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Nette Kollegen sind das wichtigste Merkmal für Zufriedenheit im Job.
© picture alliance / dpa

Zufriedenheit im Arbeitsleben: Das Glück sitzt im Büro

Nichts drückt die Stimmung mehr als Arbeitslosigkeit. Und für Zufriedenheit im Job zählen nette Kollegen mehr als Geld

Von Maris Hubschmid

So viel zu tun, den Schreibtisch voll trotz Überstunden – was gäbe man für ein paar zusätzliche freie Tage in der Vorweihnachtszeit! Für alle, die sich im Dauerstress fühlen, hält die jüngste Ausgabe des „Glücksatlas“ eine tröstliche Nachricht bereit: Arbeit ist der Schlüssel zum Glück.

Bereits zum fünften mal haben Forscher der Universität Freiburg im Auftrag der Deutschen Post und in Zusammenarbeit mit dem Bonner Meinungsforschungsinstitut Dimap die Zufriedenheit der Bundesbürger untersucht. Ein besonderes Augenmerk richteten sie dabei diesmal auf die Situation am Arbeitsplatz. Zuallererst steht die Erkenntnis: Erwerbstätige sind deutlich zufriedener mit ihrem Leben als Menschen ohne Beschäftigung. Das gilt für alle, also auch für Ruheständler und solche, die sich bewusst – etwa aus Gründen der Kindererziehung – gegen eine Berufstätigkeit entschieden haben. Besonders hoch aber ist die Unzufriedenheit unter denen, die als arbeitssuchend gemeldet sind.

Männer mittleren Alters leiden am stärksten

Während Erwerbstätige ihre Lebenszufriedenheit auf einer Skala von eins bis zehn mit 7,1 Punkten bewerten, liegen Arbeitslose mit 6,0 Prozent deutlich darunter. Am stärksten leiden Männer mittleren Alters mit hohem Bildungsniveau: Ausschlaggebend sind dabei vor allem finanzielle Einschränkungen und der Verlust des Selbstwertgefühls.

Unter denen, die Arbeit haben, ist die Arbeitszufriedenheit mit 69 Prozent bei den meisten hoch. Einmal mehr zeigt sich an dieser Stelle ein Zusammenhang zwischen Arbeits- und Gesamtzufriedenheit. Sind die Befragten mit ihrer beruflichen Situation im Reinen, geben sie sich auch grundsätzlich mit dem Leben zufrieden (8,02 Punkte). Hadern sie dagegen mit ihrem Job, kommen sie nur auf 5,89 Punkte insgesamt.

Vollzeiterwerbstätige verbringen im Schnitt fünfeinhalb Stunden mehr pro Woche mit Arbeit, als ihnen lieb ist. Bemerkenswert ist aber: Eine größere Unzufriedenheit als bei denen, die über zu viel Arbeit klagen, herrscht unter denen, die angeben, sie würden gerne mehr arbeiten als ihnen möglich ist.

Nette Kollegen wichtiger als das Gehalt

Wichtigster Faktor für Zufriedenheit im Job ist der Studie zufolge nicht etwa ein hohes Einkommen oder die Anerkennung der eigenen Leistung – sondern das Gegenüber. 67 Prozent aller Befragten sahen „nette Kollegen“ als entscheidendes Wohlfühl-Merkmal. Am nächsthäufigsten wurden die Sicherheit des Arbeitsplatzes (64 Prozent) und eine abwechslungsreiche Tätigkeit genannt (siehe Tabelle).

Nichtsdestotrotz wäre ein höheres Gehalt für die meisten Deutschen die größte Motivation, den Arbeitgeber zu wechseln. „Geld macht doch glücklich“, sagt Professor Bernd Raffelhüschen von der Uni Freiburg, der die Studie leitete und am Mittwoch in Berlin vorstellte. Auf den Verdienst schielen dabei vor allem die jungen Arbeitnehmer – die sogenannte Generation Y. Jeder Dritte würden seinen aktuellen Job für eine bessere Bezahlung hinwerfen, dagegen nur jeder Vierte unter den Babyboomern – die erwartungsgemäß aber auch mehr verdienen als der Nachwuchs. Um sich beruflich weiterzuentwickeln, würden 26 Prozent der zwischen 1980 und 1995 Geborenen wechseln, bei den Babyboomern sind es lediglich 14 Prozent. Auch andernorts zeigen sich unterschiedliche Betrachtungsweisen je nach Alter: So sorgen sich die Jüngeren häufiger um die Sicherheit ihres Arbeitsplatzes – obwohl sie sich statistisch betrachtet deutlich bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt ausrechnen dürfen als die geburtenstarken Jahrgänge jemals hatten.

Digitalisierung macht Berufsleben stressiger

Die Forscher fragten auch nach den Auswirkungen der Digitalisierung im Berufsleben. 55 Prozent finden, sie habe ihren Alltag eher erleichtert. 61 Prozent fühlen sich dank neuer Technologien auch produktiver. Mehr Zeit haben sie trotz der gesteigerten Effizienz dem eigenen Erleben nach aber nicht. Fast jeder Zweite sagt sogar, seine Tätigkeit sei stressiger geworden. 40 Prozent bemängeln Überwachung und ständige Erreichbarkeit. Auffällig ist, dass sich aus Sicht aller, vor allem aber der jüngeren Berufstätigen, Karriere und Familie nur schwer vereinbaren lassen.

Insgesamt sind die Deutschen im zurückliegenden Jahr ein kleines bisschen glücklicher geworden. Am zufriedensten zeigen sich unverändert Menschen in Schleswig-Holstein, wohingegen ihre Nachbarn in Mecklenburg-Vorpommern an ihrer Gesamtsituation am meisten auszusetzen haben. 25 Jahre nach der Wiedervereinigung gibt es dabei eine kleine Überraschung: Die Unterschiede im Glücksempfinden von Ost- und Westdeutschen haben sich deutlich verringert. Bis auf Mecklenburg-Vorpommern konnten alle neuen Bundesländer leicht zulegen. Den Schnitt hebt in erster Linie jedoch Brandenburg – bisher auf dem letzten Platz im Ländervergleich, stieg die Zufriedenheit vergangenes Jahr in keiner anderen Region so stark wie dort. Die Forscher führen das vor allem auf eine gesunkene Erwerbslosenquote und höhere Einkommen zurück. Berliner sind mit 6,89 Punkten unzufriedener als der Durchschnittsdeutsche (7,02), führen aber die östlichen Länder im Ranking an.

Entscheidende Zufriedenheitsfaktoren sind nach Aussage der Forscher dabei stets die vier großen „G“s: Gesundheit, Gemeinschaft, Geld und Gene. Glück bleibt also doch auch eine Frage der Mentalität – und beruht, wie schon der englische Schriftsteller Lawrence George Durrell feststellte, oft auf dem Entschluss, glücklich zu sein.

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