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Ebay-Chef von Deutschland: Oliver Klinck.
© Ebay

Ebay-Chef im Interview: "Das heißt gar nicht, dass Amazon böse ist, nein: die machen einen super Job"

Seit September ist Oliver Klinck Deutschland-Chef der Plattform. Im Interview spricht er über Konkurrenz zu Amazon, Einzelhandel und Ebays unscharfes Profil.

Die Corona-Krise hat den Online-Handel beflügelt. Wie stark wirkt sich das bei Ebay aus?
Tatsächlich haben wir eine Menge Kunden dazugewonnen und die bestehenden Kunden kaufen deutlich mehr ein. Wir hatten erst die Sorge, dass viele einmal kommen, beispielsweise um Masken zu kaufen und dann wieder weg sind. Doch das ist nicht so, beide Effekte scheinen nachhaltig zu sein. Wir ergreifen aber auch verschiedene Maßnahmen, um die neuen oder reaktivierten Kunden bei Ebay zu halten.

Welche sind das?
Bei Neukunden ist es wichtig, sie möglichst schnell zum nächsten Kauf zu bewegen, dazu geben wir verschiedene Anreize und Rabatte. Zudem hat vor allem die Anzahl der Kunden zugenommen, die nur etwas kaufen aber noch nicht Ebay genutzt haben um etwas zu verkaufen. Mit einem speziellen Programm versuchen wir gerade mehr als fünf Millionen Kunden auch zum Verkaufen zu bewegen, indem wir ihnen beispielsweise Gutscheine anbieten.

Und was raten Sie stationären Einzelhändler, die jetzt auch verstärkt auf Onlineverkauf setzen?
Die größte Herausforderung ist die Digitalisierung des Inventars. Darüber wird oft nicht geredet. Es reicht zum Beispiel nicht, einfach alle Artikel zu fotografieren und online zu stellen. Man muss sich auch überlegen, was der Kunde wissen und sehen will. Das ist weniger eine technische Hürde, sondern eine Frage der Einstellung. Wer es Online gut macht, denkt aus Sicht der Kunden.

Mit den Programmen Local Heroes und Ebay Cities unterstützen sie den Einzelhandel. Wie läuft das?
Local Heroes haben wir vor einem Jahr eingeführt. Denn in jeder Stadt gibt es Firmen, die nur dort aktiv sind. So ist beispielsweise in Mannheim Engelhorn der Platzhirsch für Sport & Fashion. Denen helfen wir eine Reichweite zu bekommen, die sie lokal nicht haben. Dabei beraten wir als Extraservice auch, wie Bilder aussehen sollten oder was man bei Logistik und Zahlungsmethoden verbessern kann. In der Coronakrise haben wir das Programm nochmal erweitert. Die Händler erhalten sechs Monate kostenlos einen Ebay Premium-Shop und profitieren von unserem Concierge-Kundenservice. Außerdem zahlen sie drei Monate keine Verkaufsprovision.. Dadurch haben wir schon mehr als 5000 neue Händler gewonnen. Die Initiative Ebay Cities ist etwas in den Hintergrund getreten, das werden wir aber wiederbeleben und stark erweitert neu starten.

Was haben sie da vor?
Angefangen hat es mit einer Anfrage aus Mönchengladbach, mittlerweile sind zwei, drei andere Städte dabei. Die Idee ist, den Städten und dortigen Händlern eine eigene Webseite und so mehr Sichtbarkeit zu geben. Mit Ebay Cities 2.0 soll sich jede Kreisstadt, die das möchte, eine eigene Plattform aufbauen können, auch unter der eigenen Domain. Wir stellen die ganze Technologie, da muss sich dann nicht der Bürgermeister, City-Manager oder die Wirtschaftsförderung darum kümmern. Damit sind die Händler gleich an unser ganzes System angeschlossen und wir können vielleicht noch Händler gewinnen, die sonst nicht zu uns kommen. Der Name ändert sich vielleicht noch, aber Anfang nächsten Quartals wird das verfügbar sein.

Änderungen gibt es auch bei der Zahlungsabwicklung, wie steht es da?
Wir haben eine große Vielfalt an Artikeln und Händlern. Der Nachteil ist, dass es manchmal ein bisschen kompliziert ist zu verstehen, wie man wann bezahlt. Das wollen wir für den Endkunden einfacher machen und sicherstellen, dass sie immer die gleichen Zahlungsmöglichkeiten angeboten bekommen. Das ist Kern unserer neuen Zahlungsabwicklung.

