unumkehrbar“, sagte der EZB-Präsident.
Anleger am Devisen- und Aktienmarkt reagierten enttäuscht. Der Euro rutschte nach einem kurzen Sprung nach oben unter die Marke von 1,22 Dollar und erreichte am Abend bei 1,214 Dollar den tiefsten Stand seit einer Woche. Der Deutsche Aktienindex Dax büßte 2,2 Prozent ein und fiel auf 6606 Punkte.
Nach den Worten des EZB-Präsidenten werden die entsprechenden Ausschüsse in der Notenbank in den kommenden Wochen die Grundlagen für das neue Programm erarbeiten. Dabei soll nicht nur festgelegt werden, wie und von welchen Ländern die EZB Papiere aufkauft – es dürfte in erster Linie um Spanien und Italien gehen –, sondern auch darum, dass Privatanleger und damit auch Banken künftig bei möglichen Zahlungsausfällen bessergestellt werden als bislang und nicht mehr mit so hohen Verlusten rechnen müssen wie beim Schuldenschnitt für Griechenland im März.
Erst wenn die Details klar sind, soll der EZB-Rat das neue Programm offiziell absegnen. Möglicherweise geschieht das in der Ratssitzung Anfang September. Eine generelle finanzielle Obergrenze für das Ankaufvolumen wird es aber offenbar nicht geben. Draghi räumte ein, dass Bundesbank-Präsident Jens Weidmann in der Sitzung am Donnerstag „Vorbehalte“ gegen ein weiteres Programm zum Aufkauf von Staatsanleihen geäußert habe. Weidmann hat sich bei der Abstimmung offenbar als einziger Teilnehmer der Sitzung enthalten. Die Bundesbank ist gegen den Aufkauf von Staatsanleihen der Krisenländer, weil sie dies als indirekte Staatsfinanzierung erachtet, die der Notenbank eigentlich nicht erlaubt ist.
Nach Ansicht von Draghi ist hingegen auch ein neuerliches Programm für den Aufkauf von Anleihen durch das Mandat der EZB gedeckt. „Das liegt absolut in unserem Auftrag.“ Es gehe auch dabei wie bei den bisherigen Sondermaßnahmen um die Wiederherstellung der gestörten Übertragungswege der Geldpolitik. Draghi versprach völlige Transparenz für das neue Programm – allerdings erst im Nachhinein. Beim sogenannten SMP-Programm, das seit einigen Monaten ruht, hatte die Notenbank auch erst nach ihren Käufen berichtet, aber nur über das Volumen, nicht über die Herkunft der von Banken und Versicherungen gekauften Staatsanleihen. Bislang hat die EZB Anleihen der Euro-Krisenländer im Volumen von 211 Milliarden Euro in ihren Büchern.
Da die EZB künftig mit dem neuen Programm zum Anleihenkauf erst aktiv werden will, wenn betroffene Länder die vom Rettungsfonds ESM gesetzten Bedingungen zur Sanierung ihrer Staatsfinanzen akzeptieren, dürfte sie nach Angaben von Volkswirten frühestens Mitte September mit weiteren Anleihekäufen beginnen. Denn erst am 12. September entscheidet das Bundesverfassungsgericht, ob die Zustimmung des Deutschen Bundestags zum ESM rechtmäßig war. Erst bei einem positiven Votum könnte der im Vergleich zum Rettungsschirm EFSF deutlich schlagkräftigere ESM aktiv werden.
Draghi begründete die Ausweitung der unüblichen Maßnahmen mit dem Gefühl des EZB-Rates, dass sich die Krise verschlimmert habe und dass auch deren Folgen gravierender seien. Der unlängst zu beobachtende plötzliche Anstieg der kurzfristigen Renditen bei den Anleihen einiger Länder sei ein „böses Omen“ gewesen. „Trotzdem bleiben wir kühle Analytiker“, sagte der EZB-Präsident. Er stellte am Donnerstag erneut unmissverständlich klar, dass die Notenbank entschlossen ist, zu handeln. „Der Euro geht nicht unter. Er wird nicht wieder abgeschafft. Es hat keinen Sinn, gegen den Euro zu spekulieren.“
Über eine weitere Leitzinssenkung sei in der Sitzung zwar diskutiert worden. Aber der Rat habe beschlossen, dass dafür derzeit nicht der richtige Zeitpunkt sei. Erst Anfang Juli hatte die EZB den Leitzins, zu dem sich Banken Geld leihen können, auf das Rekordtief von 0,75 Prozent reduziert.
Rolf Obertreis
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