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Stromsparen im Haushalt: Das Sparprogramm

Haushaltsgeräte, die wenig Energie verbrauchen, sind teuer. Trotzdem rechnen sie sich unterm Strich. Grüne und Umweltverbände fordern jetzt eine Abwrackprämie, um den Austausch von Stromfressern zu beschleunigen.

Wie Soldaten stehen sie da, ordentlich in Reih und Glied, grauer Edelstahl, mannshoch. Sechs Kühl-Gefrier-Kombinationen warten hier in dem Elektroladen am Potsdamer Platz auf Käufer. Fast alle Geräte sehen gleich aus. Erst wenn man genauer hinschaut, bemerkt man die Unterschiede. Bei der Orientierung helfen Schilder mit bunten Balken und Buchstaben – das Energielabel der EU.

DAS ENERGIELABEL

Mithilfe des Labels kann man auf einen Blick erkennen, ob das Gerät ein Stromfresser ist. Energiesparende Elektrogeräte tragen üblicherweise ein „A“, je weiter es im Alphabet nach hinten geht, desto größer ist der Stromverbrauch. Da Kühl- und Gefrierschränke, Waschmaschinen und Geschirrspüler diese Skala aber schon vor langem gesprengt haben, gibt es für sie heute Noten, die an Ratingagenturen erinnern. Die Klassenbesten bekommen „A+++“, die schlechten werden aussortiert. Kühlgeräte mit einfachem „A“ dürfen seit diesem Sommer nicht mehr in den Handel kommen.

DER PREIS

Die Pluszeichen haben Einfluss auf den Preis. 846 Euro kostet etwa das AEG-Gerät mit der Bestnote „A+++“ beim Händler in Berlin-Mitte. Das ist deutlich mehr als die 499 Euro, die man für das Schwestergerät in der Energieklasse „A++“ ausgeben muss. Von Samsung gibt es die Kühl-Gefrier-Kombi „A++“ für 699 Euro, in der „A+“-Variante zahlt man nur 496 Euro und bekommt dafür noch eine Fünfjahresgarantie geschenkt.

Zwei Beispiele von vielen. Die Frage: Ist es wirklich sinnvoll, beim Kauf hunderte Euro mehr auszugeben in der Hoffnung, diesen Aufschlag über die niedrigeren Stromkosten wieder hereinzuholen? Oder kann man auf lange Sicht gesehen sogar Geld sparen, wenn man sich für eines der teureren, energiesparenden Geräte entscheidet, wie sie derzeit auch auf der Funkausstellung zu sehen sind?

DIE ERSPARNIS

„Ja, es lohnt sich“, sagt Mandy Schoßig vom Freiburger Öko-Institut. Die höheren Kosten beim Kauf würden durch die Ersparnisse während der Nutzungsphase mehr als wettgemacht. Ausgerechnet hat das Öko-Institut das am Beispiel einer Kühl-Gefrier-Kombi. Ein Elektrolux-Gerät der Energieeffizienzklasse „A“ für 679 Euro würde über die gesamte Lebensdauer von durchschnittlich 14 Jahren Stromkosten in Höhe von 1140 Euro verursachen. Zum Vergleich hat das Öko-Institut die Kühl-Gefrier-Kombi von AEG untersucht: Klasse „A++“, Kaufpreis 869 Euro. Im Verbrauch ist das AEG-Modell 440 Euro billiger. Das zahlt sich aus: Unterm Strich führt das zu einer Ersparnis von rund 250 Euro – trotz des höheren Kaufpreises. Faustformel: Kühl- und Gefriergeräte mit „A+++“ oder „A++“ verbrauchen bis zu 50 Prozent weniger Strom als „A+“-Geräte, betont Schoßig.

