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Google-Schriftzug am Firmensitz in Mountain View, Kalifornien.
© AFP

EU-Wettbewerbshüter: Brüssel eröffnet Missbrauchsverfahren gegen Google

Die EU-Kommission leitet gegen den Internet-Konzern Google ein Kartellverfahren ein. Der Internet-Konzern steht im Verdacht, Suchergebnisse manipuliert und so Mitbewerber benachteiligt zu haben.

Die weltweit führende Internetsuchmaschine muss zum ersten Mal in größerem Umfang ihre Geschäftspraktiken offenlegen. Die EU-Kommission leitete am Dienstag eine Untersuchung ein, ob der US-Konzern Google seine marktbeherrschende Stellung missbraucht, um Konkurrenten klein zu halten. Die Brüsseler Behörde betonte in ihrer Stellungnahme, dass der Beginn des Verfahrens „nicht bedeutet, dass die Kommission Beweise für Verstöße hat“. Allerdings nimmt sie die Hinweise, die im Frühjahr die britische Preisvergleichsseite Foundem, das französische Rechtsportal Ejustice und das zu Microsoft gehörende Einkaufsportal Ciao geliefert hatten, so ernst, dass nun eine Ermittlung eingeleitet wird, die zudem „prioritär“ behandelt wird.

Die Vorwürfe der drei Unternehmen gehen dahin, dass Google bestimmte Seiten der Konkurrenz in den Ergebnislisten einer Suchanfrage „absichtlich weiter hinten platziert“, wie es in der Mitteilung aus Brüssel heißt. Zudem prüft die Kommission die Behauptung, Google verpflichte Werbepartner darauf, ausschließlich mit dem Marktführer zusammenzuarbeiten – mit dem Ziel, andere Suchmaschinen zu schwächen. Der dritte Vorwurf lautet, Google habe den Qualitätsfaktor bezahlter Anzeigen der Konkurrenz künstlich gesenkt. Dieser Wert hat großen Anteil daran, welche Anzeigen bei den Suchergebnissen oben stehen, wenn sie die selben Suchwörter enthalten. Damit muss – sollte dies zutreffen – ein Google-Konkurrent mehr für eine Anzeige bezahlen, um die selbe Chance zu haben, gut gelistet zu werden.

Österreichs früherer Innenminister Ernst Strasser, heute ÖVP-Abgeordneter im Europaparlament, begrüßte die erste Untersuchung dieser Art zu vermeintlich unlauteren Geschäftspraktiken von Google. Er sagte dieser Zeitung, er „habe Indizien dafür, dass vieles davon stimmt“. So habe der Google-Manager Sebastian Müller kürzlich in einem Gespräch mit mehreren Europaabgeordneten seiner Partei „sehr unverblümt eingeräumt, dass Google seine eigenen Angebote selbstverständlich prioritär auflistet“. Google hatte stets betont, das Verfahren zur Gewichtung der Suchergebnisse richte sich ausschließlich nach der Attraktivität der Inhalte für die Nutzer. In Deutschland und Europa richten sich mehr als 90 Prozent der Suchanfragen an Google. „Unser Ziel ist es Suchergebnisse zu liefern, die dem Nutzer weiterhelfen, nicht in erster Linie den Seitenbetreibern“, sagte Google-Sprecher Kay Oberbeck dem Tagesspiegel. Er wies die Vorwürfe der drei Unternehmen zurück. So sagte er etwa zur Beschwerde von Ciao, sie sei Teil „der weitergehenden Bemühungen von Microsoft, Google mit einer Vielzahl an Gerichtsverfahren in den USA und Europa zu überziehen.“ Man werde eng mit der Kommission zusammenarbeiten, „um etwaige Bedenken auszuräumen.“

Google hat dabei kaum eine andere Wahl: Das europäische Kartellrecht gesteht der Kommission weitreichende Ermittlungsbefugnisse zu. Bereits die Nichtbeantwortung von Fragen ermöglicht es, hohe Geldbußen zu verhängen. Sollte die EU den Beschwerden recht geben, droht dem Unternehmen eine empfindliche Strafe in Höhe von zehn Prozent des Umsatzes. Aktuell wären dies rund 1,8 Milliarden Euro. Mit insgesamt 1,6 Milliarden Euro wurde in den vergangenen Jahren der Softwarekonzern Microsoft bestraft. Eine Entscheidung zu Google wird nicht vor dem nächsten Sommer erwartet.

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