Reisekonzern stellt Betrieb ein: Bund prüft Überbrückungskredit für Thomas-Cook-Tochter Condor
Die Rettungsversuche für den Touristikanbieter Thomas Cook waren erfolglos. Auch für die deutschen Tochterunternehmen wird es brenzlig.
Hunderttausende Urlauber sitzen fest, andere können ihre Reise nicht antreten: Die Pleite des britischen Reisekonzerns Thomas Cook wirbelt die Pläne Reisender durcheinander. Europas zweitgrößter Tourismuskonzern stellte am Montag den Betrieb mit sofortiger Wirkung ein. Die deutsche Tochter mit den Marken Thomas Cook, Neckermann, Öger Tours, Air Marin und Bucher Reisen stoppte den Verkauf von Reisen. Urlauber, die am Montag oder Dienstag aufbrechen wollten, dürfen von der Tochter Condor nicht mehr befördert werden. Rückflüge sind nicht betroffen.
Condor hat derzeit rund 240.000 Kunden auf Rückflügen gebucht. Der Flugbetrieb werde aufrecht erhalten, bekräftigte ein Sprecher am Montag. Die Fluggesellschaft beantragte von der Bundesregierung aber einen staatlich verbürgten Überbrückungskredit, um „Liquiditätsengpässe“ zu verhindern. Dabei soll es sich um rund 200 Millionen Euro handeln.
Die deutschen Flughäfen setzen darauf, dass dieser Überbrückungskredit kommt. Damit hätte der Ferienflieger eine Chance zum langfristigen Weiterbetrieb, hieß es am Montag in einer Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV).
Das Bundeswirtschaftsministerium erklärte, die Regierung arbeite "mit Hochdruck" an der Prüfung. Eine Entscheidung stehe aber noch aus. Zur Höhe machte das Ministerium keine Angaben. Die Landesregierung in Hessen, wo Condor seinen Sitz hat, erklärte, sie sei bereits in Gesprächen mit Condor über eine mögliche Unterstützung.
Hunderttausende müssen aus dem Ausland zurückgeholt werden
Die Bundesregierung erklärte über Twitter, sie verfolge die Lage aufmerksam. Zugleich betonte sie, „Thomas Cook Deutschland und Condor operieren derzeit weiter und führen weiterhin Rückflüge durch. Reisenden, die eine Reise erst noch antreten, wird empfohlen, sich an ihren Reiseveranstalter zu wenden.“ Deutsche Pauschaltouristen sind vor den Folgen einer Pleite des Veranstalters geschützt - die deutschen Töchter von Thomas Cook wie Öger Tours oder Bucher Reisen haben aber noch keine Insolvenz beantragt.
„Viele Passagiere an den größeren Flughafenstandorten Düsseldorf, Frankfurt, Hannover, Hamburg, Leipzig, München und Stuttgart sind betroffen“, teilte der Verband weiter mit. An allen Standorten seien die Flughäfen in Gesprächen mit Reiseveranstaltern und Condor selbst, um die Auswirkungen für die Passagiere so gering wie möglich zu halten. „Der Flughafenverband ADV begrüßt ausdrücklich, dass Condor den Flugbetrieb trotz dieser schwierigen Situation versucht aufrechtzuerhalten.“
Allein aus Großbritannien sind etwa 150.000 Urlauber im Ausland von der Pleite betroffen, mit dem deutschen Reiseveranstalter von Thomas Cook sind nach Unternehmensangaben derzeit 140.000 Gäste auf Reisen.
[Mehr zum Thema: „Aus der Warteschlange gezogen“ – Wie Reisende europaweit die Thomas-Cook-Pleite erleben]
Die britische Luftfahrtbehörde CAA teilte mit, sie habe eine Flugzeugflotte bereit gestellt, um Urlauber nach Großbritannien zurückzuholen. Die britische Regierung betonte, im Zuge der „Aktion Matterhorn“ würden die Maschinen Touristen ungeachtet ihrer Nationalität ausgeflogen, falls sie eine Reise mit Ziel Großbritannien gebucht hätten. „Die größte Rückführungsaktion des Vereinigten Königreichs in Friedenszeiten ist angelaufen“, twitterte Transportminister Grant Shapps. „Es ist eine riesige Aufgabe, es wird einige Verzögerungen geben, aber wir arbeiten rund um die Uhr, um alles zu tun, was wir können.“
Bereits in der Nacht starteten bereits erste Flugzeuge. Einem BBC-Bericht zufolge sollten noch am Montag mindestens 14.000 Reisende nach Großbritannien zurückgeholt werden. Für Urlauber im Ausland wurde die Website thomascook.caa.co.uk geschaltet.
