Verbotener Informationsaustausch: Bundeskartellamt geht gegen Hersteller von Drogerieartikeln vor
Die Wettbewerbsbehörde verhängt ein Bußgelder von 39 Millionen Euro gegen insgesamt sechs Unternehmen für Drogerieartikel. Procter & Gamble und L'Oréal wehren sich.
Berlin - Das Bundeskartellamt hat erneut Bußgelder gegen führende Hersteller von Drogerieartikeln verhängt. Das Amt wirft Procter & Gamble, Beiersdorf und anderen vor, unerlaubt Informationen ausgetauscht und damit den Wettbewerb beeinträchtigt zu haben. Sechs Unternehmen der Branche und der Markenverband müssen rund 39 Millionen Euro zahlen, teilte die Wettbewerbsbehörde am Montag mit. In einer ersten Runde waren bereits Strafen in Höhe von etwa 24 Millionen Euro verhängt worden.
Führende Markenartikelhersteller hätten sich jahrelang bei offiziellen Verbandssitzungen über Preiserhöhungen, Rabattforderungen und die Verhandlungen mit den Einzelhändlern ausgetauscht, erklärte Kartellamtschef Andreas Mundt. Gemauschelt wurde demnach im Arbeitskreis „Körperpflege, Wasch- und Reinigungsmittel“ (KWR). Colgate Palmolive hatte die Behörden über den Informationsaustausch informiert, das Unternehmen muss deshalb keine Strafe zahlen.
Anders erging es einer ganzen Reihe bekannter Hersteller: Zu den Unternehmen, die jetzt belangt werden, zählen neben Beiersdorf und Procter & Gamble auch die Gillette-Gruppe, die heute zu Procter & Gamble gehört, die Kosmetikfirma L’Oréal und der Schuhcreme-Produzent Erdal-Rex. Während Beiersdorf den Bußgeldbescheid akzeptierte, will sich Procter & Gamble (Ariel, Pampers, Blend-a-med) gegen das Kartellamt zur Wehr setzen. „Wir werden gegen diese Entscheidung Rechtsmittel einlegen“, sagte eine Sprecherin dem Tagesspiegel. Es sei ein wesentlicher Grundsatz des Unternehmens, „sich an Wortlaut und Zweck der Gesetze zu halten, wo immer wir operieren.“ Auch L'Oréal Deutschland erklärte am Montag, gegen den Bußgeldbescheid „Einspruch“ einzulegen. Der Kosmetikhersteller habe sich „in keiner Weise an einem ,wettbewerbsbeschränkenden Informationsaustausch’ beteiligt“, erklärte eine Sprecherin. Daher weise man „die Beschuldigungen“ des Kartellamtes zurück. Der Markenverband, der den umstrittenen Arbeitskreis organisiert hatte, kündigte an, die Entscheidung des Bundeskartellamts zu analysieren und dann über Rechtsmittel zu entscheiden.
An dem verbotenen Informationsaustausch, der zwischen 2004 und 2006 stattgefunden hatte, hatten alle namhaften Hersteller von Drogerieartikeln teilgenommen. Gegen Unternehmen wie Unilever (Dove, Axe), Henkel (Persil), Schwarzkopf (Schauma) und Johnson & Johnson (Bebe, Penaten, OB) war das Kartellamt bereits 2008 und 2011 vorgegangen. Die Bußgeldbescheide über insgesamt 24 Millionen Euro sind inzwischen rechtskräftig.
Dass die Bußgelder angesichts der Größe der Unternehmen nicht noch deutlich höher ausgefallen sind, liegt daran, dass die Konzerne zwar bei ihren regelmäßigen Treffen Informationen ausgetauscht haben, das Kartellamt ihnen aber konkrete Preis- oder sonstige Absprachen nicht nachweisen konnte. Obwohl es sich nicht um Kartelle im eigentlichen Sinne handelt, geht das Amt gegen die Hersteller vor, denn auch der Austausch von wettbewerblich relevanten Informationen sei „kartellrechtlich verboten“, betonte Behördenchef Mundt. „Der Wettbewerb wird durch solche Verhaltensweisen beeinträchtigt.“
Ob Mühlen, Kaffeeröster, Schienen- und Schokoriegelhersteller oder Sanitärgroßhändler – die Fälle häufen sich. Die Wettbewerbsbehörde hat den Kampf gegen Kartelle deutlich verschärft. „Wir sind schlagkräftiger geworden“, sagte Behördensprecher Kay Weidner dem Tagesspiegel. Verdachtsfällen geht das Amt jetzt schneller und entschlossener nach als früher. Zudem arbeiten heute mehr Mitarbeiter im Kartellbereich, darunter auch ehemalige Kriminalkommissare. Bezahlt macht sich für das Amt zudem die Kronzeugenregelung, nach der Firmen, die Kartelle beim Amt melden – wie in diesem Fall Colgate Palmolive – straffrei ausgehen. Mitarbeit: jmi
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