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Neu in der Stadt. Die IAA in München stellt Elektromobilität, Klimaschutz und Nachhaltigkeit in den Fokus.
© Reuters

Mobilität der Zukunft: Die Internationale Automobil-Ausstellung inszeniert sich neu

Anderer Standort, andere Ziele: Auf der IAA Mobility in München präsentieren sich die deutschen Autobauer als Vorreiter der Transformation.

Die deutschen Autohersteller nutzen die am heutigen Dienstag offiziell startende „IAA Mobility“, um sich als Treiber der Transformation zu präsentieren. Das Heimspiel von BMW, Daimler und Volkswagen findet am neuen Standort München statt, die Automesse will sich bis Sonntag als zeitgemäßes Mobilitätsevent einem breiteren Publikum öffnen. Auch Fahrradhersteller, Mobilitätsdienstleister und Umweltgruppen werden in das Messeprogramm integriert. Bundeskanzlerin Angela Merkel wird die IAA Mobility eröffnen.

Unter den Schlagworten Elektromobilität, Klimaschutz und Nachhaltigkeit, auf die kein Hersteller mehr verzichten kann, versuchen die deutschen Autobauer, sich mit geschärften Profilen voneinander abzugrenzen. So will BMW der „nachhaltigste Autohersteller der Welt“ werden und zeigt erstmals ein Auto, das komplett aus Recyclingmaterial hergestellt wurde. Daimler inszeniert die neue Luxusklasse für das Elektrozeitalter. Volkswagen erweitert sein E-Portfolio mit günstigen Einstiegsmodellen und glaubt an den baldigen Durchbruch der Robotaxis.

Nur grüner Lack: Umweltaktivisten planen Aktionen

Begleitet wird die Autoschau, die sich auch auf das Münchener Stadtgebiet ausdehnt, von Protesten und Demonstrationen. Der Autoverband VDA erwartet rund um die Eröffnung und am kommenden Wochenende größere Aktionen von Umweltaktivisten. Greenpeace hatte bereits am Sonntag vor der altehrwürdigen Isarpost in Münchens Innenstadt einen Informationsstand aufgebaut. Statt krawalliger Aktionen verwickelten die jungen Leute aber nur VW-Konzernchef Herbert Diess in ein Gespräch über die aus Sicht von Greenpeace mangelnden Klimaschutzanstrengungen des Autobauers und eine gemeinsame Gerichtsklage von Greenpeace mit der Deutschen Umwelthilfe.

Diess gab sich wie gewohnt umgänglich und verwies darauf, dass kein europäischer Hersteller so konsequent auf E-Mobilität setze wie Volkswagen. Anschließend betonte er bei der „Auto Night“ seines Konzerns, dass autonomes Fahren für die Autoindustrie noch wichtiger sei als die Elektrifizierung. 2025 sollen die ersten Robotaxis kommen. In Deutschland soll es in Hamburg beginnen, wo VW mit dem Fahrdienst Moia bereits aktiv ist. 2030 wird die Technik nach Diess’ Einschätzung verbreitet sein und neue Geschäftsmodelle hervorbringen. 15 Prozent des VW-Umsatzes würden dann auf geteilte Mobilität entfallen.

VW will Carsharing und Vermietung kombinieren

Robotaxis würden acht bis 15 Stunden am Tag genutzt, sagte Diess. Eine höhere Nutzungsdauer verbessere die Rendite. VW werde Carsharing und Vermietung kombinieren, dieselben Autos könnten für beides eingesetzt werden. Deshalb sei auch der Einstieg von VW bei Europcar wichtig. Solche Plattformen würden Angebot und Nachfrage zusammenführen. Durch die stärkere Nutzung der Autos habe man dann immer die neuesten Modelle in der Flotte. „Autonomes Fahren ist teuer in der Entwicklung, es kostet Milliarden, aber wenn es skaliert, rechnet es sich schnell.“

Porsche-Chef Oliver Blume kündigte an, dass der Stuttgarter Sportwagenbauer schon 2030 bilanziell klimaneutral sein werde. Auf Nachfrage erklärte Blume, dass „deutlich weniger als 20 Prozent“ über CO2-Zertifikate abgedeckt werde, der Rest durch eigene Anstrengungen. Porsche will in den nächsten Jahren mehr als eine Milliarde Euro in den Ausbau der erneuerbaren Energien investieren, inklusive E-Fuels..

