Nur ein Mitarbeiter kontrollierte Wirecard: Die Bundesregierung kündigt der Prüfstelle
Im Wirecard-Skandal geraten Aufsicht und Prüfer zunehmend in Bedrängnis. Die Bundesregierung zieht jetzt erste Konsequenzen.
Felix Hufeld wird in dieser Woche einige unangenehme Fragen beantworten müssen. Am Mittwoch soll der Chef der Finanzaufsicht Bafin vor dem Finanzausschuss des Bundestages erscheinen. Der Grund: die Wirecard-Affäre.
Denn mit der Pleite des Konzerns geraten nun zunehmend diejenigen unter Druck, denen hätte auffallen müssen, dass da etwas nicht stimmt in der Bilanz des Finanzdienstleisters aus der Nähe von München.
Luftbuchungen in Höhe von 1,9 Milliarden Euro sollen da getätigt worden sein: Es wurde also auf dem Papier Geld gutgeschrieben, das das Unternehmen nie eingenommen hat.
Dass das nicht früher aufgefallen ist, könnte auch an der Art und Weise liegen, wie die Finanzaufsicht arbeitet. Denn statt die Bilanzen eines Unternehmens in einem solchen Fall selbst zu prüfen, hat die Bafin damit die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) beauftragt. Das ist – anders als der Name vermuten lässt – keine staatliche Behörde, sondern ein privatrechtlich organisierter Verein.
Dennoch ist er laut Gesetz für solche Aufgaben zuständig. Zumindest noch. Denn die Bundesregierung will der Prüfstelle als Reaktion auf den Wirecard-Skandal jetzt kündigen, wie ein Sprecher des Justizministeriums bestätigt.
Ein einzelner Mitarbeiter hat sich mit Wirecard befasst
Der Grund für Kündigung: Obwohl die Bafin die DPR bereits vor 16 Monaten mit der Prüfung der Bilanzen des Finanzdienstleisters beauftragt hat, ist sie bis heute zu keinem Ergebnis gekommen.
Das dürfte auch daran liegen, dass sich bei dem Verein nach Angaben der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ nur ein einziger Mitarbeiter mit Wirecard befasst hat. Private Prüfungsgesellschaften setzen an solche Fälle eigentlich dutzende Mitarbeiter. Die DPR war dafür aber offenbar unterbesetzt und holte sich auch keine externe Hilfe.
Die Kündigung dürfte allerdings nur ein erste Schritt sein. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat bereits vergangene Woche eine grundsätzliche Reform der Aufsicht gefordert. „Wir müssen unsere Aufsichtsstrukturen auch überdenken“, sagte er. Damit reagiert er womöglich auf die Kritik aus Brüssel. Die EU lässt das Vorgehen der deutschen Finanzaufseher in dem Bilanzskandal nämlich bereits von der europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde ESMA überprüfen.
Auch die Wirtschaftsprüfer müssen Fragen beantworten
In Bedrängnis geraten neben der staatlichen Aufsicht auch die privaten Wirtschaftsprüfer. Denn den Mitarbeitern von EY, die die Bücher von Wirecard seit Jahren untersuchen, hätten die Luftbuchungen ebenfalls auffallen müssen. Medienberichten zufolge sollen sie es in den Vorjahren verpasst haben, sich bei den Banken bestätigen zu lassen, dass Wirecard tatsächlich die ausgewiesenen Summen auf ihren Konten liegen hat.
Dabei gehört „die Überprüfung der Existenz von Bankguthaben zu den eher leichteren Aufgaben eines Abschlussprüfers“, schreibt die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK). Sie hat Strafanzeige gegen zwei amtierende und einen ehemaligen Abschlussprüfer von EY gestellt.
„Die Prüfer hätten gut daran getan, nach Manila zu fahren und mit den zwei Banken zu reden“, meint auch Michael Geschrei, Vorstandssprecher des Verbands für mittelständische Wirtschaftsprüfung. Im Interview mit dem „Handelsblatt“ spricht er von einem „Supergau“ für die Branche: „Die Prüfer haben bei Wirecard wohl nicht genau hingeschaut.“
Er kritisiert zudem das System: So werde die Prüfungsgesellschaft selbst von einer Aufsicht überwacht, in der langjährige Mitarbeitern der großen Prüfungsgesellschaften sitzen. mit dpa
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