EU-Ausstieg der Briten: Deutschen Autobauern droht Brexit-Crash
Ein harter Ausstieg der Briten aus der EU bringt bis zu 20.000 Jobs bei deutschen Herstellern in Gefahr. Jeder dritte in Großbritannien verkaufte Neuwagen kommt aus Deutschland.
Kommt es zu einem harten Brexit mit Importzöllen und einem dauerhaft schwachen Pfund, könnten in der deutschen Autoindustrie bis zu 20.000 Arbeitsplätze verloren gehen. Diese pessimistische Prognose des Beratungsunternehmens Deloitte, die am Donnerstag veröffentlicht wurde, fußt auf der Annahme, dass der Absatz deutscher Automarken auf dem wichtigen britischen Markt bei einem harten Brexit um bis zu 20 Prozent einbrechen würde.
Aktuell hängen laut Deloitte 60.000 Jobs in Deutschland an den Autoumsätzen auf der Insel. Großbritannien ist der wichtigste Exportmarkt der deutschen Autobauer. Die Berater schätzen, dass im Brexit-Jahr 2019 in Großbritannien insgesamt rund 550 000 Fahrzeuge weniger verkauft werden. Dies entspricht Umsatzeinbußen bei allen Herstellern von etwa 12,4 Milliarden Euro. Im vergangenen Jahr wurden in Großbritannien rund drei Millionen Neuwagen zugelassen, jeder dritte war ein Import aus Deutschland.
Importzölle und ein schwaches Pfund erhöhen die Kosten
„Wenn Automobilhersteller die steigenden Kosten eins-zu-eins an die Verbraucher weitergeben, gehen die Absatzzahlen und somit die Umsätze entsprechend zurück“, sagte Deloitte-Autoexperte Thomas Schiller. Hersteller und Zulieferer müssten reagieren, etwa indem sie Kosten senkten, ihre Preise intelligenter gestalteten oder Standorte verlagerten.
Weil Großbritannien im Fall eines harten Brexit unter die Zollvereinbarungen der Welthandelsorganisation fällt, würden auf Autos Importzölle von rund zehn Prozent und auf Autoteile rund 4,5 Prozent erhoben. Zusammen mit einem abgewerteten Pfund entspräche dieses Szenario einem durchschnittlichen Kostenanstieg um circa 15 Prozent im Vergleich zu einem Nicht-Brexit-Szenario. Deloitte geht bei deutschen Autos sogar von 21 Prozent Mehrkosten aus – im Schnitt 5600 Euro pro Fahrzeug. Die bei den Briten besonders beliebten deutschen Marken BMW, Daimler oder Volkswagen, aber auch in Deutschland gefertigte Modelle von Opel oder Ford würden entsprechend teurer. Selbst wenn die Hersteller die Kosten nicht komplett an die Kunden weitergäben, „müssen Konsumenten wohl tiefer für einen Neuwagen in die Tasche greifen“, schreibt Deloitte.
Investoren zögern wegen der Unsicherheit
Ob es tatsächlich zu einem harten Ausstieg der Briten aus der EU kommt, ist noch offen. Die Unsicherheit zeigt allerdings bereits wirtschaftliche Wirkung. Wegen des unklaren Ausgangs der Verhandlungen halten sich britische Unternehmen Finanzminister Philip Hammond zufolge mit ihren Investitionen zurück. „Sollten wir uns früh auf ein Übergangsabkommen einigen können, würde von den Unternehmen ein Seufzer der Erleichterung kommen“, sagte Hammond am Donnerstag dem Sender „Sky News“. Viele Firmen wollten zunächst eine bessere Vorstellung davon bekommen, wie die Gespräche mit der EU ausgehen dürften: „Je früher wir den Unternehmen diese Sicherheit geben können, desto schneller werden wir sie wieder zu Investitionen bewegen können.“ Premierministerin Theresa May hatte am Mittwoch angekündigt, bei den Brexit-Gesprächen die Sorgen der Wirtschaft berücksichtigen zu wollen. (mit Reuters)