Ebay Deutschland sitzt vor den Toren Berlins; im Europarc Dreilinden in Kleinmachnow.
Ebay Deutschland sitzt vor den Toren Berlins; im Europarc Dreilinden in Kleinmachnow.
© picture alliance / Bildagentur-o

Wie sind da Zeitplan und Stand der Umsetzung? Wann wird es für Händler verpflichtend?
Seit dem Start der Zahlungsabwicklung haben wir bereits für 340.000 Händlerinnen und Händler Zahlungen abgewickelt, allein im zweiten Quartal repräsentierte das bereits 20 Prozent des Zahlungsvolumens. Damit sind wir auf einem guten Weg, die Mehrheit der Händlerinnen und Händler weltweit bereits 2021 in die Zahlungsabwicklung einzubinden und den Implementierungsprozess der Zahlungsabwicklung im Jahr 2022 abzuschließen.

Auch die Lieferprozesse wollen sie verbessern.
Genau, denn viele kleine Händlerinnen und Händler haben keine eigene Logistik. Diesen bieten wir an, die gesamte Logistik über uns abzuwickeln. Dann muss der Kunde nicht fünf Tage warten, weil die Person, die sonst die Lieferungen einpackt, beispielsweise gerade krank ist.
Reicht das, um den Rückstand zu Amazon aufzuholen?
Einen Rückstand haben wir beim Thema Same-Day-Delivery, also Lieferungen am gleichen Tag, und die werden wir in nächster Zeit auch nicht anbieten. Doch ansonsten fördert Amazon kleinere Händler nur, wenn sie exklusiv nur bei Amazon verkaufen. Das ist nicht unser Ansatz, denn unser Fullfillment-Service ist auch offen für andere Plattformen. Wir würden also auch Lieferungen für den Händler an Kunden verschicken, die über Amazon bestellt haben.

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Plattformwirtschaft ist ja inzwischen auch ein politisches Thema. Was für Regulierungen braucht es da, um den Markt fairer zu machen?
Wir treten nicht an und sagen, wir sind die Lieberen. Aber klar ist, dass wir keinen eigenen Bestand an Artikeln haben, also nicht in direkten Wettbewerb zu unseren Händlern treten. So müssen wir nie Entscheidungen treffen, ob wir womöglich unser eigenes Geschäft beschneiden oder das von Händlern, die auf unserem Marktplatz verkaufen. Aber vor allem geht es um Fragen der Marktmacht, durch immer größere Ökosysteme, die gebaut werden. Durch immer weitere Angebote wie Streaming gibt es Lock-In-Effekte in ein System, wo man als Kunde nur noch entscheiden kann, entweder ganz drin oder ganz draußen zu sein. Das heißt gar nicht, dass Amazon böse ist, nein: Amazon macht einen super Job. Aber letztlich sehe ich darin eine Monopolismusgefahr. Man muss fragen, ob Unternehmen so mächtig und groß werden, dass es gefährlich wird und immer mehr angrenzende Industrien schwächt. Wenn sie es nicht schon sind?

Mit Ebay-Plus, ihrer Konkurrenz zu Amazon Prime, wollen Sie also nicht auch so groß und mächtig werden?
Nein. Erstens weil wir es gar nicht können und zweitens, weil ich nicht etwas kopieren will, was andere super machen. Meine Strategie ist immer, zu schauen, wo die eigenen Stärken liegen. Wir sind die einzige große Plattform, auf der man kaufen und verkaufen kann. Das ist natürlich auch unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten extrem spannend. Wir sind die einzige große Plattform, wo man alles aus aller Herren Länder kaufen kann, in jedem Zustand. Diese Facetten will ich weiter herausstellen und nicht versuchen, ein zweites Amazon zu sein.

Soll es Ebay-Plus weiter geben und wie viele nutzen das?
Zahlen können wir leider nicht nennen nicht nennen, aber wir würden gerne noch mehr Kunden für Ebay Plus gewinnen,. Insofern werden wir das Programm weiterentwickeln und auch Ebay-spezifischer machen. Ich finde Ebay Plus war auch zu ähnlich zu anderen Programmen. Wir wollen eher das Thema “Kaufen und Verkaufen” stärken und Kunden belohnen, die sich an diesem Kreislauf beteiligen.

