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Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes stehen unter hohem Druck.
© picture alliance / dpa

Tarifverhandlungen: Der Dienst am Gemeinwesen ist uns teuer

Jetzt ist Zahltag, sagt der Beamtenbund und fordert sechs Prozent mehr Einkommen. Doch in den Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst geht es nicht nur um Geld.

Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes haben besonders in den vergangenen Monaten bis zum Umfallen gearbeitet. Sagen nicht nur seine Befürworter (zu denen nicht zuletzt die zählen, die im deutschen Vereinigungsprozess ohne die Beamten nichts hätten zuwege bringen können), sondern auch die Kritiker. Denn jetzt ist die Zeit ähnlich hart wie damals, 1989/90. Die Flüchtlingsfrage bringt alle unter Druck. Und so sagt der Beamtenbund: „Es ist an der Zeit, das zu honorieren. Jetzt ist Zahltag!“

So jedenfalls lässt sich der Zweite Vorsitzende und Vorstand für Tarifpolitik, Willi Russ, zitieren. Er fordert sechs Prozent mehr Einkommen bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Anlass ist der Beginn der Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst in Potsdam.

Im Wettbewerb gegen die freie Wirtschaft

„Die Versorgung der Flüchtlinge war ein Kraftakt. Gelungen ist er nur durch die unglaubliche Einsatzbereitschaft der Kolleginnen und Kollegen. Das verdient Anerkennung“, sagt Russ. Und stützt sich dafür auf eine aus seiner Sicht immer noch „sehr gute“ wirtschaftliche Entwicklung des Landes mit immer noch hohen Steuereinnahmen.

Eine faire Bezahlung ist das Stichwort für Russ – alles andere hielte er, und mit ihm die Mitgliedschaft des DBB, für eine „Bankrotterklärung“. Außerdem sorgt er sich – wie viele im öffentlichen Dienst auf allen Ebenen und in allen Sparten – um ausreichend qualifizierten Nachwuchs. Der muss dringend gewonnen werden; gewonnen gegen das, was die sogenannte freie Wirtschaft als starker Wettbewerber im Vergleich mitunter so bietet.

Haushalte leiden unter Schulden in Rekordhöhe

Ein gut arbeitender öffentlicher Dienst als Grundlage für ein funktionierendes Gemeinwesen, dem die Bürger vertrauen – das Argument würde auch der Präsident der Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände, Thomas Böhle, wohl unterschreiben. Aber sechs Prozent? Das ist für ihn „nicht darstellbar“! Und zwar deshalb, weil die kommunalen Haushalte – steigende Steuereinnahmen hin oder her – unter Schulden in Rekordhöhe leiden.

Böhle, sozialdemokratischer Personal- und Organisationschef der Stadt München, hofft sehr, dass die Tarifverhandlungen rasch zu einem Ergebnis kommen. Und dass Streiks vermieden werden können. Wiewohl auch er weiß, dass Arbeitskämpfe manchmal außerdem der Mobilisierung und dem Zusammenhalt geschuldet sind.

Sechs Prozent reichen nicht zur Wertschätzung

Von den Tarifverhandlungen sind insgesamt knapp zwei Millionen Beschäftigte betroffen. Laut DBB sind es: 147 335 Arbeitnehmer des Bundes, 1 241 845 Arbeitnehmer der Kommunen, 179 595 Beamte und 179 000 Versorgungsempfänger des Bundes, auf die der Tarifabschluss übertragen werden soll.

Also, sechs Prozent mehr Einkommen plus anderes – nicht darstellbar? So wie es sich darstellt, werden die sechs Prozent bei aller Wertschätzung nicht erreicht werden. Tarifverhandlungen haben schließlich ihre eigenen Gesetze. Man steigt hoch ein und trifft sich in der Mitte, vielleicht bei dreieinhalb Prozent mehr, dazu dann höhere Anreize für den Nachwuchs. Damit wäre dem Gemeinwesen gedient – und denen, die ihm dienen sollen.

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