Welthandel - TTIP: Die Exportnation Deutschland braucht eine gute Infrastruktur
Hamburg braucht ein intelligentes, funktionierendes und effizientes Verkehrssystem, um erfolgreich zu sein, sagt der Hamburger Wirtschaftssenator.
Dieser Text ist Teil unserer Debatte zum Welthandel. Weitere Texte finden Sie hier:
Die internationale Wettbewerbsfähigkeit und der wirtschaftliche Wohlstand eines Landes sind stark abhängig von einer guten Infrastruktur. Gerade für die Bundesländer im Norden Deutschlands ist die Verkehrsinfrastruktur ein zentraler Wirtschafts- und Standortfaktor. Das gilt für Verbindungen auf der Straße, der Schiene, auf dem Wasser und in der Luft. Das Fließband des Welthandels ist der Seeverkehr. Mehr als 90 Prozent der weltweit gehandelten Güter werden über den Seeweg transportiert, Das unterstreicht die Bedeutung eindrucksvoll. Es zeigt weiterhin, dass eine Priorisierung der Investitionsentscheidungen des Bundes für den Ausbau der Hinterlandinfrastruktur dringend geboten ist. Großstädte um die interkontinentalen Häfen und Flughäfen nehmen dabei eine besondere Rolle ein. Zum einen sind sie Dreh- und Angelpunkte des Frachtverkehrs mit Übersee. Entsprechend sind die Strecken stadtein- und stadtauswärts durch den starken Warenverkehr massiv beansprucht und häufig sanierungsbedürftig. Oder sie müssen ausgebaut werden, um den wachsenden Herausforderungen auch gerecht zu werden.
Das Fließband des Welthandels ist der Seeverkehr
Für Hamburg kann ich sagen: Die Hamburger Wirtschaft schafft Arbeitsplätze für viele Menschen, auch weit über die Stadt und die Metropolregion hinaus. Damit diese Menschen zu ihren Arbeitsplätzen kommen können und die Produkte, die sie herstellen, Hamburg auch verlassen können, brauchen wir gute Verkehrswege. Das Gleiche gilt für die Waren, die im Hamburger Hafen ankommen und weiter verteilt werden müssen. Wie das ganze Land davon profitiert, macht eine OECD-Studie deutlich. Danach führt die Ausgabe von einem Euro im Hamburger Hafen zu zusätzlichen Ausgaben von 71 Cent in ganz Deutschland. Die gleiche Studie sagt, dass in Hamburg ein hoher Multiplikatoreffekt vorliegt. (d.h. jeder Euro, der im Hafen ausgegeben wird, führt zu 0,71 Euro an zusätzlicher Wertschöpfung in anderen Branchen) Die meisten positiven Effekte sind außerhalb Hamburgs spürbar und entfallen auf das übrige Gebiet der Bundesrepublik sowie weite Teile Mitteleuropas. Insgesamt wirken sich nur 13 % der Multiplikator-Effekte auf Hamburg und die benachbarten Bundesländer aus, jedoch fast ein Drittel auf die zwei großen süddeutschen Bundesländer, Bayern und Baden-Württemberg und mehr als die Hälfte auf das restliche Deutschland.
Das sind Fakten, die aus meiner Sicht der Bundesverkehrswegeplan abbilden muss. Wir brauchen eine verlässliche und solide Planung und Umsetzung für den Ausbau von Seehafenhinterlandanbindungen, den Hauptachsen, den Ausbau belasteter Knoten, die Schließung wichtiger überregional bedeutsamer Netzlücken und eine Einbindung transeuropäischer Verkehrsachsen. So ist es übrigens auch im Koalitionsvertrag, den die Regierungsparteien geschlossen haben, formuliert.
Ein funktionierendes Verkehrssystem ist für Hamburg Grundvoraussetzung
Ein intelligentes, funktionierendes und effizientes Verkehrssystem ist für den wirtschaftlichen Erfolg der Metropolregion Hamburg und ihrer Nachbarregionen Grundvoraussetzung. Hamburg ist bereit und willig weiterhin als Impulsgeber für die Region tätig zu sein – das hilft uns allen, jede Region braucht einen Leuchtturm um im internationalen Wettbewerb wahrgenommen zu werden.
Eine wachsende Bevölkerung, ein steigendes Güterverkehrsaufkommen, zunehmende Pendlerzahlen, sowie ein durch Wachstum geprägtes Tourismussegment führen insgesamt zu einer weiteren Erhöhung der Mobilitätsnachfrage. Die Sicherung umfassender Mobilität erfordert erhebliche Anstrengungen, wenn der Güter- und Personenverkehr gleichzeitig umweltverträglicher, effizienter und sicherer gestaltet werden soll.
