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Spontaneität gefragt. Dolmetscher haben keine Zeit, beim Übersetzen von Debatten lange nachzudenken.
© picture alliance / dpa

Berufsbilder: Die Schnellversteher

Dolmetscher und Übersetzer brauchen nicht nur Sprachtalent und Fachkenntnisse, sondern auch Feingefühl für kulturelle Besonderheiten. Die Wege in den Job sind vielfältig.

Irgendwo zwischen den Zeilen könnte ein Wortspiel, ein Scherz oder eine Provokation stecken. Elena Zerlin muss bei ihrer Arbeit oft zweimal überlegen. Die 25-Jährige macht einen Master in Fachübersetzen an der Hochschule Würzburg-Schweinfurt. „Wenn ich beim Übersetzen eine Anspielung übersehe oder falsch deute, kann das peinlich sein“, sagt sie. Um solche Feinheiten zu erkennen, muss sie als Übersetzerin die Sprache perfekt beherrschen und die Kultur eines Landes verstehen.

Derzeit macht sie ein Praktikum bei einem Übersetzungsbüro in Frankfurt am Main, das sich auf Texte aus der Finanzwelt spezialisiert hat. Dort übersetzt sie etwa Geschäftsberichte. Dafür braucht sie Fachkenntnisse. „Man kann nichts von einer in die andere Sprache übertragen, wenn man von der Materie keine Ahnung hat“, sagt Zerlin.

Man kann sich nach Neigung spezialisieren

Der Übersetzer arbeitet mit schriftlichen Texten, der Dolmetscher mit dem gesprochenen Wort. „In nur wenigen anderen Bereichen kann man seine persönlichen Neigungen so gut zum Beruf machen“, erklärt Lisa Rüth vom Bundesverband der Dolmetscher und Übersetzer (BDÜ). Wer sich für Medizin interessiert, spezialisiert sich auf Texte oder Konferenzen in diesem Bereich. Wer sich für Technik begeistert, eignet sich Kenntnisse in dieser Richtung an. Der klassische Weg führe über ein Hochschulstudium mit einem Bachelor- oder Masterabschluss, erklärt Reiner Heard. Er ist Vorsitzender des Vorstands von Aticom, dem Fachverband der Berufsübersetzer und -dolmetscher. In manchen Bundesländern ist aber auch eine dreijährige Ausbildung an Berufsfachschulen oder -akademien möglich, die mit einer staatlichen Prüfung endet.

Wer Dolmetscher oder Übersetzer werden möchte, muss die Muttersprache perfekt beherrschen und ausgezeichnete Fremdsprachenkenntnisse schon zu Beginn der Ausbildung haben. „An den meisten Hochschulen gibt es Aufnahmetests, bei denen die sprachlichen Fähigkeiten geprüft werden“, erklärt Heard.

Wichtig sei außerdem eine gute Konzentrationsfähigkeit, sagt Heard. Wenn Dolmetscher während einer Konferenz übersetzen, müssen sie bei der Sache bleiben und dürfen sich nicht durch ein Geräusch ablenken lassen. Auch ein umfassendes Allgemeinwissen ist wichtig.

Vor allem Dolmetscher brauchen eine schnelle Auffassungsgabe und eine hohe Stressresistenz. Gibt es bei einer Konferenz Abweichungen vom geplanten Programm, müssen sie einen kühlen Kopf behalten und souverän reagieren. Mitunter haben Dolmetscher es außerdem mit Staatschefs, Topmanagern und anderen Prominenten zu tun. Ihnen gegenüber dürfen sie keinerlei Scheu zeigen.

Ausgebildet wird in zwei Sprachen

Unter Zeitdruck stehen aber auch immer wieder Übersetzer. „Wenn zum Beispiel eine Pressemitteilung übersetzt werden soll, muss das schnell gehen“, erzählt Zerlin. Als einen Nachteil ihrer Tätigkeit sieht sie, dass die Berufsbezeichnung nicht geschützt ist. „Letztendlich können ausgebildete Fachkräfte aber mit Qualität am Markt punkten“, ist Zerlin überzeugt.

Wer sich wie sie für ein Fachübersetzerstudium an der Hochschule Würzburg-Schweinfurt entscheidet, wird in zwei Fremdsprachen ausgebildet. Die Studenten besuchen außerdem etwa Seminare in Wirtschafts- und Rechtswissenschaften. Eine weitere Option ist das Studienfach Übersetzen und Dolmetschen. Mehrere Hochschulen bieten zudem Masterstudiengänge zum Konferenzdolmetscher an. Davor machen Studenten häufig einen Bachelor in internationaler Fachkommunikation oder Übersetzungswissenschaft. Wer an einer Fachakademie studieren möchte, muss monatliche Gebühren von um die 200 Euro einplanen.

Nach ihrem Studium beziehungsweise ihrer Ausbildung arbeiten die meisten Dolmetscher und Übersetzer freiberuflich. Festanstellungen gibt es etwa in mittleren bis großen Unternehmen, bei staatlichen Institutionen und bei der Europäischen Union. Das Einstiegsgehalt eines angestellten Dolmetschers oder Übersetzers kann gemäß den jüngsten Honorarumfragen des BDÜ bei um die 3000 Euro brutto monatlich, aber auch darunter liegen. „Bei den freiberuflich tätigen Fachkräften ist der monatliche Verdienst schwer zu kalkulieren“, sagt Rüth. Er hängt von der Auftragslage und unternehmerischer Kompetenz ab.

Der Tagessatz eines Konferenzdolmetschers kann laut BDÜ zwischen 800 und 1000 Euro liegen, Abweichungen nach oben und unten sind möglich. Ein Übersetzer wird in der Regel nach Textmenge bezahlt und kann pro Stunde zwischen 70 und 100 Euro verdienen. Es kann hier ebenfalls einmal mehr oder weniger sein.

Um solche Rechnereien macht sich Zerlin bislang keine Gedanken. Erst einmal will sie fertig studieren. „Das Schöne ist, dass man im freiberuflichen Arbeitsalltag viel Abwechslung hat und sich zudem die Zeit mehr oder weniger frei einteilen kann“, sagt sie. dpa

Sabine Meuter

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