Inflationsrate bei 5,3 Prozent: Das Leben bleibt teuer
Im Dezember hat die Inflationsrate ihren vorläufigen Höchststand erreicht. Doch der Trend geht weiter nach oben.
Rasant gestiegene Energiepreise, Lieferengpässe und die Rücknahme der vorübergehenden Mehrwertsteuersenkung haben die Preise im vergangenen Jahr um 3,1 Prozent steigen lassen. Eine höhere Rate hatte es zuletzt 1993 mit 4,5 Prozent gegeben. Im Dezember stiegen die Verbraucherpreise sogar um 5,3 Prozent. Und dennoch erwarten Ökonomen und Europäische Zentralbank (EZB) in den kommenden Monaten eine sinkende Rate. „Der Höhepunkt der deutschen Inflationsentwicklung dürfte nun überschritten sein“, meinte Sebastian Dullien vom makroökonomischen Institut IMK. Die Inflationsrate werde im Jahresdurchschnitt 2022 vermutlich unter drei Prozent liegen.
Sonderfaktoren laufen aus
Bestimmte Sonderfaktoren, die 2021 für die Preissprünge gesorgt haben, laufen nach und nach aus. So waren Kraftstoffe und Heizöl schon im Dezember günstiger als im Vormonat und deren Beitrag zur Inflation spürbar geringer als noch im November, schreibt das IMK. Und im neuen Jahr verschwindet der Effekt aus der vorübergehenden Mehrwertsteuersenkung im zweiten Halbjahr 2020 aus der Statistik. Allein dieser Faktor hatte die Inflationsrate im zweiten Halbjahr 2021 um gut einen Prozentpunkt nach oben geschoben.
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Haupttreiber der Inflation waren jedoch die Energiepreise. Allein Haushaltsenergie verteuerte sich 2021 um mehr als ein Fünftel. Die Ursache dafür ist vor allem Corona. 2020 war die Nachfrage nach Strom, Erdgas und Steinkohle in Folge der Pandemie eingebrochen. Deshalb war zum Beispiel Strom 2020 deutlich günstiger als im Jahr 2019. Die Inflationsrate betrug im ersten Coronajahr nur 0,5 Prozent. Im Laufe des vergangenen Jahres erholte sich dann die Weltwirtschaft, sodass die Brennstoffpreise sprunghaft stiegen. Für Gas zum Beispiel mussten Rekord-Preise bezahlt werden. „Der kalte Winter 2020/2021 führte dazu, dass die europäischen Gasspeicher leerer waren als sonst, und bis zum Beginn der Heizsaison aufgrund der angespannten
Gas und Kohle viel teurer
Marktbedingungen auf einem unterdurchschnittlichen Niveau blieben“, zählt das Energiewirtschaftliche Institut in Köln (EWI) einen weiteren Grund für den Preisanstieg auf. Auch die Preise für Steinkohle erhöhten sich deutlich, was wiederum mit dem Gas zusammenhängt: Wenn Gas besonders teuer ist, springen Steinkohle-Kraftwerke ein, sodass die Nachfrage steigt und damit auch der Preis. Schließlich trugen die europäischen CO-2-Preise dazu bei, dass die Strompreise hierzulande im vergangenen Jahr ein Rekordhoch erreichten. „Da Stein- und Braunkohlekraftwerke einen höheren CO2-Ausstoß haben als Gaskraftwerke, steigt mit einem Wechsel von ]Gas- auf Kohlestrom der Bedarf an CO2-Emissionszertifikaten“, sagt Eren Çam vom EWI. Die höhere Nachfrage in Verbindung mit der Verschärfung der EU-Klimaziele und geringer Wind-Einspeisung führte zu Rekordpreisen von zuletzt fast 90 Euro je Tonne CO2.
CO2-Preis steigt weiter
Zum ersten Januar ist hierzulande der CO2-Preis weiter gestiegen, was zum Beispiel an der Tankstelle rund drei Cent je Liter Kraftstoff ausmacht. Gleichzeitig werden Anfang des Jahres viele Preiserhöhungen von Energieversorgern wirksam, sodass zumindest im Januar noch mit einer Inflationsrate zwischen vier und fünf Prozent zu rechnen ist. Der weitere Verlauf der Preissteigerung hängt dann wiederum von der Pandemie ab und den Lieferengpässen in der Industrie sowie den hohen Preisen für Rohstoffe und Logistik. Das Europäische Statistikamt teilte am Donnerstag einen Anstieg der Erzeugerpreise um gut 23 Prozent für den vergangenen November mit – so stark wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Die Produzentenpreise gelten als Frühindikator für die Entwicklung der Inflation.
Auch die Demografie erhöht die Preise
Unabhängig von der Pandemie könnten die Produktionskosten steigen, weil die „Deglobalisierung“ zwar die Resilienz von Liefer- und Wertschöpfungsketten erhöht, aber auch den Aufwand. Schließlich ist der Megatrend der Dekarbonisierung von Wirtschaft und Gesellschaft teuer und wird sich in den kommenden Jahren auf die Preise auswirken.
Das gilt auch für die Demografie und den verschärften Fachkräftemangel: In vielen Branchen (Gastgewerbe, Pflege, Handwerk) werden die Löhne und Gehälter erheblich steigen müssen, damit sich die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage etwas schließt. Das alles könnte zu einer dauerhaft hohen Inflationsrate von um die drei Prozent beitragen.