Diese Aspekte führen zu der Frage, welche Verkehrsinfrastruktur wir in 10 und in 20 Jahren brauchen. Damit müssen wir uns heute schon sehr konkret beschäftigen, am besten schon bauen. Das ist vor allem bedeutsam, weil es aufgrund langer Planfeststellung der Vorhaben, intensiver Bürgerbeteiligung und komplizierter Rechtslage heutzutage Jahre dauert, bis ein Infrastrukturprojekt tatsächlich in Bau gehen kann. Es gibt zwar ein Gesetz „zur Verbesserung der Öffentlichkeitsbeteiligung und Vereinheitlichung von Planfeststellungsverfahren“, das führt im Ergebnis nicht dazu, dass Prozesse beschleunigt werden. Wie lange so etwas gegebenenfalls dauern kann, macht die Planfeststellung zur Fahrrinnenanpassung der Unter- und Außenelbe deutlich.
Die Debatte um die Elbvertiefung zeigt, wie lange Infrastrukturprojekte heute dauern können
Das Genehmigungsverfahren hat dreimal einen neuen Anlauf genommen, weil es mit entsprechenden Planungsänderungen auf die Vorschläge der Beteiligten Rücksicht nehmen wollte. Dadurch verlängerte sich die Verfahrensdauer dann auf fünf Jahre. Die Möglichkeiten für Bürger und Verbände waren so groß wie nie zuvor. Wir haben dafür Sorge getragen, unserer Informationspflicht umfassend nachzukommen. So waren alle Informationen ständig im Internet präsent. Es gab zahllose Informationsveranstaltungen vor Ort, und es fanden große öffentliche Anhörungen an verschiedenen Orten statt. Trotzdem war die Folge eine gerichtliche Auseinandersetzung, die nicht beendet ist.
Ich bin jedoch zuversichtlich, dass wir im kommenden Jahr eine positive Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts erhalten werden. Das Gericht hat im Laufe des Verfahrens bereits erklärt, dass an der Notwendigkeit des Projektes für den Wirtschaftsstandort Deutschland nicht gezweifelt wird. Dem mit der Fahrrinnenanpassung verbundenen Eingriff in Natur und Umwelt tragen wir mit zahlreichen Maßnahmen umfassend Rechnung.
Nur mit einer guten Infrastruktur können wir im globalen Handel bestehen
Im globalisierten Handel zu bestehen ist also zum einen abhängig davon, dass die Infrastruktur die entsprechenden Voraussetzungen bietet, zum anderen sind Standorte gefordert, Effizienz und Nachhaltigkeit zu verbessern. In Hamburg beschäftigen wir uns intensiv mit diesem Thema. Intelligente Lösungen für den Verkehrs- und Warenfluss im Hamburger Hafen sowohl unter ökonomischen als auch ökologischen Gesichtspunkten stehen bei unserem Projekt smartPORT im Fokus. Es geht dabei um die Infrastruktur und die Verkehrs- und Warenströme. Wir wollen auch die Nutzung von erneuerbarer Energie im Hamburger Hafen forcieren. Wir wollen umweltfreundliche Mobilität durch Energieumverteilung fördern und somit auch den Energieverbrauch reduzieren. Im Ergebnis wird so die Abhängigkeit von konventionell erzeugter Energie reduziert, Emissionen und Kosten gesenkt. Wirtschafts- und Individualverkehre im Hamburger Hafen bieten großes Potenzial zur Emissionssenkung und sind gleichzeitig ein hervorragendes Testumfeld für neue Ansätze. Vorrangige Ziele sind die Vermeidung von unnötigem Verkehr, die dauerhafte Verlagerung des Verkehrs von der Straße hin zu Schiene und Wasserstraße und schließlich die Senkung oder gar Vermeidung gesundheits-, umwelt- und klimaschädlicher Emissionen im gesamten Mobilitätsbereich. Entsprechende Lösungsansätze sollen die Nutzung von Energieaus erneuerbaren Quellen und die funktionale Integration von Mobilitätskonzepten in Speicherprojekte berücksichtigen.
Abschließend ist zu sagen, dass der Ausbau des Verkehrsnetzes unverzichtbare Bedingung für die Exportnation Deutschland ist. Der Erfolg dieses Standortfaktors im globalen Wettbewerb wird nur durch neue und stetige Investitionen zukunftsfähig sein. Das verbunden mit einer intelligenten Verkehrssteuerung und einer Erhöhung der Effizienz und Nachhaltigkeit der vorhandenen Verkehrsträger und Fahrzeuge muss der Plan für die Zukunft sein.
Frank Horch ist Senator für Wirtschaft, Verkehr und Innovation der Freien und Hansestadt Hamburg.
Frank Horch