DIE ABWRACKPRÄMIE

Was für Kühlgeräte gilt, lässt sich nach Berechnungen des Öko-Instituts auch auf Wäschetrockner, Fernseher, Energiesparlampen oder Waschmaschinen übertragen. Grüne und Umweltverbände fordern daher, dass der Staat den Austausch von Stromfressern durch neue energiesparende Haushaltsgeräte mit einer „Abwrackprämie“ unterstützen soll. Wer ein Kühlgerät der höchsten Effizienzklasse anschafft und sein Altgerät verschrottet, sollte dafür mit 200 Euro – inklusive Entsorgungskosten – belohnt werden, sagte Robert Pörschmann vom BUND dem Tagesspiegel. Auch Bärbel Höhn ist für eine staatliche Förderung. Allerdings müsse sichergestellt werden, dass „nur wirklich alte Geräte ausgemustert werden. Diese müssen auch tatsächlich entsorgt und nicht im Keller für Getränke weiterbetrieben werden“, gibt die stellvertretende Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen zu bedenken. „Zudem sollte der Zuschuss vornehmlich einkommensschwachen Haushalten zugute kommen“, sagte Höhn dem Tagesspiegel. Bei der Union sieht man das anders. „Wenn ein Gerät kaputt ist, sollte man beim Neukauf selbstverständlich auf Energiesparsamkeit achten“, sagte die Verbraucherschutzbeauftragte der CDU/CSU, Mechthild Heil, dem Tagesspiegel. „Ich halte es aber für wirtschaftlich unsinnig, ein Gerät zu verschrotten, das noch funktionstüchtig ist.“

Hinzu kommt: Für viele Gerätegruppen gibt es bislang gar keine Effizienzklassen. Anders als bei Waschmaschinen, Herden, Geschirrspülern oder Klimaanlagen sucht man bei Kaffeemaschinen, Laptops oder Handys vergeblich nach einer solchen Orientierungshilfe. Dabei sind gerade diese Geräte oft wahre Energiefresser. Bis zu 170 Kilowattstunden Strom verbraucht eine Kaffeemaschine im Jahr. Zum Vergleich: Die Kühl-Gefrier-Kombi von AEG, Energieeffizienzklasse „A+++“, kommt mit 157 Kilowattstunden im Jahr aus. Was tun? Michael Koswig von der Stiftung Warentest rät zur Selbsthilfe: „Besorgen Sie sich ein Messgerät, messen Sie, wie viel Strom das Gerät verbraucht, und rechnen Sie die Stromkosten selber aus“, meint Koswig.

DER SELBSTBETRUG

Holger Krawinkel, Energieexperte des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, warnt zudem vor dem sogenannten Rückpralleffekt. Weil die neuen Geräte weniger Strom verbrauchen als die alten, neigen Menschen dazu, sich beim Kauf des neuen etwas zu gönnen. So wird die alte Glotze durch einen Großfernseher ausgetauscht, der neue Kühlschrank bekommt zusätzlich einen Ice-Crusher. Und ein Teil der Ersparnis ist perdu.

DER VERBRAUCH

Das passiert auch, wenn man das schöne neue Energiespargerät falsch nutzt. Eine Waschmaschine, die nur halb gefüllt ist, verbraucht unnötig viel Wasser und Strom. 60-Grad-Wäsche verschlingt doppelt so viel Energie wie das 30-Grad-Programm. Ladegeräte sollte man vom Netz nehmen, wenn das Handy voll ist, Kühlschränke niemals neben dem Herd oder der Heizung aufstellen.

Auch die Verbrauchsangaben, die der Handel bei Kühlgeräten oder Waschmaschinen machen muss, sind nicht in Stein gemeißelt. Denn die dort angegebenen Kilowattstunden pro Jahr beziehen sich nur auf den Normfall, weiß Christiane Böttcher-Tiedemann von der Stiftung Warentest. Wer nur zweimal am Tag den Kühlschrank aufmacht, verbraucht wahrscheinlich weniger als angegeben. Wer aber ständig davorsteht und nachschaut, was es gibt, wohl mehr. „Überprüfen Sie Ihr eigenes Verhalten“, meint Böttcher-Tiedemann, „das kann mehr bringen als der Wechsel von A++ zu A+++.“

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