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Im Fahrwasser. Laut Reederverband ist Deutschland weltweit die Nummer eins in der Container-Schifffahrt.
© dpa

Deutsche Reedereien: Der Onassis aus Ostfriesland

Alfred Hartmann führt ab Januar als Präsident die deutschen Reeder.

„Dem Geld darf man nicht nachlaufen, man muss ihm etwas entgegenkommen.“ Dieser Spruch hätte auch von Alfred Hartmann sein können. Trotz seiner rund 200 Schiffe ist der Ostfriese zwar noch einige Schiffslängen von der Position des einst größten Reeders der Welt entfernt, doch wenn es um Geschäftsideen geht, kann es der Mann aus Leer durchaus mit Aristoteles Onassis aufnehmen. „Ari“, der in seinen guten Zeiten um die 900 Schiffe bereederte, machte sein Geld vor allem mit großen Öltankern.

Die haben heute viele Reedereien. Tanker für Flüssiggas indessen hat noch nicht jeder in seiner Flotte. Alfred Hartmann schon. Ab 1. Januar 2015 steht der 67-Jährige an der Spitze des Verbandes Deutscher Reeder (VDR) und löst dort Michael Behrendt ab. „Wenn man nicht viel Geld hat, muss man eine Idee entwickeln“, sagt Hartmann in Anlehnung an Onassis. „Das läuft einem nicht zu.“

6000 Mitarbeiter auf hoher See

Hartmann hatte schon ein Berufsleben hinter sich, als er seine Reederei aufbaute. Er ist ein Kapitänsreeder, also einer, der zunächst selbst zur See gefahren ist. 1981 gründete er sein Unternehmen. Ein Jahr später fing er dann an mit dem Küstenmotorschiff „Ems-Liner“. Mit dem mit 1450 Tonnen Ladefähigkeit relativ kleinen „Kümo“ wagte er sich bis aufs Mittelmeer, bis nach Sizilien und nach Griechenland, um Getreide zu laden. Ein halbes Jahr später kaufte er sein zweites Schiff. Wie viele Schiffe ihm heute gehören, will Hartmann nicht verraten: Die Branche ist verschwiegen und Kapitän Hartmann macht da keine Ausnahme. Immerhin ist offiziell, dass Hartmann mit seiner Gruppe etwa 6000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf See und an Land in Lohn und Zwieback hält.

Hauptsitz der Unternehmensgruppe und Standort von zwei Reedereien ist Leer. Weitere Reedereien der Gruppe sind in Groningen (Niederlande) und Limassol (Zypern). Auch Reeder arbeiten gerne dort, wo das Personal preiswert und die Auflagen überschaubar sind. So hat Hartmann Ausbildungszentren, Trainingseinrichtungen respektive Crewing-Agenturen auch in Gdynia (Polen) und Manila (Philippinen) eingerichtet.

Großes Wachstum bei den Kleinen

Aus dem operativen Geschäft im eigenen Unternehmen hat sich Hartmann inzwischen zurückgezogen und seinem Sohn Niels das Ruder übergeben. Im VDR ist Alfred Hartmann seit 1998 Mitglied im Verwaltungsrat und gehört seit Dezember 2013 dem Präsidium an. Michael Behrendt, der den Verband seit 2008 führt, war bis Ende Juni Vorstandsvorsitzender der Großreederei Hapag-Lloyd und ist inzwischen in den Aufsichtsrat des Unternehmens gewechselt. Es kommt sicher nicht von ungefähr, dass ihm mit Hartmann nun kein Vertreter der Linienschifffahrt nachfolgt.

Alfred Hartmann gehört mit seiner Reederei zu den „Tramp-Schiffern“ – seine Routen ergeben sich aus gezielten Aufträgen. Und so dürfte er mit dem VDR auch verbandspolitisch in anderem Fahrwasser unterwegs sein als die Großreedereien. Hartmann sieht bei den Kleinen das größte Wachstum: „Dort wächst das Handelsvolumen in Höhe von fünf bis sechs Prozent pro Jahr“, erklärt er. „Zum Glück geht das meiste Kapital großer Investoren in die Großschifffahrt, die ja auch die langen Strecken fährt – aber die Verteilung übernehmen dann die kleineren Schiffe.“

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