Heißt das der Fokus ist wieder mehr auf dem Handel von gebrauchten Artikeln? Zuletzt wurde gern betont, dass inzwischen 80 Prozent Neuwaren sind.
In unseren aktuellen Kampagnen heißt es „Neu, gebraucht und super selten“ und „Kaufen und Verkaufen bei Ebay“. Und das sind unsere Themen. Wenn Sie als Endkunde Produkte suchen, sind Sie ja in der Regel auch an genau dieser Auswahl interessiert. Manchmal will ich eben was Neues haben. Und manchmal ist ein älteres oder wiederaufbereitetes Gerät genau das Richtige. Oder ich möchte wegen Garantien vom professionellen Händler kaufen und manchmal ist auch ein Angebot eines privaten Verkäufers in Ordnung. Wenn ich das alles auf einer Plattform finde, wie bei uns, ist das ein extremer Vorteil. Daher will ich keinen 100-Prozent-Schwenk auf Gebrauchtware machen, sondern gerade diese Breite ausspielen.

Der Onlinehandel erwartet ein umsatzstarkes Weihnachtsgeschäft - Amazon dürfte stark profitieren.
Der Onlinehandel erwartet ein umsatzstarkes Weihnachtsgeschäft - Amazon dürfte stark profitieren.
© REUTERS

Trotzdem weiß man oft nicht, wofür Ebay steht. Wie wollen sie das ändern?
Da hat Ebay hat in der Tat Aufholbedarf. Wir brauchen ein klares Profil und es ist noch viel Aufklärungsarbeit nötig, um das zu kommunizieren. Und das werden wir jetzt innerhalb unserer Kampagnen tun.

Bei Gebrauchtwaren und lokal ist Ebay Kleinanzeigen stark, wie sehr schmerzt der Verkauf?
Deutschland ist das einzige Land, in dem unser Kleinanzeigen-Geschäft und unser Kerngeschäft mit dem Marktplatz den gleichen Namen tragen. Das war ein cleverer Move und hat dazu geführt, dass dieses Geschäft hier überhaupt so groß wurde. In fast allen anderen Ländern hat es andere Namen und nicht die gleiche Größenordnung. Ansonsten ist das aber ein komplett getrenntes Geschäft. Es gibt für uns also keine Trennungsschmerzen, bei der Technik oder den Kundenstämmen. Außerdem sind wir auch größter Anteilseigner an der neuen Company.

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Ein eigenes Angebot für junge Kunden, wie Catch, passt da aber auch nicht mehr so richtig rein, oder?
Catch haben wir gestartet, als Wish auch in den deutschen Markt eintrat. Da ging es um günstige Waren für junge Kunden. Wir haben aber hinterher festgestellt, dass wir das gar nicht brauchen. Denn junge Kunden, die solche Ware suchen, finden diese auch bei uns. Daher macht es keinen Sinn mehr, Marketing-Budget auszugeben, um eine Nebenplattform aufzubauen. Wir haben Catch daher an einen anderen Betreiber weitergegeben.

Die nächsten zwei Monate dürften ja das Geschäft des Lebens für e-Commerce werden: Weihnachten plus Corona-Effekte. Wie bereiten Sie sich darauf vor?
Es gibt einen großen Vorteil bei einem offenen Marktplatz, wie wir ihn haben: Wir haben nicht eine Lieferkette, sondern hunderttausende. Unsere Lager sind überall. Das hat man auch bei der ersten Coronawelle gesehen. Anfangs hatten die meisten Online-Händler Probleme, ihre Lager auf die neue Nachfrage einzustellen. Das war bei uns keine Herausforderung, weil wir das Crowd-Logistik-System haben. Und selbst wenn es irgendwo knapper wird, stehen dann bei einem Angebot vielleicht nicht mehr tausend Verkäufer hinter dem Produkt, sondern nur noch 500. Aber die Ware bleibt verfügbar. Und selbst wenn das wegbrechen sollte, gibt es ja den globalen Marktplatz, auf dem man bei Händlern im Ausland gucken kann.

Wird das viel genutzt?
Ja. Dieses Jahr sind beispielsweise sehr viel mehr Swimmingpools verkauft worden. Und wenn für die Nachfrage zu wenige attraktive Angebote von deutschen Händlern kommen, spielt unser System ganz viele aus Italien oder Spanien aus, wo viele professionelle Swimmingpool-Händler sitzen. Das ist der Vorteil unserer internationalen und offenen Plattform, sie managt sich selber.

Oliver Klinck (52) ist seit 2018 bei Ebay Deutschland und stieg im September zum Chef auf. Zuvor hatte er 15 Jahre in verschiedenen Positionen bei der Otto Gruppe gearbeitet.

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