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Wer erbt, muss Steuern zahlen - manche versuchen das zu umgehen.
© dpa

Steuertricks: Bundesverfassungsgericht nimmt Pseudo-Firmenerben ins Visier

Der Trick ist clever: Rentner gründen eine Pseudo-Firma, damit ihre Erben keine Steuern zahlen müssen. Das Bundesverfassungsgericht könnte das bald kippen.

Ein umstrittenes Steuersparmodell steht auf der Kippe. Das Bundesverfassungsgericht will offenbar noch in diesem Jahr entscheiden, ob die weitgehende Steuerbefreiung von ererbtem Betriebsvermögen verfassungswidrig ist. Die Vorarbeiten sind in vollem Gange. Der Erste Senat des Gerichts stellte für die Bearbeitung sogar andere wichtige Großverfahren vorerst zurück, wie der Tagesspiegel jetzt erfahren hat.

Von der Entscheidung wären zunächst Erben von Handwerksbetrieben oder mittelständischen Unternehmen betroffen. Im Fokus der Richter stehen aber vor allem Steuerzahler, die nur aus dem Zweck Gesellschaften gründen, um Privatvermögen in Betriebsvermögen umzuwandeln. Dieser Vermögenstransfer lässt die Erbschaftssteuer auf ein Minimum abschmelzen. So können mitunter Millionensumme ganz ohne Steuer auf die Abkömmlinge übergehen.

Der Bundesfinanzhof, das höchste Gericht für das Steuerrecht, hat den Stein ins Rollen gebracht. Die Münchener Bundesrichter beurteilen die seit 2009 geltenden Vorschriften als „verfassungswidrige Überprivilegierung“ und legten sie Karlsruhe zur Prüfung vor. Hauptvorwurf ist, dass die Befreiung von der Erbschaftssteuer zu 90 Prozent gar nichts mit der Erhaltung von Arbeitsplätzen zu tun hat. Denn wer einen Kleinbetrieb mit maximal zwanzig Mitarbeitern erbt, für den ist die Weiterbeschäftigung der Mitarbeiter keine Voraussetzung, um von den Vergünstigungen zu profitieren.

Experten sprechen von einer Cash-GmbH

Selbst die Berliner Hochschule für Wirtschaft und Recht ist verblüfft, wie einfach man steuerfrei vererben kann. Auf ihrer Internetseite zum aktuellen Wirtschaftsrecht heißt es: „Die wohl verblüffendste Möglichkeit – ob ihrer Einfachheit steuerfrei zu vererben beziehungsweise zu verschenken – (ist) die Cash-GmbH. Es genügt vollkommen, eine GmbH zu gründen und sämtliche liquiden Mittel aus dem Privatvermögen einzulegen.“

Ein Beispiel: Ein vermögender Erblasser legt Festgeldkonten, Sparverträge oder Bargeld im Wert von zwei Millionen Euro in eine von ihm gegründete GmbH ein. Das Geld gilt dann als Betriebsvermögen. Folge: Nur 15 Prozent, also 300 000 Euro, werden als Wert für die Erbschaftssteuer zugrunde gelegt. Einzige Voraussetzung: Die GmbH muss nach dem Erbfall fünf Jahre lang gehalten werden. Zinsgewinne kann der Erbe in dieser Zeit aber schon entnehmen.

Da Kinder einen Freibetrag pro Elternteil von 400 000 Euro haben, würde sich die Erbschaftssteuer im obigen Beispiel auf null Euro belaufen. Dass die GmbH keine Beschäftigten hat, spielt keine Rolle. Denn nur für Betriebe mit mehr als 20 Arbeitnehmern gilt, dass die Erben weitere Lohnzahlungen nachweisen müssen, um die Steuerverschonung zu erhalten. Darunter gilt die Einschränkung nicht. Betriebe mit weniger als 20 Arbeitnehmern sind in Deutschland die Regel.

Das Problem: Ein Urteil könnte auch kleine Handwerksbetriebe belasten

Der Bundesfinanzhof zitiert in seiner Vorlage an das Bundesverfassungsgericht: „Nach dem Statistischen Jahrbuch 2011 des Statistischen Bundesamts beschäftigten im Jahr 2008 über 91 Prozent der erfassten Betriebe bis zu neun Arbeitnehmer. Rechnet man die Betriebe mit zehn bis 20 Arbeitnehmern hinzu, hatten deutlich mehr als 90 Prozent der Betriebe nicht mehr als 20 Beschäftigte.“

Aber nicht nur Cash-GmbHs, sondern auch Handwerksbetriebe können „steuervermeidend“ umschichten. Wird Privatvermögen auf den Betrieb umgeschrieben, zählt es zum Betriebsvermögen. „Von dieser Möglichkeit wird auch umfassend Gebrauch gemacht“, schreibt der Bundesfinanzhof. Vermietete Häuser oder Wertpapiere können allerdings nur begrenzt in Betriebsvermögen überführt werden. Diese Vermögensarten zählen zum Verwaltungsvermögen. Das Betriebsvermögen darf aber maximal zur Hälfte aus Verwaltungsvermögen bestehen, um unter den Abschlag zu fallen.

Auch darin sieht der Bundesfinanzhof eine Überprivilegierung von Unternehmenserben: „Da auch Erwerber großer und größter Unternehmen von den Steuervergünstigungen profitieren, begünstigen die Steuervorteile die Konzentration von Unternehmensvermögen bei vergleichsweise wenigen Personen. Um das vom Gesetzgeber angestrebte Steueraufkommen zu erreichen, werden zugleich die Erwerber von Privatvermögen und sonstigem nicht begünstigten Vermögen mit höheren Steuern belastet. Nach Auffassung des Senats ist diese Ungleichbehandlung verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt.“

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