Brexit: Britische Regierung will einen harten Schnitt
Regierungschefin Theresa May plant eine Radikallösung beim Brexit. Das Pfund verliert, die Börsen sind verunsichert.
Einen Freund hat der designierte US-Präsident Donald Trump in der Europäischen Union auf jeden Fall noch: Boris Johnson, den britischen Außenminister. Während die europäischen Börsen nach Trumps protektionistischen Äußerungen auf Talfahrt gingen, lobte der Brite die Handelspolitik Trumps. Trump hat den Briten in Aussicht gestellt, nach dem Brexit, also dem Austritt Großbritanniens aus der EU, ein Handelsabkommen mit London zu schließen. „Eine sehr gute Nachricht“ sei das, sagte Johnson, der maßgeblich am Brexit beteiligt war. „Es ist toll, das vom gewählten Präsidenten Donald Trump zu hören“.
Weg von Europa
Eine Orientierung über den Atlantik hinweg könnte nämlich die Isolation innerhalb der EU mildern, die die britische Regierung offensichtlich noch forcieren will. An diesem Dienstag will Premierministerin Theresa May eine Rede zum Brexit halten und – Medienberichten zufolge – darin einen harten Schnitt mit der EU ankündigen: einen Ausstieg Großbritanniens aus dem Binnenmarkt und der Zollunion sowie eine Abkehr vom Europäischen Gerichtshof, um Einwanderungskontrollen einführen zu können. May will bis Ende März die Austrittsgespräche mit der EU einleiten. Diese sind auf zwei Jahre angelegt.
Pfund gibt nach
An den Devisenmärkten stürzte das britische Pfund zeitweise unter 1,20 US-Dollar und damit auf den tiefsten Stand seit Oktober. Der Deutsche Aktienindex Dax und der Europa-Index Euro-Stoxx50 gaben nach, die Aktien britischer Banken fielen um bis zu 2,8 Prozent. Die Geldhäuser würden zu den größten Verlierern eines Brexits zählen, weil sie den Zugang zum EU-Binnenmarkt verlieren würden. Dagegen kletterte die Krisenwährung Gold auf den höchsten Stand seit acht Wochen.
Brüssel ist in Sorge
In Brüssel bestätigten die Signale aus London Befürchtungen, die dort schon länger kursieren. Die EU will an ihren vier Grundfreiheiten für Arbeitnehmer, Dienstleistungen, Waren und Kapital festhalten. Wenn Großbritannien nach dem Brexit EU-Bürgern den Zugang zu seinem Arbeitsmarkt verwehrt, dann sollen die Briten ihrerseits keinen Zugang zum EU-Binnenmarkt mehr haben.
Deutsche Börse hält an Fusion fest
Trotz des Brexits will die Deutsche Börse an der geplanten Fusion mit der Londoner Börse aber nicht rütteln, betont Vorstandschef Carsten Kengeter. Im Gegenteil: In seinen Augen wird die Fusion mit London sogar noch wichtiger. Mit der Fortführung des Fusionsvorhabens baue man eine Kapitalmarktbrücke über den Ärmelkanal. „Auf diese Weise können wir einen Teil der wirtschaftlichen Folgen, die eine politische Entscheidung dieser Größenordnung mit sich bringt, entgegenwirken.“
Die Fusionspartner haben zwar einen Brexit-Referendumsausschuss gebildet, der war aber nicht auf den Austritt vorbereitet und hatte keinen Notfallplan in der Schublade. Fast noch mehr Interesse an einer Fusion dürften die Börsenoberen in London haben. Denn damit hätten sie nach dem Brexit noch immer ein Standbein in der EU. Aber noch ist über die Fusion nicht endgültig entschieden. Die EU-Kommission hat ihr Votum noch nicht abgegeben. Möglicherweise sagt sie Ja, allerdings mit Auflagen. Heikel wäre in jedem Fall, wenn die Holding der fusionierten Börse in London angesiedelt wäre und damit außerhalb der EU. Sie unterläge britischem Recht und der britischen Finanzaufsicht. Kengeter und der Brexit-Referendumsausschuss haben bislang nicht klar gemacht, wie sie diesen Widerspruch lösen wollen. Und offen bleibt die Sitzfrage. In Frankfurt gibt es heftige Kritik daran, dass die neue Obergesellschaft der fusionierten Börsen an der Themse sitzen soll, zumal nach dem Austritt der Briten aus der EU.
IWF sieht Weltwirtschaft optimistisch
Eine gute Nachricht gab es für die Wirtschaft am Montag aber dann doch noch: Trotz der Unsicherheiten über Trumps Kurs und den Brexit glaubt der Internationale Währungsfonds (IWF), dass die Weltwirtschaft 2017 weiter wächst. Global rechnet der IWF mit einem Wachstum von 3,4 Prozent, für die USA mit 2,3 Prozent und in Deutschland mit einem Plus von 1,5 Prozent. mit HB