Erstmals präsentierte VW am Montag einem größeren Publikum den neuen elektrischen Kleinstwagen der ID-Familie „ID.LIFE“, der in Spanien gebaut werden soll. Das Auto in der Größe eines VW Polo dürfte eine jüngere Zielgruppe ansprechen, 2025 auf den Markt kommen und weniger als 20 000 Euro kosten. VW erwägt sogar, ein noch kleineres E-Auto zu entwickeln.

Daimler setzt auf Luxus und SUVs

Daimler steigt am anderen Ende des elektromobilen Marktes ein: Die Stuttgarter setzen ganz auf Luxus-, Performance- und SUV-Modelle. Konzernchef Ola Källenius präsentierte in der Münchener Mercedes-Niederlassung unter anderem den neuen EQE, die elektrische E-Klasse. Zusammen mit Ex-Chef Dieter Zetsche und den Vorstandsvorsitzenden der wichtigen Zulieferer Continental, Nikolai Setzer, und Infineon, Reinhard Ploss, nahm Källenius das frühere Brot-und-Butter-Modell in Augenschein. Als Taxi, so heißt es im Unternehmen, werde man den edlen EQE aber wohl kaum auf der Straße sehen.

Neben einer sportlichen AMG-Version des Top-Modells EQS warf Mercedes einen Blick in die Zukunft: mit einem opulenten Maybach-SUV und einem elektrischen G-Modell. Den Geländewagen sähen Kritiker am liebsten dort, wo ihn die Mercedes-Werbung ironisch vermarktet: out of this world.

Die besten Produkte und Techniken müssen sich durchsetzen

Källenius steuert die Marke mit dem Stern Richtung „electric only“. „Es ist nur eine Frage der Zeit, bis der gesamte Markt elektrisch sein wird“, sagte er. „Wir werden am Ende der Dekade den Markt zu 100 Prozent elektrisch beliefern können.“ Unterstützung fordert der Daimler-Chef von der Politik, etwa beim Ausbau der Ladeinfrastruktur. „Bei einem Systemwechsel in dieser Größenordnung müssen Wirtschaft und Politik Hand in Hand arbeiten“, sagte er. Das „Fit for 55“-Paket der EU-Kommission formuliere die richtige Ambition: Durchsetzen müssten sich die besten Produkte und Technologien. Einer neuen Bundesregierung müsse die Symbiose von Klima- und Wirtschaftspolitik gelingen. Dann müsse die Branche keine Angst um das Auto haben.

BMW hat nach Meinung von Beobachtern im Wettbewerb der Elektromobilität an Fahrt verloren. „BMW muss schneller werden“, sagte etwa Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer dem Tagesspiegel. Der Hersteller sei früh und mutig mit E-Modellen wie dem i3 gestartet, habe dann aber den Mut verloren, eine eigenständige Elektroplattform (wie Volkswagen und Daimler) aufzubauen.

Altmaterial verwerten: BMW ist Vorreiter

Profil gewinnen wollen die Bayern als Vorreiter in Sachen Recycling, Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit. Am Montag präsentierte BMW-Chef Oliver Zipse mit dem „i Vision Circulator“ ein Konzeptfahrzeug, das zu 100 Prozent aus Altmaterial und nachwachsenden Rohstoffen hergestellt wird. Ob es in dieser Form in Serie geht, ist offen. Zipse – schwarzes Shirt statt Krawatte – sprach aber von einer „Denkweise, mit der wir die neue Klasse entwickeln“, eine elektrische Fahrzeugarchitektur für die Modellgenerationen ab 2025. Heute seien knapp 30 Prozent der BMW-Autos aus recyceltem Material gefertigt. Mit der neuen Klasse sollen es 50 Prozent werden.

Für alle Hersteller bedeutet der Umstieg auf die Elektromobilität, dass dabei die Zahlen nicht aus dem Blick geraten dürfen. Rohstoffe werden knapper und teurer, der Lieferengpass bei Halbleitern wird andauern. BMW rechnet in diesem Jahr zum Beispiel mit Zusatzkosten von mindestens einer halben Milliarde Euro für Rohmaterial. Daimler erwartet erst 2023 eine Entspannung der Chipkrise.

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