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Bei der Logistik gibt es weltweit derzeit einige Probleme. Das lähmt die Konjunktur zunehmend.
© Axel Heimken/dpa

IWF senkt Konjunkturprognose: Das mühsame Wachstum nach der Krise

Der Währungsfonds erwartet ein weltweites Wachstum von 5,9 Prozent. Doch die Perspektiven sind je nach Land sehr unterschiedlich.

Es sind nur 0,1 Prozentpunkte Unterschied zu den Werten aus dem Juli. Von 6,0 auf 5,9 Prozent hat der Internationale Währungsfonds (IWF) seine Prognose für das Wachstum der Weltwirtschaft im laufenden Jahr korrigiert. Mag diese Veränderung global betrachtet marginal sein, so verbergen sich dahinter doch große Probleme bestimmter Länder.

„Der Ausblick für die ärmeren Entwicklungsländer hat sich deutlich verdunkelt“, erklärte IWF-Chefvolkswirtin Gita Gopinath. Auch die kurzfristigen Aussichten der Industrieländer hätten sich unter anderem wegen Problemen mit globalen Lieferketten verschlechtert.

Für Deutschland hat der IWF seine Prognose um deutliche 0,5 Prozentpunkte nach unten korrigiert: Das Bruttoinlandsprodukt soll demnach 2021 statt um 3,6 nur noch um um 3,1 Prozent wachsen. Die Bundesregierung hatte im Frühjahr mit einem Plus von 3,5 Prozent gerechnet. Ob ihre Einschätzung nun ebenfalls negativer ausfällt, wird bei der Herbstprotektion Ende Oktober klar werden.

Noch mehr an Fahrt verloren hat nach Einschätzung des IWF allerdings die USA. Hier wird nun ein Wachstum von sechs statt bisher sieben Prozent erwartet. Die Eurozone insgesamt soll um fünf Prozent zulegen. Anders als Deutschland und die USA können etwa Spanien, Frankreich und Italien im Vergleich zur Juli-Prognose des IWF allerdings zulegen.

Impfungen machen den Unterschied

„Insgesamt haben sich die Risiken für die wirtschaftlichen Perspektiven erhöht“, hieß es im Weltwirtschaftsausblick, mit dem die IWF-Herbsttagung eingeläutet wurde. Als Beispiele werden Lieferkettenprobleme und die anziehende Inflation genannt. In vielen Entwicklungsländern verhindert die Pandemie eine Rückkehr zur Normalität. Der IWF warnte deshalb erneut vor riesigen Unterschieden bei der Erholung der Konjunktur. Das liege vor allem am Impffortschritt und den Staatshilfen für Unternehmen und Haushalte. In reicheren Ländern seien bereits knapp 60 Prozent der Bevölkerung vollständig gegen Covid geimpft, in ärmeren Staaten dagegen erst vier Prozent. Priorität müsse deswegen haben, Corona-Mutationen weltweit zu verhindern und Impfstoff in alle Länder zu bringen.

Für das kommende Jahr rechnet der IWF mit einem globalen Plus von 4,9 Prozent. Deutschland käme demnach 2022 auf ein Wachstum von 4,6 Prozent. Motor der Weltwirtschaft bleibt in beiden Jahren allerdings China. Hier werden Wachstumsraten von 8,0 und 5,6 Prozent erwartet – in beiden Fällen zwar ein Tick weniger als bisher geschätzt, aber deutlich über dem weltweiten Niveau.

Düstere Aussichten. Zu hohe Inflation, Lieferkettenprobleme und vor allem in den ärmeren Ländern auch noch immer die Corona-Pandemie gefährden die Erholung der Weltwirtschaft, prognostiziert der IWF in seinem Konjunkturausblick.
Düstere Aussichten. Zu hohe Inflation, Lieferkettenprobleme und vor allem in den ärmeren Ländern auch noch immer die Corona-Pandemie gefährden die Erholung der Weltwirtschaft, prognostiziert der IWF in seinem Konjunkturausblick.
© dpa

Ein eigenes Kapitel widmet der IWF der Inflation. Die zuletzt deutlich angezogenen Teuerungsraten gehen demnach auf mehrere Faktoren zurück. Beispielsweise sind durch die Pandemie Angebot und Nachfrage in vielen Branchen nicht mehr im Gleichgewicht, Rohstoffpreise und Energiekosten ziehen teils sprunghaft an, außerdem sind in der Coronakrise Sonderfaktoren wie in Deutschland die zwischenzeitlich gesenkte Mehrwertsteuer mittlerweile ausgelaufen.

Ärmere Staaten spüren vor allem die deutlich höheren Lebensmittelpreise – sie sind seit Ausbruch der Pandemie um rund 40 Prozent gestiegen. Prognosen zur Inflation seien schwierig, so der IWF. Ende des Jahres sollte aber für die meisten Länder der Höhepunkt erreicht sein. Mitte 2022 sollten sich die Teuerungsrate wieder auf Niveaus befinden, die vor der Coronakrise üblich waren. In einigen Schwellen- und Entwicklungsländern dürfte der Preisdruck allerdings auch nächstes Jahr hoch bleiben. Für Europa prognostiziert der IWF 2021 einen Zuwachs der Verbraucherpreise um 4,2 Prozent, 2022 noch um 3,6 Prozent.

Frankreich schnürt Industriepaket

Der pessimistische Blick – bei allen Wachstumsraten muss man bedenken, dass die Wirtschaft 2020 um 3,1 Prozent geschrumpft war – deckt sich mit dem ZEW-Konjunkturbarometer, das die Stimmung der Börsenprofis misst. Der Wert für die Einschätzung der kommenden sechs Monate sank im Oktober um 4,2 auf 22,3 Punkte und damit bereits das fünfte Mal in Folge. „Der konjunkturelle Ausblick für die deutsche Wirtschaft hat sich spürbar eingetrübt“, sagte auch ZEW-Präsident Achim Wambach.

Konsequenzen aus derlei Zahlen zog man am Dienstag in Frankreich, wo die Wirtschaft im Vorjahr sogar um empfindliche acht Prozent eingebrochen war. Um die Industrie zu stützen, präsentierte Staatspräsident Emmanuel Macron einen 30 Milliarden Euro schweren Investitionsplan zur wirtschaftlichen Modernisierung des Landes. Unter dem Namen „Frankreich 2030“ sollen Gelder vor allem in Kernbereiche der französischen Wirtschaft wie die Automobilindustrie, die Luft- und Raumfahrt, sowie den Ernährungs- und Pharmaziesektor fließen. Investiert werden soll auch in die Kernenergie mit der Entwicklung kleinerer Atomreaktoren. (mit rtr)

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