Argentinien: Das Land streitet mit Hedgefonds
Ein Urteil des obersten US-Gerichts bringt Argentinien in Not. Das Land muss Hedgefonds in Höhe von 1,3 Milliarden Dollar auszahlen. Der Grund: die Staatspleite vor zwölf Jahren.
Argentiniens Staatspleite liegt zwar schon zwölf Jahre zurück – doch seit Anfang dieser Woche sorgen die Nachwirkungen für erheblichen Wirbel in der Finanzwelt. Die schlechte Nachricht kam am Montag aus Washington und war Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner eine flammende TV-Ansprache wert. Wenige Wochen, nachdem ihre Regierung eine Einigung mit dem Pariser Club über noch ausstehende Rückzahlungen von Schulden aus der Staatspleite erzielt hatte, zeigten sich die Nordamerikaner unerbittlich. Der Oberste Gerichtshof der USA bestätigte ein Urteil eines New Yorker Gerichtes, wonach Argentinien den Gläubigern, die nicht an der Umschuldung teilgenommen hatten, das Geld komplett in bar und innerhalb von 15 Tagen zurückzahlen müsse.
Das stellt die Regierung in Buenos Aires vor ein Dilemma: Woher soll das international noch immer nicht kreditwürdige südamerikanische Land auf die Schnelle die 1,3 Milliarden Dollar hernehmen, die amerikanische Hedgefonds verlangen? Und wie „moralisch“ ist es, ein paar Spekulanten Geld in den Rachen zu werfen, wenn 92 Prozent der Gläubiger die Umschuldung akzeptiert haben und daheim 18 Prozent der Bevölkerung in Armut leben? Das sind zumindest die Schätzungen unabhängiger Institute.
Argentinien wehrt sich gegen die Hedgefonds
Argentiniens Präsidentin erklärte in ihrer Ansprache, sie werde sich nicht erpressen lassen. Die Hedgefonds, darunter Aurelius und NMLCapital des Multimillionärs Paul Singer, hätten die Papiere lange nach der Staatspleite für 48 Millionen gekauft mit dem Ziel, das Land anschließend zu verklagen. Gleichzeitig entwarf ihr Wirtschaftsteam mögliche Gegenstrategien, darunter eine juristische Revision, einen Antrag auf Stundung der Rückzahlungen, Verhandlungen mit den Hedgefonds oder eine Nichtanerkennung des Urteils. Letzteres würde allerdings die baldige Rückkehr Argentiniens auf die internationalen Finanzmärkte deutlich verzögern. Eine sofortige Auszahlung an die Hedgefonds gilt als unwahrscheinlich, nachdem sie zu den Lieblingsfeinden der Präsidentin gehören, und das Land Liquiditätsprobleme hat.
Der Hedgefonds Elliott hat mittlerweile immerhin eingelenkt. Er sei offen für Verhandlungen und würde neue Anleihen als Teil eines Vergleichs akzeptieren, schrieb das „Wall Street Journal“ am Donnerstag unter Berufung auf eine Person, die mit der Strategie von Elliott vertraut sei. Unklar ist, inwieweit Argentinien zu Kompromissen bereit ist.
Argentinien hatte seinen Gläubigern bei der Umstrukturierung 2005 und 2010 neue Schuldscheine mit einem Kapitalschnitt von 70 Prozent und längeren Laufzeiten angeboten. Da sie aber an das Wirtschaftswachstum des Landes gebunden waren, und Argentinien in der Folge der Krise zum Teil sogar zweistellige Wachstumsraten aufzuweisen hatte, erwies sich das Geschäft letztlich als gar nicht so schlecht. 92 Prozent der Gläubiger hatten das argentinische Angebot angenommen. Doch auch ihnen droht Unheil, zumindest denen, die in den USA leben. Denn mit dem Urteil des Obersten US-Gerichts in der Hand können die Hedgefonds jetzt alle argentinischen Aktiva in den USA beschlagnahmen lassen – auch die Ende des Monats anstehende Rate, die Argentinien stets pünktlich begleicht.
Staatsanleihen und Peso rutschten ab
Das Urteil, das an den argentinischen Märkten kurzfristig den Peso und die Staatsanleihen abrutschen ließ und mittelfristig die Gefahr einer Rezession birgt, liegt ganz auf der Linie der US- Rechtsprechung, die vertragliche Vereinbarungen für unantastbar erklärt. Seine globalen Auswirkungen sind komplex, denn das Urteil ist ein Freibrief für Finanzspekulanten, auch künftig Profit aus Staatspleiten auf Kosten der dortigen Steuerzahler zu schlagen. Spannungen sind auch mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) entstanden, der ursprünglich das Gericht über die finanziellen Folgen des Urteils informieren sollte, aber von den Richtern nicht gehört wurde.
Der IWF zeigte sich am Dienstag „besorgt“ über das Urteil, das der Finanzspekulation Vorschub leiste. Auch Länder wie Frankreich, Brasilien und Mexiko haben Argentinien verteidigt. „Ich bin entsetzt“, sagte der Vorsitzende der kirchlichen Antischuldenkampagne Jubileo, Eric Lecompte. „Das gibt den Hedgefonds neue Mittel in die Hand, um verschuldete Länder wie die Elfenbeinküste oder Sambia finanziell zu knebeln.“ Auch aus der griechischen Staatspleite hätten Hedgefonds damit Milliarden schlagen können – letztlich auf Kosten der europäischen Steuerzahler.
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