Pilotenstreik bei der Lufthansa: Die Lufthansa bewegt sich – ein bisschen
Die Piloten streiken: Am Dienstag fallen 84 von 170 Langstreckenflügen aus. Der Konzern macht Zugeständnisse.
Wer heute in die Vereinigten Staaten oder nach Fernost fliegen will, wird sich ärgern. Die Aktienhändler aber zeigten sich wenig beeindruckt von der Ankündigung des 13. Streiks der Pilotenvereinigung Cockpit (VC) in dem nun schon seit April 2014 laufenden Tarifkonflikt. Kurz vor Börsenschluss am Montag notierte das Lufthansa-Papier mit einem kleinen Plus von 0,2 Prozent. Am heutigen Dienstagmorgen von 8 Uhr bis Mitternacht wollen die Piloten die Arbeit niederlegen. Betroffen sind die Langstreckenstrecken-Flüge und die der Fracht- Tochter Lufthansa Cargo. Vorausgegangen war das Platzen der Sondierungsgespräche durch VC am vergangenen Mittwoch. Die Gewerkschaft hatte auf eine Aussetzung der Planungsarbeiten zur Lufthansa-Billigfluglinie Eurowings gepocht, die ab Frühjahr 2016 Ryanair, Easyjet und Co Konkurrenz machen soll. Zudem fordert VC einen Tarifvertrag für die dort deutlich schlechter bezahlten Piloten. Lufthansa-Konzernchef Carsten Spohr lehnt das ab. Mittlerweile kritisiert auch die Flugbegleiter-Gewerkschaft Ufo die Piloten massiv und fordert sie zur Rückkehr an den Verhandlungstisch auf.
90 Maschinen starten wie geplant
Von den am Dienstag geplanten 170 Langstrecken- und sieben Frachtflügen muss die Lufthansa 84 streichen, wie sie am Montag mitteilte. 90 Maschinen können wie geplant mit Hilfe von freiwilligen Piloten von Frankfurt, München und Düsseldorf aus starten. Die Lufthansa hat nach eigenen Angaben alle betroffenen Fluggäste informiert und zudem im Internet einen Sonderflugplan veröffentlicht. Lufthansa zieht einzelne Flüge auf die Zeit vor 8 Uhr vor. Passagiere sollen aber auch auf die Konzerntöchter Swiss, Austrian und Brussels, im Notfall aber auch auf andere Airlines umgebucht werden.
Die Lufthansa will ihre Billig-Angebote langsam ausbauen
Am Freitag und am Sonntag hatte der Lufthansa-Vorstand an VC appelliert, wieder Gespräche zu führen. Man sei bereit, über das von VC vorgeschlagene Bündnis für Wachstum und Beschäftigung und auch über die neue Eurowings zu sprechen. Zudem will die Lufthansa beim Ausbau ihrer Billig-Angebote bis Jahresende langsamer vorangehen. Neue Piloten, die für zwei Jahre befristet bei Germanwings und Eurowings eingestellt werden, erhalten zwar weniger Geld als bei der Kernmarke, aber pro Jahr einen Einmalzahlung von 12 500 Euro. Mehr als 1000 Piloten hätten sich mittlerweile bei Eurowings beworben. Auch bei der Übergangsversorgung macht die Lufthansa Zugeständnisse. VC-Sprecher Markus Wahl bezeichnete die jüngsten Angebote am Montag gleichwohl als „substanzlos“.
Für Cockpit steht die Übergangsversorgung der Piloten im Vordergrund
Vordergründig geht es der VC um die Übergangsversorgung für die rund 5400 Piloten. Dort hatte man sich nach Angaben von Insidern deutlich angenähert. Wichtiger scheint den Piloten das Thema Auslagerung von Arbeitsplätzen in die neue Eurowings zu sein. Diese Gespräche sollten zumindest ausgesetzt werden, forderte Wahl. „Aber anstatt Zeit für konstruktive Verhandlungen zu schaffen, setzt das Lufthansa Management die Tarifflucht aggressiv fort.“ Er klagte auch über einen „massiven Stellenabbau“ für die Konzernpiloten. „Das ist falsch. Lufthansa baut nicht ab, sondern stellt keine neuen Piloten auf Basis des Konzerntarifvertrages ein. Die derzeitigen Arbeitsplätze im Cockpit sind sicher“, sagte Lufthansa-Sprecher Thomas Jachnow. Mit dem Angebot eines Bündnisses für Wachstum und Beschäftigung hatte VC eigenen Berechnungen zufolge Zugeständnisse in Wert von 500 Millionen Euro gemacht. Lufthansa gehe es um das Aufbrechen tarifvertraglicher Strukturen und letztlich um „die Schwächung der Gewerkschaft“, sagte ihr Sprecher Wahl. Die Airline beherrsche als Fast-Monopolist den Arbeitsmarkt für Piloten in Deutschland, Österreich und der Schweiz. „Um nicht einem Tarifdiktat unterworfen zu sein, sind starke Gewerkschaften nötig“, ergänzte er.
Lufthansa-cehf Spohr verteidigt seine Linie
Lufthansa-Chef Spohr, selbst Pilot mit einer Lizenz für den Airbus A 320, lässt sich wenig beeindrucken. „Wir haben die besten Piloten der Welt, und die müssen auch ordentlich verdienen. Aber wir müssen sie uns auch leisten können“. Dies sei wegen der wachsenden Konkurrenz der Billigflieger und der staatlichen Airlines vom arabischen Golf immer schwieriger. „Entweder wir passen die Gehälter dem Streckennetz an, oder wir passen das Streckennetz den Gehältern an.“ Mit Privilegien von gestern könne die Wettbewerbsfähigkeit der größten Fluggesellschaft in Europa nicht gesichert werden, so Spohr.
Auch die Flugbegleitergewerkschaft Ufo verhandelt mit der Lufthansa
Lufthansa müsse die Kosten auf das Niveau der Wettbewerber bringe, sagte auch Karl Ulrich Garnadt, im Lufthansa-Vorstand für das Passagiergeschäft verantwortlich. Diese Einsicht ist auch bei der Flugbegleiter-Gewerkschaft Ufo gewachsen. Sie verhandelt mit der Lufthansa noch mindestens bis Anfang November. Längst geht ein Riss durch die Lufthansa-Gewerkschaften. Ufo-Tarifexperte Uwe Hien hält VC vor, mit ihren Streiks letztlich Arbeitsplätze im der gesamten Lufthansa zu gefährden.