E-Roller: Die gefährlichsten Fahrzeuge im Straßenverkehr
Das kann böse enden: Elektroroller sind derzeit nicht versichert. Wehe, man wird in einen Unfall verwickelt.
Sollte Ihnen in diesen Tagen ein E-Tretroller auf dem Bürgersteig entgegenkommen, sind Sie gut beraten, die Flucht zu ergreifen: Schlagen Sie sich in die Büsche oder wechseln Sie die Straßenseite. Denn eine Kollision mit einem solchen Elektro-Tretroller könnte nicht nur körperlich schmerzhaft werden, sondern auch finanziell weh tun.
Die E-Scooter fallen durch alle Raster
„Bei Unfällen mit E-Rollern zahlt derzeit keine Versicherung“, warnt Christian Siemens vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft. Denn die Elektro-Scooter fallen durch alle Raster. Eine Kfz-Haftpflichtversicherung gibt es für sie – anders als für Mofas – nicht, weil die E-Roller bislang für den Straßenverkehr gar nicht zugelassen sind. Deshalb scheidet auch die Verkehrsopferhilfe aus, die sonst als letzte Rettung Opfer von Unfällen mit Kraftfahrzeugen finanziell unterstützt. Und die Privat-Haftpflicht, die bei Fahrradunfällen einspringt oder bei Kollisionen mit normalen Tretrollern, haftet nicht, weil sie motorisierte Fahrzeuge ausschließt.
Bei einer Kollision mit 20 km/h kann es Schwerverletzte geben
Obwohl E-Roller im Straßenverkehr verboten sind, flitzen viele mit ihnen unbekümmert über Bürgersteige oder Fahrradwege. Doch das ist riskant: Denn wenn ein Rollerfahrer einen Fußgänger erwischt, kann das böse enden. „Bei einer Kollision mit 20 km/h kann es Schwerverletzte geben“, warnt Siegfried Brockmann, Leiter der Unfallforschung der deutschen Versicherer. Und auch der Deutsche Verkehrssicherheitsrat befürchtet, dass Elektrokleinstfahrzeuge das Unfallrisiko für Passanten erhöhen. Trägt ein Fußgänger lebenslange Behinderungen davon, kann er sich zwar an den Fahrer halten – doch die finanziellen Ressourcen von Privatleuten sind schnell erschöpft.
Eine Versicherungspflicht ist richtig
Insofern begrüßen die Versicherer grundsätzlich den Plan von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), E-Roller offiziell für den Verkehr zuzulassen und eine Versicherungspflicht für ihre Betreiber vorzuschreiben. Auch Verbraucherschützer halten das für richtig: „Dem vielfachen Verkauf dieser Fortbewegungsmittel im Einzelhandel steht die aktuell nicht mögliche straßenverkehrsrechtliche Zulassung gegenüber“, gibt Claudia Frenz vom Bund der Versicherten zu bedenken. Gesetzliche Regelungen für eine Zulassung seien daher zu begrüßen, „logisch korrespondiert damit die Pflicht zum Abschluss einer entsprechenden Haftpflichtversicherung“.
Schon Zwölfjährige sollen mit E-Rollern über Bürgersteige brettern
So weit, so gut. Doch was Scheuer im Einzelnen plant, sorgt bei Brockmann, dem Unfallexperten, für blankes Entsetzen. Denn nach dem Willen des technikverliebten Ministers sollen schon Zwölfjährige mit E-Rollern unterwegs sein dürfen, die bis zu zwölf Kilometer pro Stunde schaffen, 14-Jährige sollen sogar bis zu 20 km/h schnelle Roller benutzen dürfen. Und während Scheuer die leistungsstärkeren Roller auf die Radwege lenken will, sollen die kleinen Gefährte dort eingesetzt werden, wo bislang die Schutzbedürftigsten aller Verkehrsteilnehmer unter sich sind – auf den Gehwegen.
