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Die Deutsche Bank sieht sich hohen Forderungen aus den USA gegenüber.
© Arne Dedert/dpa
Update

14 Milliarden Dollar Strafe?: Deutsche Bank will Summe "in keinem Fall" zahlen

Im Streit um Hypothekengeschäfte vor der Finanzkrise 2008 fordert die US-Regierung 14 Milliarden Dollar Strafe. Auch der Wahlkampf in den US spielt womöglich eine Rolle

Frankfurt am Main/Washington - Am Donnerstag und Freitag saßen Vorstand, Aufsichtsrat und Top-Manager der Deutschen Bank in Mailand zusammen. Vorstandschef John Cryan wollte über die Strategie sprechen. Doch ein Problem aus grauer Vorzeit drängte auf die Tagesordnung: Ungeklärte Rechtsstreitigkeiten. In den USA droht eine gigantische Strafe für windige Hypothekengeschäfte. Diese gelten mit als Auslöser für den Zusammenbruch der Lehma-Bank vor neun Jahren und den Ausbruch der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise.
Diese Verantwortung zu schultern: das scheint eine Nummer zu groß – selbst für Deutschlands größtes Finanzinstitut: 14 Milliarden Dollar (rund 12,5 Milliarden Euro) fordert das US-Justizministerium in einem ersten Vergleichsvorschlag. Das teilte die Bank in der Nacht zum Freitag mit. Die Bank will so viel „in keinem Fall“ zahlen, keinen Vergleich abschließen, der „auch nur annähernd der genannten Zahl entspricht“, hieß es. Man erwarte ein Ergebnis im Bereich dessen, was andere Institute wegen umstrittener Geschäfte hatten zahlen müssen. Goldman Sachs zum Beispiel hatte 5,1 Milliarden Dollar auf den Tisch legen müssen. An der Börse brach der Kurs der Deutsche Bank-Aktie um acht Prozent ein.
Während diese Reaktion belegt, dass unter Experten, Börsianer und Analysten kaum einer solch hohen Forderung gerechnet haben, gibt sich die Deutsche Bank gelassen. Die Forderung aus den USA käme nicht völlig unerwartet, hieß es in der Frankfurter Zentrale. Das Institut sieht auch keine Veranlassung, die bislang gebildeten Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten von insgesamt 5,5 Milliarden Euro zu erhöhen. Angeblich halten Anwälte der Bank Zahlungen von zwei bis drei Milliarden Dollar für angemessen. Andere Experten nennen eine Spanne von vier bis acht Milliarden Dollar, umgerechnet wären das 3,5 bis sieben Milliarden Euro. "Die Behörden gehen oft mit einer hohen Forderung in das Spiel, um sich am Ende bei der Hälfte zu einigen", vermutet auch Christoph Schalast, Professor an der Frankfurt School of Finance. Innerhalb der nächsten zwei Monate sei mit einer Einigung zu rechnen, heißt es in der Bank. Vorstandschef Cryan will die größten Rechtsfälle noch in diesem Jahr abschließen.
Die Forderung des US-Justizministeriums bezieht sich auf Geschäfte der Bank in den USA zwischen 2005 und 2007 mit Wertpapieren, die durch Hypotheken abgesichert waren. Dabei handelt es sich um Hypotheken an kaum oder nicht kreditwürdige Hauskäufer, die dann in Wertpapieren gebündelt und am Finanzmarkt verkauft worden. Nachdem es zunächst hohe Gewinne gab, wurden diese Papiere genau wie die Hypotheken nach dem Zusammenbruch des Häuser-Marktes in den USA im Zuge der Pleite der Investmentbank Lehman Brothers wertlos.
Wie hoch der Vergleich mit dem US-Justizministerium letztlich ausfällt ist offen. Immerhin attestieren Experten der Deutschen Bank, dass ihr Hypothekengeschäft in den USA kleiner gewesen sei als etwa bei der Bank of America, bei Goldman Sachs oder Morgan Stanley. Die beiden letztgenannten mussten 3,2 und 5,1 Milliarden Dollar zahlen, die Bank of America 2014 die Rekordsumme von 16,65 Milliarden Dollar. Ein Jahr zuvor hatte JP Morgan Chase 13 Milliarden gezahlt. In der Deutschen Bank hofft man auf einen ähnlichen Ausgang der Verhandlungen wie beim Disput der US-Behörden mit JP Morgan. Dort habe zunächst eine Forderung von 22,5 Milliarden Dollar im Raum gestanden, am Ende hätten sich beide Seiten auf die Zahlung von 600 Millionen Dollar geeinigt. Bei Goldman Sachs habe die Forderung zunächst bei rund 15 Milliarden Euro gelegen.

