Tagesspiegel Data Debates: Digitalisierung zum Wohle des Patienten?
Unter anderem Gesundheitsminister Hermann Gröhe diskutierte bei den „Tagesspiegel Data Debates“ über die Chancen und Risiken der Digitalisierung.
Als Konrad Zuse in Berlin den ersten programmierbaren Computer präsentierte, wurden Arztbriefe, Befunde und Forschungsergebnisse noch handschriftlich auf Papier festgehalten. Heute, 75 Jahre später, hat mit einem Smartphone fast jeder seinen privaten Supercomputer in der Tasche, kann mit Gesundheitsapps Herzfrequenz, Schlafrhythmus oder Kalorienverbrauch selbst aufzeichnen.
Das körperliche Wohlbefinden wird digital, Daten werden für alle messbar. In der Medizin wird dieser digitale Fortschritt genutzt. Dienste wie Online-Sprechstunden werden angeboten, neue Erkenntnisse in der Forschung durch die Daten der Patienten gewonnen. Doch wer soll über die Gesundheitsdaten verfügen? Und wo liegen die Chancen und Grenzen der Digitalisierung?
Diese Fragen wurden am Donnerstagabend bei den „Tagesspiegel Data Debates“ diskutiert. Zu Gast waren unter anderem der Bundesgesundheitsminister für Gesundheit, Hermann Gröhe (CDU), Christoph Meinel, Direktor des Hasso-Plattner-Instituts für Systemtechnik (HPI) und Francesco de Meo, Geschäftsführer der Helios Kliniken. Tagesspiegel-Herausgeber Sebastian Turner moderierte das Gespräch.
Minister Gröhe betonte, dass er zutiefst davon überzeugt sei, dass ein solidarisches Gesundheitssystem den technologischen Fortschritt brauche. Allerdings sehe er die Stakeholder in der Pflicht, Patienten ausführlich über die Veränderungen aufzuklären und die Vorteile für jeden Einzelnen herauszustellen: „Man muss erklären, warum es zu deinem Wohl ist, wenn du deine Daten rausgibst. Wenn man sich auf Neuerungen einlässt, muss klar sein, dass es demjenigen etwas nützt“. Das Problem sei nicht die Digitalisierung an sich, sondern ein mangelndes medizinisches Verständnis der Patienten, dass durch den technischen Fortschritt deutlicher hervortrete.
Für Helios-Geschäftsführer Francesco de Meo ist eine Umstellung der Abläufe notwendig: „Natürlich können wir nicht einfach digitale Daten hin und her schicken. Es braucht immer auch einen Ansprechpartner.“ Neben den medizinischen Kenntnissen warnte Christoph Meinel vom HPI vor einer fehlenden digitalen Bildung der Patienten. „Man muss ein bisschen mehr von der virtuellen Welt verstehen, um sich selbstständig darin bewegen zu können. Man braucht Bildung, um zu entscheiden, was will ich“, sagte Meinel.
Die Patienten sollten Gröhe zufolge immer die Möglichkeit haben, selbst zu entscheiden, welche medizinischen Daten sie wem digital zur Verfügung stellen. Dass sie insbesondere ihren Ärzten vertrauen, zeigt eine aktuelle Studie von Deloitte und Bitcom. Demnach würden 55 Prozent der Patienten ihre Gesundheitsinformationen Medizinern bedenkenlos überlassen. Das Vertrauen gegenüber den Krankenkassen hingegen fällt deutlich geringer aus
Das Kernstück der elektronischen Patientenakte wird die elektronische Gesundheitskarte. Künftig sollen mit ihr medizinische Befunde, elektronische Rezepte, Patiententagebücher oder Patientenpässe gespeichert werden können. Die Pilotphase, in der erste Maßnahmen in 500 Praxen getestet wurden, sei erfolgreich abgeschlossen worden. Nächste Schritte würden jetzt folgen. „Wir werden dann die Daten von 70 Millionen Versicherten auf einem hohen Verschlüsselungsniveau miteinander verbinden“, sagte Gröhe.
Unter anderem soll es einen Notfalldatensatz geben, eine elektronische Liste, die wichtige Daten wie Arzneimittel des Patienten oder Unverträglichkeiten enthält. Sie soll Ärzten im Ernstfall helfen, schnell reagieren zu können. „Eine solche Patientenakte kann dann Leben retten“, sagte Gröhe. Das sei ein Meilenstein in der Digitalisierung des Gesundheitswesens.
Tagesspiegel Data Debates ist eine Initiative des Tagesspiegels in Partnerschaft mit Telefónica Deutschland. Die nächste Debatte findet am 29. Juni zum Thema Smart City statt. Infos unter: www.datadebates.de
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