Google: Der Erfolg kann schnell verglühen
Google ist momentan irre erfolgreich. Doch bald könnte es dem Konzern ergehen wie Yahoo, das seine Unternehmensteile auf der Resterampe feilbietet. Ein Kommentar
Ist Google wirklich das wertvollste Unternehmen der westlichen Welt? Vergangene Woche wurde Googles Mutterkonzern Alphabet an der US-Börse zum ersten Mal besser bewertet als alle anderen Aktiengesellschaften der USA. Mit 524 Milliarden Dollar Gesamtwert wurde die Firma taxiert. Für eine Firma, die nichts ist (außer eine Suchmaschine, ein Landkartendienst, ein Mailanbieter und die Heimstatt ein paar irrer Ideen), ist das ziemlich viel. Die Aktionäre würden dafür mehr ausgeben als für die Deutsche Bank, für Mercedes oder für den Ölkonzern Exxon. Im Augenblick wäre das sogar richtig.
Google hat kein konkretes Produkt
Zwar hat Google anders als die Stahlkonzerne, Telekommunikationsfirmen, Autobauer und Banken kein konkretes Produkt. Google erzählt nur eine tolle Geschichte: Es organisiert die Informationen dieser Welt kostenlos, liefert Gratisdienstleistungen wie Verkehrsmeldungen oder Mailadressen und verdient dennoch Geld. Googles Ware wird nicht mit Geld, sondern mit den Daten der Nutzer bezahlt. Je mehr Menschen eine Dienstleistung von Google nutzen, desto mehr Daten bekommt die Firma, desto besser werden die Dienstleistungen, desto wertvoller wird Werbung auf einer der Plattformen des Unternehmens, desto höher wird der Profit. Solange diese Kalkulation aufgeht, werden die Aktien zu Recht hoch bewertet. Doch irgendwann einmal wird diese Kette reißen.
Heute top, morgen flop
Auf- und Abstieg von Unternehmen beschleunigen sich in einem verstörenden Tempo: Wer Aktien als Geldanlage für die Altersvorsorge betrachtet, sollte sich tunlichst nicht mehr an die alte Regel halten, eine Aktie zu kaufen, wegzuschauen, und Jahre später dicke Gewinne zu kassieren. Die Wahrscheinlichkeit, dass das schiefgeht, ist ziemlich hoch.
Vorsicht beim Kauf von Google-Aktien
Die Internetfirma Yahoo zum Beispiel ist der sterbende Stern des frühen Internetzeitalters. Hier zeigt sich, wie eng die Spitzenposition im digitalen Universum und das Verglühen beieinander liegen. Vor 20 Jahren kam an Yahoo niemand vorbei, die Firma prägte mit ihrer Suchmaschine den Goldstandard des Internetzeitalters. Heute trennt sich der Konzern von einem großen Teil seiner Mitarbeiter und bietet seine Unternehmensteile auf der Resterampe feil.
Überheblich ist fehl am Platz
Wer überlegt, Google-Aktien zu kaufen, sollte sich die Yahoo-Geschichte genau anschauen. Google kann es bald ähnlich ergehen. Zwar sucht das Unternehmen nach neuen Geschäftsfeldern – im Weltall, mit selbst fahrenden Autos, mit Datenbrillen oder intelligenten Haushaltsdiensten – doch Geld verdient es damit bisher nicht. Schlimmer noch: Weltweit muss sich das Unternehmen dafür rechtfertigen, dass es zwar den größten Teil seiner Gewinne in den hoch entwickelten Volkswirtschaften erwirtschaftet, hier aber kaum Steuern bezahlt.
Ohne die Zustimmung der Regierungen wird es nicht gehen
Ohne den Willen der Regierungen dieser Länder wird Google aber hier weder führerlose Autos fahren lassen dürfen noch Stromzähler für intelligentes Energiemanagement installieren. Ihre Übermacht rechtfertigen die Google-Leute gerne damit, dass es morgen schon wieder vorbei sein könnte mit der Herrlichkeit. Irgendwo entstehe gerade das nächste große Ding. Deshalb sei es nicht schlimm, dass die Firma heute die digitale Weltwirtschaft dominiert.
Sie haben recht. Das nächste große Ding lauert sogar wahrscheinlich außerhalb des Google-Campus’. Wenn das stimmt, ist Google zwar eins der wertvollsten Unternehmen der Welt. In ein paar Jahren aber ist es das Unternehmen, das am schnellsten an Wert verliert.