Elektronischer Assistent bei Saturn: Der Roboter hört noch schwer
Beim Elektronikhändler Saturn in Berlin fährt nun ein Roboter herum. Die futuristische Einkaufshilfe muss jedoch noch viel lernen.
So leicht lässt sich der Mensch nicht verdrängen. „Klingelingeling dürfte ich hier bitte durch?“, fragt der weiße Roboter. Der Mann vor ihm dreht sich zu der futuristischen Erscheinung um. „Das ist ja wie bei Star Wars hier“, sagt er verdutzt und kramt dann weiter in den DVDs. Der zylindrische Roboter mit der Wespentaille bittet weiter höflich, vorbeifahren zu dürfen, wird aber nicht für voll genommen.
Seit einigen Tagen fährt Paul in der ersten Etage des Saturn-Marktes im Europacenter herum. Die eine Hälfte der Kunden ignoriert den Roboter einfach, wenn er fragt, ob er ihnen die Adventskalender zeigen kann. Die andere Hälfte staunt und lacht über den digitalen Einkaufshelfer. Damit hat er seine Funktion als neue Kundenattraktion schon mal erfüllt. Ein Jahr lang hat Saturn das Gerät im Markt am Firmensitz Ingolstadt getestet. 520 Kilometer hat er dort zurückgelegt und 100 000 Kundenkontakte registriert. Nun wurde der Roboter in Berlin und Hamburg eingeführt. Weitere Märkte könnten im kommenden Jahr folgen.
Das Geschäft mit Serviceroboter boomt
Auch die Entwickler des Roboters waren gerade in Berlin und stellten am Mittwoch bei einer Jahrestagung der Fraunhofer-Gesellschaft zum Thema Künstliche Intelligenz ihre Vision vor. „Der Serviceroboter ist in Krankenhäusern, Pflegeheimen, Flughäfen, Hotels oder Museen einsetzbar“, sagt Ulrich Reiser, Chef von Unity Robotics, einer Ausgründung des Fraunhofer Institut für Produktionstechnik und Automatisierung in Stuttgart. Denn Roboter werden immer öfter auch außerhalb von Fabriken genutzt. In Japan setzt der Telekomunikationsriese Softbank seinen humanoiden Roboter Pepper in zahlreichen Mobilfunkläden ein und Nestlé will ihn dort in 1000 Läden stellen. Laut der International Federation of Robotics (IFR) wurde mit Servicerobotern im Vorjahr ein Umsatz von 4,7 Milliarden Dollar erzielt, das Wachstum lag bei 25 Prozent.
Das spürt auch Unity Robotics. „Wir erhalten mehr Anfragen, als wir bedienen können“, sagt Reiser. Um die Nachfrage besser bedienen zu können, hat das Start-up gerade eine Startfinanzierung vom High-Tech-Gründerfonds und anderen Investoren in einstelliger Millionenhöhe erhalten. Zudem fördert das Bundesforschungsministerium ein Projekt mit zwei Millionen Euro, bei dem der Roboter für die Pflege weiterentwickelt werden soll. Er soll am Ende in der Lage sein, ältere Menschen zu unterstützen. Denn dafür wurde der sogenannte Care-o-Bot ursprünglich konzipiert.
Doch das stellt sich in der Umsetzung schwieriger heraus, als eine Einkaufshilfe im Elektromarkt. Eine Idee ist es, die Pfleger bei laufintensiven Tätigkeiten zu entlasten. Der Roboter könnte beispielsweise Essen bringen oder schmutzige Wäsche transportieren. In der Praxis würde er dabei jedoch oft an Türen oder Fahrstühlen scheitern. „Türen öffnen ist für Roboter immer noch eine relativ komplexe Aufgabe“, sagt Reiser. Da sei es einfacher, die Abläufe in Pflegeeinrichtungen anzupassen. Eine andere Herausforderung ist jedoch auch die Interaktion – gerade mit älteren Menschen. Um sich zwischenmenschlich kompatibel verhalten zu können, soll der Roboter jetzt lernen, sein menschliches Gegenüber besser zu verstehen.
Die Kommunikation erinnert an nervige Telefonhotlines
Denn die Variante bei Saturn ist noch ziemlich begriffsstutzig. „Das habe ich nicht verstanden“, lautet Pauls häufigster Satz. Wenn doch, muss man immer wieder mit „Ja“ bestätigen und den Roboter dabei beinahe anschreien. Die Kommunikation mit dem futuristischen Gesellen erinnert daher an „Gespräche“ mit nervigen, automatischen Telefonhotlines. „Bei hohen Geräuschpegeln in der Umgebung kommt unsere aktuell eingesetzte Mikrofon-Hardware an ihre Grenzen“, räumt Reiser ein. Das soll jedoch demnächst überarbeitet werden.
Viele Kunden geben die Kommunikationsversuche daher schnell auf. Eine ältere Dame gibt sich dagegen Mühe. Auf die Frage des Roboters, ob sie etwas suche, antwortet sie: „Eventuell einen Kaffeevollautomaten.“ Doch Paul muss sie enttäuschen: „Ich konnte kein Produkt mit eventuell einen Kaffeevollautomaten finden.“
Auf zackige Befehle wie „Smartphones!“, „Kameras!“ oder „Kühlschrank!“ reagiert er jedoch und führt den Kunden zum entsprechenden Regal – solange es auf der gleichen Etage liegt. „Der ist schlauer als Abdul“, witzelt ein Verkäufer, als der Roboter vorbeikommt. Das kann er sich getrost erlauben, denn die Beratung kann Paul so schnell nicht ersetzen. Selbst simple Informationen wie Preise lässt er sich kaum entlocken. Am von der Saturn-Werbung versprochenen Small Talk scheitert der angeblich so „charmante Gesprächspartner“ ganz.
„Kannst Du morgen für mich arbeiten gehen?“, fragt ein Vater mit zwei Kindern. Doch Paul antwortet nicht einmal. Es wird wohl doch noch etwas dauern, bis die Kunden und Mitarbeiter von Saturn wegen Robotern nicht mehr arbeiten dürfen oder müssen.
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