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Testfeld. Künftig soll auch in Städten die Kommunikation zwischen automatisierten Fahrsystemen auf der einen und Fußgängern und Radfahrern auf der anderen Seite getestet werden.
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Autonomes Fahren: Der Mensch denkt, das Auto lenkt

Die Bundesregierung definiert den Rechtsrahmen für autonomes Fahren – ethische Fragen bleiben unbeantwortet.

Autonomes Fahren als Horrorvision: Ein von Computern gesteuertes Auto kann einen Unfall nicht mehr verhindern, Menschen kommen zu Schaden. Die Software, nicht der Fahrer, muss entscheiden, wen das Fahrzeug überfährt. Es sind Fragen wie diese, die auf dem Weg in die Zukunft des Autofahrens unbeantwortet sind: Wer entscheidet in extremen Momenten, wer trägt die Verantwortung und wer haftet, wenn der Mensch das Lenkrad an einen Autopiloten abgibt?

Die Bundesregierung hat sich am Dienstag bei ihrer Kabinettsklausur in Meseberg ebenfalls mit diesen Zukunftsfragen beschäftigt. Dabei wollte sie sich auf gesetzgeberische und ordnungspolitische Maßnahmen verständigen, die einen rechtlichen Rahmen für das autonome Fahren in Deutschland schaffen. Grundlage dafür ist ein Strategiepapier von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) mit dem Titel „Digitale Souveränität: Wir schaffen den Regelbetrieb für das Auto mit Autopilot“.

Im Kern zielt das Maßnahmenpaket auf rechtliche Klarheit: Autofahrer sollen bei der ordnungsgemäßen Benutzung von autonomen Fahrzeugen zumindest teilweise von Sorgfaltspflichten – und damit ihrer rechtlichen Verantwortung – befreit werden.

Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Hinter der plakativen Überschrift des Dobrindt-Papiers steckt ein ambitioniertes industriepolitisches Arbeitsprogramm. Das Autoland Deutschland soll „Leitanbieter für automatisierte und vernetzte Fahrzeuge“ bleiben und künftig „Leitmarkt“ des autonomen Fahrens werden. „Heute müssen wir das Auto noch einmal neu erfinden und stehen vor der größten Mobilitätsrevolution seit Jahrzehnten“, schreibt Dobrindt.

Das erinnert stark an die Zielvorgaben der Regierung beim Thema Elektromobilität. Und die Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit ist beim Thema Automatisierung ähnlich groß. Dabei erwarten die Verbraucher verlässliche Rahmenbedingungen: In einer Umfrage des Hightech-Verbandes Bitkom sprachen sich im vergangenen Jahr 41 Prozent der Befragten dafür aus, dass selbstfahrende Autos bald in Deutschland zugelassen werden. 86 Prozent forderten aber zugleich die Politik auf, offene Haftungsfragen rasch zu klären.

Weil die Technik den Gesetzen inzwischen voraus ist und die Industrie bereits an Geschäftsmodellen arbeitet, legt die Regierung nun nach. Mensch und Maschine sollen juristisch zunächst quasi auf Augenhöhe gebracht werden. Im novellierten Straßenverkehrsgesetz werde festgeschrieben, „dass automatisierte Systeme mit voller Kontrolle über ein Fahrzeug dem Fahrer rechtlich gleichgestellt werden“, heißt es im Dobrindt-Papier. Wer das Steuer aus der Hand gibt, soll also auf das – von den Behörden zugelassene – autonom fahrende Auto vertrauen und sich mit etwas anderem beschäftigen können: Zeitung oder E-Mails lesen. Zusätzliche Haftungsrisiken sollen für den Autofahrer nicht entstehen.

Justizminister will Gerichte fallweise entscheiden lassen

Was so eindeutig klingt, ist in der Koalition heftig umstritten. Justizminister Heiko Maas (SPD) möchte zum Beispiel die Gerichte im Einzelfall entscheiden lassen, ob ein Fahrer fahrlässig gehandelt hat, wenn er sich auf das computergesteuerte Auto verlassen hat. Die Autoindustrie hofft zwar, dass die Software in der Lage ist, Unfälle ganz zu verhindern. Kommt es aber doch dazu, soll ein Datenspeicher im Auto – ähnlich wie ein Flugschreiber in der Luftfahrt – die nötigen Beweise liefern, ob der Mensch oder die Maschine versagt hat. Eine Regelung zur Gewährleistung des Datenschutzes gibt es noch nicht.

Dass Autos überhaupt autonom fahren dürfen, erlaubt ein internationaler Vertrag. Er setzt allerdings voraus, dass der Fahrer das autonome System jederzeit übersteuern oder abschalten kann. 2014 wurde eine entsprechende Ergänzung dem so genannte Wiener Abkommen von 1968 hinzugefügt, in dem es heißt: „Jeder Fahrzeugführer muss unter allen Umständen sein Fahrzeug beherrschen, um den Sorgfaltspflichten genügen zu können und um ständig in der Lage zu sein, alle ihm obliegenden Fahrbewegungen auszuführen.“ Die Bundesregierung hat die Änderung, die das Wiener Abkommen ins digitale Zeitalter übersetzt, Mitte April in deutsches Recht übertragen.

Praxistests künftig auch in der Stadt

In der Praxis werden autonome Fahrzeuge bereits getestet, etwa auf einem Teilstück der Autobahn A9 in Bayern. Noch in diesem Jahr will der Verkehrsminister das Testfeld in die Stadt ausdehnen. Auto- und Digitalwirtschaft sowie Forschungseinrichtungen könnten so im Realbetrieb Erfahrungen und Daten sammeln. Im Mittelpunkt stehe die Kommunikation zwischen automatisierten Fahrsystemen auf der einen, Fußgängern und Radfahrern auf der anderen Seite, zudem die Vernetzung mit intelligenten Ampeln und Angeboten des öffentlichen Personennahverkehrs. Der Bitkom begrüßte die Maßnahmen: Mit ihrem Vorstoß treffe die Politik „den Nerv vieler Deutscher“.

Unbeantwortet bleiben vorerst die ethischen Fragen rund ums autonome Fahren. Dobrindt kündigt in seinem knappen Papier lediglich die Gründung einer Kommission mit Vertretern aus Wissenschaft, Autoindustrie und Digitalwirtschaft an. Sie sollen „klare Leitlinien für Algorithmen“ entwickeln, die die Reaktion des Fahrzeugs in Risikosituationen bestimmen. Weiter heißt es: „Eine Qualifizierung des Faktors Mensch ist unzulässig.“ Heißt: Grundsätzlich soll das Auto nicht unterscheiden zwischen vermeintlich wertvollen und weniger wertvollen Menschen. Und: „Ein Sachschaden ist einem Personenschaden immer vorzuziehen.“

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