Scheuer will auch E-Skateboards und Hoverboards auf die Gehsteige lassen
Für Brockmann ist das ein Unding: „Auf dem Bürgersteig haben Kraftfahrzeuge nichts zu suchen“, meint er. Umso mehr als im Ministerium bereits der nächste Coup geplant ist. Denn nicht nur E-Roller mit Lenkstangen sollen künftig mit staatlicher Zustimmung im Verkehr betrieben werden dürfen, auch E-Skateboards, Hoverboards und One-Wheeler, die ohne Lenkstange, aber mit Motor ausgestattet sind, sollen auf Bürgersteigen fahren dürfen. Lenken will bei diesen Gefährten gelernt sein, bremsen auch. „Solche Spielzeuge taugen gar nicht für den Straßenverkehr“, meint Brockmann.
Warum können Zwölfjährige nicht normale Roller nehmen?
Der Unfallforscher will E-Roller konsequent von Gehwegen verbannen und sie zudem nur Fahrern erlauben, die mindestens 15 Jahre alt sind. Dieses Mindestalter hatte Scheuer selbst in einem früheren Entwurf vorgesehen, ist davon aber inzwischen abgerückt. Der CSU-Politiker sieht die Mikromobilität – etwa E-Scooter und Hoverboards – zusammen mit dem öffentlichen Personenverkehr als „echte zusätzliche Alternative zum Auto, ideal etwa für die letzte Meile von der U-, S-Bahn oder Bushaltestelle nach Hause oder zur Arbeit“. Fragt sich nur, warum Zwölf- oder Vierzehnjährige diese letzte Meile nicht zu Fuß, per Rad oder mit einem althergebrachtem Tretroller bewältigen können.
Versicherer werden rechtzeitig Angebote liefern
Trotz aller Vorbehalte ist eines aber sicher: Wenn es um die künftige Versicherungspflicht geht, werden die Versicherer liefern. „Sobald der Gesetzentwurf verabschiedet wird, werden wir eine Kfz-Haftpflichtversicherung und eine Teilkasko-Versicherung anbieten“, heißt es bei der Huk-Coburg. „Wir werden rechtzeitig die entsprechenden Tarife kalkuliert haben“, bestätigt auch die Allianz. Was die neue Haftpflichtversicherung kosten wird, hängt aber maßgeblich davon ab, wo die Roller künftig fahren werden. „Das Risiko eines Unfalls ist auf dem Fahrradweg höher als auf der Straße und auf dem Bürgersteig am höchsten“, sagt Allianz-Sprecher Christian Weishuber. Entsprechend steigen dann auch die Prämien. Der Bund der Versicherten fordert, dass die neue Pflichtversicherung eine Deckungssumme von 100 Millionen Euro haben sollte. Das sind Größenordnungen, die auch für die Autohaftpflicht empfohlen werden. E-Roller sind demnach genauso riskant wie Autos? Für Verbraucherschützer scheint das ein klarer Fall zu sein.
Was ist mit E-Bikes?
Wie sieht es überhaupt im Straßenverkehr aus? Für Autofahrer ist die Sache klar: Ohne Kfz-Haftpflicht darf man nicht fahren. Die Versicherung sorgt dafür, dass im Fall eines Unfalls der Unfallgegner seinen Schaden ersetzt bekommt. Für Schäden am eigenen Auto sind dagegen die Teil- oder Vollkaskoversicherung zuständig. Auch Mofas brauchen eine Haftpflichtversicherung, Fahrräder dagegen nicht – das gilt auch für E-Bikes, zumindest dann, wenn sie maximal 25 km/h schaffen. Leistungsstärkere Pedelecs werden dagegen wie Mofas behandelt und gelten als Kleinkrafträder. Wie Mofas werden auch Segways eingeschätzt. Die zweirädrigen großen Elektroroller, mit denen auch in Berlin gern Stadtrundfahrten veranstaltet werden, brauchen daher ebenfalls eine Kfz-Haftpflichtversicherung.
- bbbbbb
- Brandenburg neu entdecken
- Charlottenburg-Wilmersdorf
- Content Management Systeme
- Das wird ein ganz heißes Eisen
- Deutscher Filmpreis
- Die schönsten Radtouren in Berlin und Brandenburg
- Diversity
- Friedrichshain-Kreuzberg
- Lichtenberg
- Nachhaltigkeit
- Neukölln
- Pankow
- Reinickendorf
- Schweden
- Spandau
- Steglitz-Zehlendorf
- Tempelhof-Schöneberg
- VERERBEN & STIFTEN 2022
- Zukunft der Mobilität