Kein Geld vom britischen Staat
Vor der Pleite waren die Bemühungen um eine Rettung des angeschlagenen Reise-Konzerns gescheitert. Die britische Regierung lehnte eine Finanzierungsbitte über 150 Millionen Pfund (knapp 170 Millionen Euro) ab. „Das ist natürlich eine Menge Steuergeld und stellt, wie die Menschen anerkennen werden, eine moralische Gefahr für den Fall dar, dass Unternehmen künftig mit solchen wirtschaftlichen Schwierigkeiten konfrontiert werden“, hatte Premier Boris Johnson noch vor der Betriebseinstellung gesagt.
Die Transportgewerkschaft TSSA machte die Regierung dafür verantwortlich, dass die weltweit 21.000 Mitarbeiter, davon 9000 in Großbritannien, ihre Jobs verlieren. „Dass sie (die Regierung) unsere Mitglieder lieber hängen lassen als Thomas Cook zu retten, ist beschämend und falsch“, sagte Gewerkschaftschef Manuel Cortes einer Mitteilung zufolge.
Peter Fankhauser, der Chef von Thomas Cook, bezeichnete das Scheitern der Bemühungen zur Rettung des Touristikkonzerns als „verheerend“. Noch bis Sonntagabend war mit Investoren über eine zusätzliche Finanzierung in Höhe von 200 Millionen Pfund (226 Mio Euro) verhandelt worden. Der chinesische Mehrheitseigner Fosun zeigte sich „enttäuscht“.
[Mehr zum Thema: Familienunternehmen aus England - Wie Thomas Cook zum größten Reisekonzern der Welt wurde]
Der Verband Insolvenzverwalter Deutschlands (VID) rechnet nach dieser Pleite mit weiteren Geschäftsaufgaben in der Branche. Sie stehe unter Druck, „denn der Trend geht immer mehr zu Individualreisen“, sagte der VID-Vorsitzende Christoph Niering am Montag der Nachrichtenagentur Reuters. „Bei Reisebüros haben wir schon eine starke Marktbereinigung gesehen. Jetzt trifft es zunehmend auch die Reiseveranstalter.“
Während bei Pauschalreisenden aus Deutschland im Fall einer Insolvenz des Veranstalters ein Versicherer einspringt, bezahlt in Großbritannien der Staat für die Rückholung gestrandeter Urlauber aus dem Ausland.
Thomas Cook verhandelte zuletzt mit Investoren über weiteres Kapital in Höhe von rund 200 Millionen Pfund für seine Sanierungspläne. Diese kämen zu einem bereits ausgehandelten 900 Millionen Euro schweren Rettungspaket hinzu. Der Konzern verhandelte zum einen mit dem chinesischen Mischkonzern Fosun, der den Tui-Konkurrenten übernehmen wollte, aber auch mit Banken und Anleihegläubigern.
Großer Berg an Schulden
Thomas Cook war in den vergangenen Jahren immer wieder in Schieflage geraten. Bereits im Jahr 2012 retteten mehrere Banken den Konzern mit frischem Geld nach immensen Abschreibungen auf das britische Geschäft und IT-Systeme. Auch dadurch sitzt Thomas Cook auf einem Schuldenberg in Milliardenhöhe und ächzt unter der hohen Zinslast. Der jüngste Preiskampf im Reise- und Fluggeschäft kam erschwerend hinzu, ebenso anhaltende Unsicherheit rund um den Brexit, die die Urlaubsfreude der britischen Kundschaft dämpft.
Um dringend benötigtes Geld zu bekommen, hatte der Konzern im Februar sogar seine Fluggesellschaften samt Condor zum Verkauf gestellt. Im Juli blies er das Vorhaben wieder ab und präsentierte stattdessen einen umfangreichen Rettungsplan mit Investoren - der nun scheiterte.
Das Sommerhalbjahr bis Ende September werde deutlich schwächer als 2018, hatte Konzernchef Fankhauser Mitte Juli erklärt - und die Vorlage der Quartalszahlen abgeblasen. Dass es noch immer keine Klarheit über den Brexit gibt, dürfte die Lage noch verschärft haben. Großbritannien ist neben Deutschland der wichtigste Absatzmarkt für Thomas Cook. (dpa/Reuters/tsp)
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