Neuer Eigner PSA: Das Herz von Opel ist in Gefahr
Bei Autobauer Opel stehen 4000 Stellen auf dem Spiel. Eigentümer PSA will offenbar Teile des Entwicklungszentrums verkaufen. Ein Betriebsrat ist sicher: Das kostet Opel die Zukunft.
Bei Opel kehrt weiter keine Ruhe ein. Jetzt droht die Arbeitnehmerseite sogar mit Streik. Grund: Angeblich sollen wichtige Bereiche des Entwicklungszentrums (ITEZ) in Rüsselsheim entweder verkauft oder in eine strategische Partnerschaft eingebracht werden. Betroffen davon wären knapp 4000 der rund 7500 ITEZ-Beschäftigten. Dies berichtet die französische Zeitung „Le Monde“. Weder der französische Autokonzern PSA (Peugeot, Citroen) noch Opel wollte die Spekulationen am Mittwoch kommentieren. Opel-Chef Michael Lohscheller betonte aber, das ITEZ bleibe Kern von Opel. Angesichts des abnehmenden Auftragsvolumens prüfe man aber „unterschiedliche Optionen, wie eine nachhaltige und erfolgreiche Aufstellung im ITEZ erreicht werden kann.“ Strategische Partnerschaften mit anderen Unternehmen seien eine Option. Aktuell seien aber noch keine Entscheidungen getroffen worden.
Betriebsrat kündigt Widerstand an
Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Wolfgang Schäfer-Klug reagierte gleichwohl empört. Offenbar habe PSA den Arbeitnehmern und der IG Metall die Unwahrheit gesagt. „IG Metall und Opel werden einen solchen Angriff auf das Herz der Marke Opel und die Beschäftigung im ITEZ nicht kampflos hinnehmen“. Lohscheller dagegen sagte, man habe dem Betriebsrat regelmäßig seit Dezember vergangenen Jahres gesagt, dass Partnerschaften im Engineering geprüft würden, um langfristig Beschäftigung zu sichern. Das sei sogar Pflicht des Managements.
Der Teilverkauf soll 500 Millionen Euro bringen
Angeblich hat sich PSA bereits mit dem französischen Dienstleister Altran über einen Verkauf der Bereiche geeinigt. Spekuliert wird über einen Kaufpreis von 500 Millionen Euro. Als Interessent wird auch die auf die Automobilbranche spezialisierte, renommierte Ingenieurfirma Bertrandt aus dem schwäbischen Ehningen genannt. Eine Sprecherin des Unternehmens wollte die Spekulationen nicht kommentieren.
Hat Opel noch eine Zukunft?
Opel-Betriebsratschef Schäfer-Klug zufolge würde ein „(Aus)-Verkauf“ der Opel-Entwicklung dem Unternehmen die Zukunft nehmen. „Das technologische Herz der Marke Opel schlägt im Engineering. Produktion. Service- und Verwaltungsbereiche können ohne Entwicklungszentrum der Marke Opel keine Identität geben“. Am heutigen Donnerstag wird es wegen der jüngsten Entwicklung in Rüsselsheim eine Betriebsversammlung geben, auf der auch Opel-Chef Michael Lohscheller Stellung beziehen soll.
Opel-Chef: Alle Modelle werden in Rüsselsheim entwickelt
„Unser Engineering ist und bleibt Kern von Opel. Alle künftigen Modelle werden hier in Rüsselsheim entwickelt“, versichert Lohscheller. Außerdem übernähmen die Opel-Ingenieure zahlreiche wichtige Aufgaben für die gesamte PSA-Gruppe. Aktuell haben die Ingenieure Opel zufolge die Verantwortung für 15 Fahrzeuge und Projekte im gesamten Konzern, unter anderem mit Blick auf die Brennstoffzelle. Lohscheller sagt aber auch, dass das Auftragsvolumen in den nächsten Jahren „drastisch“ zurückgehen werde. Grund: Noch arbeiten die Ingenieure Aufträge der früheren Opel-Mutter GM ab. Die aber laufen aus und neue wird es aus den USA nicht geben. Deshalb muss nach den Worten des Opel-Chefs mit der Arbeitnehmerseite nach Lösungen gesucht werden. Opel war im vergangenen August von PSA übernommen worden, zu dem bereits die Marken Peugeot, Citroën und DS gehörten. Ende Mai hatten sich Unternehmen und Arbeitnehmer auf eine Beschäftigungssicherung bis einschließlich Juli 2023 geeinigt. Dabei hatte man sich mit dem Betriebsrat über den Abbau von knapp 4.000 Arbeitsplätzen bis 2020 verständigt, der ausschließlich auf freiwilliger Basis erfolgen soll. Dies gilt auch für Beschäftigte im ITEZ. Wie viele genau ist unklar. Angeblich werden aber rund 1.000 der derzeit 7.500 Stellen gestrichen.
Autoexperte: Gravierender Einschnitt für Opel
Ähnlich wie der Betriebsrat sieht auch Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer einen möglichen Teil-Verkauf des ITEZ als gravierenden Einschnitt für Opel. „PSA-Chef Carlos Tavares scheinen deutsches Engineering und deutsche Autos deutlich weniger Wert zu sein als er wortreich behauptet“. Seine Beteuerungen, dass Opel unter PSA ein eigenständiger Autobauer bleiben werde, scheine wenig ehrlich und ernst gemeint gewesen zu sein.
Dudenhöffer hält PSA vor, dass der Verkauf großer Teile des ITEZ bereits bei der Übernahme im Sommer vergangenen Jahres geplant gewesen sei. „Die Franzosen haben von Anfang an mit verdeckten Karten taktiert und der Betriebsrat samt IG Metall scheint ‚blind’ gewesen zu sein“. Opel drohe sich, sagt Dudenhöffer, zu einer Verkaufsabteilung von PSA mit angeschlossener Produktion zu entwickeln.
Die Absatzzahlen von Opel sind nach wie vor schlecht, auch wenn das Unternehmen von Zehntausenden von Bestellungen für seine neuen Modelle berichtet. Während die Pkw-Neuzulassungen in Deutschland im ersten Halbjahr gegenüber dem Vorjahreszeitraum nach Angaben des Kraftfahrtbundesamtes um 2,9 Prozent zugelegt haben, ging es bei Opel um 7,1 Prozent auf 118.526 Fahrzeuge zurück. Dabei handelt es sich nach Angaben von Dudenhöffer zu einem erheblichen Anteil um Eigenzulassungen. Der Marktanteil lag bei 6,4 Prozent nach 7,1 Prozent im ersten Halbjahr 2017. Auch in Europa ist Opel bis Mai weiter zurückgefallen. Das Sanierungsprogramm „PACE“ könne zusätzlich zu internen organisatorischen Maßnahmen „auch strategische Partnerschaften umfassen“, teilte ein Sprecher auf Anfrage mit.
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