BER - Großflughafen Berlin: Chef von Air Berlin rechnet nicht mit BER-Eröffnung vor 2017
Weiß Air-Berlin-Chef Wolfgang Prock-Schauer mehr? Hat ihm sein Vorgänger Hartmut Mehdorn, heute Chef der Berliner Flughäfen, etwas gesteckt? Jedenfalls glaubt Prock-Schauer nicht an eine Eröffnung des BER 2016.
Berlins Freunde der Luftfahrt können warten. Müssen sie ja auch, immer wieder. So regiert am Montag niemand besonders erstaunt, als der Chef der größten Airline am Standort große Dinge ankündigt – aber nur für die fernere Zukunft. Air-Berlin-Chef Wolfgang Prock-Schauer erklärt beim Wirtschaftspolitischen Frühstück der Industrie- und Handelskammer (IHK), dass sein Unternehmen die Rolle als führende Airline in der deutschen Hauptstadt weiter ausbauen will – sobald der Umbau des Unternehmens abgeschlossen ist. Und das gehe erst, sobald der Bau des neuen Flughafen BER abgeschlossen ist. Damit rechnet Prock-Schauer nicht vor 2017.
Regelmäßig lädt die IHK Berlin Prominente aus Politik und Wirtschaft ein, bei einem Frühstück im Mitgliederkreis aktuelle Themen zu diskutieren. Mit rund 200 Personen war der große Saal im Ludwig-Erhard-Haus gut gefüllt. Kammerpräsident Eric Schweitzer leitet das Heimspiel von Prock-Schauer ein. Air Berlin verbinde die Hauptstadt mit der Welt, trage ihren Namen rund um den Globus und leiste einen „ganz erheblichen Beitrag zum wachsenden Besucherstrom“. Schweitzer dankt der zweitgrößten deutschen Fluggesellschaft dafür, dass sie frühzeitig auf den Standort gesetzt hat, als andere nicht einmal ansatzweise daran dachten.
Prock-Schauer dankt zunächst für die „dolle Unterstützung“, die Air Berlin in den letzten Wochen von Unternehmen und Politikern speziell aus Berlin, aber auch aus anderen Regionen erhalten hat. Die umstrittenen Codesharedienste, bei denen Air Berlin-Flüge auch eine Flugnummer der arabischen Partnergesellschaft Etihad tragen, seien „industrieübliche Praxis“ und „ganz klar genehmigungsfähig“, sagt er. Bei den jetzt angelaufenen Gesprächen auf Regierungsebene gehe es darum, den entsprechenden Passus im bilateralen Luftverkehrsabkommen eindeutiger zu formulieren.
„Mein Ziel war immer, in einer Fluggesellschaft zu arbeiten“, sagt der 57-jährige Österreicher. Noch als Student bewarb er sich bei der legendären PanAm. Doch die war gerade pleite und empfahl ihm, es woanders zu versuchen. Daraufhin startete er seine Karriere bei Austrian Airlines. Er sei „hart in der Sache, aber moderat im Ton“, sagt Prock-Schauer über Prock-Schauer. Das helfe in allen Kulturkreisen – etwa bei den indischen Jet Airways, die er während einer siebenjährigen Tätigkeit in Mumbai saniert, und an die Börse gebracht hat. Seit 2013 steht er an der Spitze von Air Berlin.
In Berlin will man Platzhirsch bleiben, bekräftigt Prock-Schauer also, der seine Ausführungen mit ausladenden Armbewegungen unterstreicht. Jeder dritte der 33 Millionen Passagiere, die seine Gesellschaft pro Jahr befördert, startet oder landet in Berlin. In Tegel hat sie einen Marktanteil von 50 Prozent, mit derzeit 2500 Mitarbeitern am Firmensitz gehört Air Berlin auch zu den größten Arbeitgebern der Stadt. „Wir wollen unsere Marktführerschaft weiter ausbauen“, sagt der Manager. Doch in Tegel lasse die Enge keine Expansion mehr zu. Deshalb sei der BER für ihn „extrem wichtig“. Dennoch solle man sich jetzt vor einer übereilten Inbetriebnahme „die Zeit nehmen, alle Probleme zu lösen“, fordert er. Und liefert seine persönliche Prognose zum Eröffnungstermin: „2016 glaube ich nicht mehr daran, 2017 sollte ein realistisches Datum sein.“
Obwohl der BER in seiner ersten Ausbauphase schon jetzt als zu klein gilt, befürchtet Prock-Schauer dort keine Kapazitätsprobleme. Allerdings müsse man schon jetzt eine modulare Erweiterung ins Auge fassen. Sorgen bereitet ihm da eher angesichts der häufigen Staus auf der Autobahn der Weg zum Airport: „Wichtig ist eine effizientere Anbindung ans Stadtzentrum“. Einem parallelen Weiterbetrieb von Tegel erteilt er im Gegensatz zu seinem Vorgänger Hartmut Mehdorn, der jetzt die Berliner Flughäfen leitet, eine klare Absage. Man kann nicht von beiden Standorten operieren, es müssen für alle Airlines gleiche Wettbewerbsbedingungen herrschen.
Noch hat Air Berlin die wirtschaftliche Krise nicht gemeistert. Mehr Geld vom großen Bruder Etihad ist wohl nicht zu erwarten. „Wir müssen aus eigener Kraft überleben“, so Prock-Schauer. So will man weitere 200 Stellen abbauen (siehe Kasten), unrentable Strecken streichen, und sich künftig auf die Kernmärkte konzentrieren. Am dreistufigen Geschäftsmodell – Europa-Linienverkehr, Langstrecken und Touristik – soll sich dagegen nichts ändern: „Alle Segmente sind wertvoll und werden einen positiven Ergebnisbeitrag liefern.“ Wenn dann erst einmal wieder operative Gewinne eingeflogen werden, werde man auch das derzeit noch negative Eigenkapital sukzessive verbessern können, sagt Prock-Schauer und schwingt zur Bekräftigung seinen Bleistift wie einen Taktstock.
„Fliegen war noch nie so billig wie heute“, resümiert er. Vor zehn Jahren hätten Passagiere das Doppelte oder Dreifache zahlen müssen. Die niedrigen Preise seien auch eine Folge der Konkurrenz. „Wir sind eine Konstante am deutschen Flughimmel“, erklärt Prock-Schauer gen Ende seiner Rede bei der IHK. Und das nicht nur in Berlin.