Ein Schriftzug zeigt das Datum 15. September an der Zentrale von Lehman Brothers in New York am 15. September 2008. Der Zusammenbruch der Bank vor neun Jahren galt als Auslöser der Weltfinanzkrise. Deutsche Bank und andere sollen den Boden bereitet haben, lautet der Vorwurf.
Ein Schriftzug zeigt das Datum 15. September an der Zentrale von Lehman Brothers in New York am 15. September 2008. Der Zusammenbruch der Bank vor neun Jahren galt als Auslöser der Weltfinanzkrise. Deutsche Bank und andere sollen den Boden bereitet haben, lautet der Vorwurf.
© dpa

Erfahrungen aus ähnlichen Verfahren zwischen den amerikanischen Behörden und anderen Großbanken lassen zudem monatelange Verhandlungen zwischen Experten und Anwälten beider Seiten erwarten. Im Fall der Deutschen Bank wird möglicherweise auch der US-Präsidentschaftswahlkampf eine Rolle spielen, bei dem der Schutz amerikanischer Wirtschaftsinteressen eines der großen Themen ist. Die Nachrichtenagentur Reuters zitierte einen der größten Investoren bei der Deutschen Bank mit der Einschätzung, das Geldhaus werde am Ende möglicherweise 4,5 bis fünf Milliarden Dollar zahlen müssen, doch könnte sich diese Summe wegen der Auswirkungen des Wahlkampfes auf bis zu sieben Milliarden erhöhen. Das US-Justizministerium äußerte sich zunächst nicht. Seit 2012 hat die Deutsche Bank für die Beilegung von Rechtsstreitigkeiten bereits 12,7 Milliarden Euro aufwenden müssen. Die dicksten Brocken waren 2,5 Milliarden Dollar wegen Manipulationen von Interbanken-Zinsen in den USA und Großbritannien und weitere 725 Millionen Euro für diese Vergehen an die EU-Kommission. 2013 musste die Bank bereits 1,9 Milliarden Euro wegen Streitereien um Hypothekenpapiere in den USA zahlen. 925 Millionen Euro waren 2014 für den Vergleich mit den Erben des Medienunternehmers Leo Kirch fällig. Mehrfach musste die Deutsche Bank wegen fragwürdiger Zinswetten mit Städten und Gemeinden im In- und Ausland zahlen. Auch hier ging es insgesamt um hohe dreistellige Millionenbeträge. Zu den noch offenen großen Streitfälle gehören neben den US-Hypothekengeschäften vor allen zweifelhafte Aktien- und Geldwäschetransaktionen mit russischen Kunden in Moskau im Volumen von mehreren Milliarden Dollar. Aufsichtsbehörden haben bereits Verstöße festgestellt, die Bank hat Mitarbeiter freigestellt und disziplinarische Maßnahmen eingeleitet. Auf insgesamt 13 Seiten erläutert das Institut im jüngsten Quartalsbericht die wichtigsten Streitfälle. Insgesamt soll es noch mehr 7800 offene Verfahren geben. Im aktuellen Verfahren sehen Beobachter für die Bank auch eine Gefahr durch die anstehenden US-Präsidentschaftswahlen. Möglicherweise könne die US-Regierung gar nicht mehr weit hinter die jetzt bekannt gewordene Forderung gehen, wolle sie nicht politischen Schaden nehmen. Markus Rießelmann von Independent Research fürchtet, dass die Rückstellungen von 5,5 Milliarden Euro nicht ausreichen – bedenkt man auch das für Banken schwierige Umfeld mit niedrigen Zinsen und zunehmend strenger Regulierung. Die Deutsche Bank-Aktie solle man verkaufen, riet Rießelmann. Am Freitag verlor das Papier zeitweise fast acht Prozent auf rund 12,10 Euro. Das Rekordtief stammt von Anfang August: Da kostete die Aktie 11,07 Euro.

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