Kein Tarifvertrag für die Altenpflege: Caritas blockiert Allgemeinverbindlichkeit
Überraschende Entscheidung der Caritas-Arbeitgeber. Arbeitnehmervertreter sind entsetzt: Schlechter Tag für Pflegekräfte.
Dem Präsidenten der Caritas war die Entscheidung der eigenen Arbeitgeber unangenehm. Er nehme die Ablehnung eines allgemeinverbindlichen Tarifvertrags für die Pflegebranche „zur Kenntnis“, sagte Peter Neher. Aber die zuständige Kommission sei unabhängig. Zu „besseren Arbeitsbedingungen in der Pflege“ (Neher) sollte der Tarifvertrag beitragen, für dessen branchenübergreifende Wirkung die Zustimmung von Caritas und Diakonie erforderlich ist.
Die Arbeitgebervertreter in der zuständigen Kommission der Caritas lehnten das am Donnerstag ab, die Arbeitnehmer reagierten enttäuscht. „Wir bedauern die mangelnde Solidarität der Caritas-Dienstgeber.“ Ein allgemeinverbindlicher Tarif hätte für Hunderttausende zumeist bei privaten Anbietern Beschäftigte höhere Löhne bedeutet. „Dieses gesellschaftlich wichtige Projekt ist nun ausgerechnet an den Dienstgebern der Caritas gescheitert“, ärgerten sich die Dienstnehmer der Caritas. Die Arbeitgeber in der 62 Köpfe umfassenden Kommission sperrten sich vor allem aus grundsätzlichen Erwägungen gegen den Tarif: Sie wollen auf dem dritten Weg bleiben, wie das besondere Arbeitsrecht in den Kirchen bezeichnet wird: Es gibt keine Tarifauseinandersetzungen, sondern Dienstgeber und Dienstnehmer verständigen sich in Kommissionen über die Arbeitsbedingungen.
Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, die mit dem kleinen Arbeitgeberverband BVAP Ende Januar einen Tarifvertrag abgeschlossen hatte und den mit Hilfe von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) allgemeinverbindlich für die ganze Branche machen wollte, reagierte tief enttäuscht. Im monatelangen Verhandlungsprozess mit der BVAG hatte man die Wünsche von Caritas und Diakonie einfließen lassen, um am Ende deren Zustimmung für die Allgemeinverbindlichkeit zu bekommen. Das ging schief. Von einem „schlimmen Signal für die Beschäftigten in der Altenpflege“, sprach Verdi-Vorstandsmitglied Sylvia Bühler.
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Die Ideologen unter den kirchlichen Arbeitgebern würden auftrumpfen, Verlierer seien die rund 1,2 Millionen Beschäftigte in der Altenpflege. „Ideologie schlägt Humanität, das ist ein trauriger Tag für die Altenpflege“, meinte Bühler. Die Beschäftigten leisteten gerade auch in der Coronakrise Außerordentliches. „Jetzt müssen sie konstatieren: Nach dem Klatschen kommt die Klatsche.“
Von der Ablehnung des Tarifvertrages profitierten die privaten Arbeitgeber, „die das eklatante Personalproblem in der Altenpflege durch schlechte Löhne und miese Arbeitsbedingungen verursacht haben“. Ausgerechnet mit denen mache sich der kirchliche Wohlfahrtsverband gemein, schimpfte Bühler und stellte die Legitimation des besonderen Arbeitsrechts der Kirchen in Frage. Das ist vermutlich im Sinne der Mitarbeiterseite der Caritas, die für den Tarifvertrag votiert hatte. „Mit ihrer Verweigerungshaltung hat die Dienstgeberseite den Ruf und die Glaubwürdigkeit der Caritas massiv beschädigt“, meinten die Arbeitnehmervertreter.
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