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Verzerrter Wettbewerb. Die Unterzeichner kritisieren die Benachteiligung deutscher Airlines auf dem internationalen Markt.
© picture alliance / dpa

Ticketsteuer: Bündnis für Luftfahrt

Konzernchefs, Gewerkschaften und Betriebsräte fordern in ungewohnter Geschlossenheit die Politik zur Abschaffung der Luftverkehrsabgabe auf.

Die Industrie spricht von einem Bündnis, „das es so noch nie gegeben hat“. Auch die Gewerkschaften betonen, dass so viel Einigkeit selten sei. Mit insgesamt 15 Unterschriften verabschiedeten am Donnerstag Unternehmenschefs, Gewerkschaften und Betriebsräte eine gemeinsame Erklärung, in der sie die Politik eindringlich zu „mehr Engagement für den Luftfahrtstandort Deutschland“ auffordern. In der ungewöhnlichen Agenda klagen die Unterzeichner über „Wettbewerbsverzerrungen“ in Deutschland und Europa und fordern etwa einheitliche Arbeits- und Sozialstandards und ein Ende der Luftverkehrssteuer.

Man sei „in Sorge um die Branche“, sagte Klaus-Peter Siegloch, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft, stellvertretend für die anwesenden Chefs von Lufthansa, Air Berlin, Condor, Verdi und der Gewerkschaften Ufo und Cockpit sowie Betriebsräte verschiedener Flughäfen und den Frankfurter Fraport-Chef. Die Branche spüre derzeit „heftigen Gegenwind, der vor allem aus der politischen Richtung kommt“, sagte Siegloch. Er forderte die Bundesregierung zu einer „Kurskorrektur“ auf und verwies auf die einstimmig formulierte Forderung des Bündnisses zur Abschaffung der Luftverkehrssteuer.

Sie koste die deutschen Fluggesellschaften jedes Jahr rund 600 Millionen Euro und gefährde Unternehmen und Arbeitsplätze am Standort Deutschland, fügte Verdi-Chef Frank Bsirske hinzu. „Es besteht dringender Handlungsbedarf.“

Die Bundesregierung hatte die Luftverkehrsabgabe auf Flugtickets 2011 eingeführt, um mit den Einnahmen die jährliche Neuverschuldung des Bundes zu senken. Im ersten Jahr war damit knapp eine Milliarde Euro eingenommen worden. Auf eine eigentlich ab 2013 geplante Anhebung wurde allerdings verzichtet. Derzeit werden für innerdeutsche oder innereuropäische Flüge 7,50 Euro fällig, für Mittelstrecken 22,43 Euro und für Langstrecken 42,18 Euro. Fluggesellschaften und Flughäfen fürchten wegen der Steuer sinkende Passagierzahlen und – insbesondere bei grenznahen Flughäfen – eine Verdrängung von Geschäften ins Ausland.

Inzwischen gibt es auch bei CDU/CSU und der FDP Stimmen, die sich für eine Abschaffung der umstrittenen Steuer aussprechen. Auch Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) hatte Sympathie für die Forderung erkennen lassen. „Wir haben die Steuer nicht erfunden“, hieß es am Donnerstag im Ministerium. Ramsauer stehe „an der Seite der Luftfahrtbranche“. Anders Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), der an der Abgabe für Fluglinien festhalten will. Der Bundesrat hatte sich Ende vergangenen Jahres auf Initiative Bayerns für die Abschaffung starkgemacht. Die Länderkammer forderte die Bundesregierung auf, „noch in dieser Legislaturperiode ein Gesetz zur Abschaffung der Steuer vorzulegen“. Einem Antrag Bayerns hatten sich Hessen, Niedersachsen und Sachsen angeschlossen. Anfang der Woche hatten die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit, Verdi und die Flugbegleitergewerkschaft UFO im Bundestag eine Petition zur Abschaffung der Steuer eingereicht.

„Uns eint das Interesse, dass die Luftfahrtbranche wettbewerbsfähig bleibt“, erklärte Lufthansa-Chef Christoph Franz die ungewöhnliche Einigkeit von Konzernen und Gewerkschaften. Zu den Forderungen der am Mittwoch verabschiedeten Agenda zählt auch die Einbeziehung von Drittstaaten in den europäischen Emissionshandel, die Ablehnung weiterer Einschränkungen in den Betriebszeiten der Flughäfen (etwa Nachtflugverbote) und die Überwachung tariflicher und gesetzlicher Arbeits- und Sozialstandards, die für alle Unternehmen gelten müssten.

Henrik Mortsiefer

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