Diesel-Affäre: Bosch zahlt und will Ruhe
Der VW-Zulieferer Bosch zahlt US-Verbrauchern und Autohändlern 305 Millionen Euro, räumt aber keine Mitschuld am Diesel-Skandal ein. Auch Volkswagen erzielt einen weiteren Vergleich.
„Mit der Vergleichsvereinbarung erkennt Bosch weder den von den Klägern vorgetragenen Sachverhalt an, noch räumt Bosch Schuld ein.“ – Es ist ein Nebensatz in der Mitteilung des größten Autozulieferers der Welt, der deutlich macht, wie schmal der juristische Grat ist, auf dem die mutmaßlich am Diesel-Skandal beteiligten Unternehmen sich bewegen. Bosch hatte an Volkswagen Softwarekomponenten geliefert, die der Autobauer bei Millionen Dieselfahrzeugen manipulierte. US-Kläger warfen dem deutschen Unternehmen vor, tief in den Skandal verstrickt zu sein. Nun zahlt Bosch, räumt aber – anders als Volkswagen – keine Schuld ein.
Am Mittwoch verständigte sich das Unternehmen auf einen bereits vor Weihnachten angekündigten Vergleich mit geschädigten Verbrauchern und Gebrauchtwagenhändlern in den USA und erklärte sich zu einer Zahlung von insgesamt 327,5 Millionen Dollar (305 Millionen Euro) bereit. Bosch hatte im vergangenen Jahr 750 Millionen Euro für rechtliche Risiken zurückgelegt. Mit einem Zivilprozess in den USA wären hohe Risiken und große Unsicherheit verbunden gewesen.
50.000 Bosch-Jobs hängen am Diesel
Nun soll nach dem Willen von Bosch-Chef Volkmar Denner Ruhe einkehren. Bosch befinde sich inmitten des „größten Transformationsprozesses der Unternehmensgeschichte“, sagte Denner, gegen den in USA noch strafrechtliche Klagen im Dieselgate-Kontext laufen. Bosch wolle seine Aufmerksamkeit und seine Ressourcen dem „Wandel im Bereich der Mobilität und in anderen Tätigkeitsfeldern“ widmen. Gut 50 000 der weltweit 390 000 Arbeitsplätze bei Bosch hängen vom Diesel ab, davon etwa 15 000 in Deutschland. Die Sparte Mobility Services, die das Autozuliefergeschäft und neue Dienstleistungen rund ums Auto beinhaltet, machte 2016 mit 44 Milliarden Euro den größten Umsatzanteil aus.
Auch der VW-Konzern nahm am Mittwoch mit einer neuerlichen Milliardenzahlung in den USA eine weitere Hürde im Dieselskandal. Der Autobauer stimmte zu, mindestens 1,26 Milliarden Dollar (rund 1,17 Milliarden Euro) an rund 80 000 Besitzer von großen Dieselfahrzeugen mit umweltbelastenden Drei-Liter-Motoren zu zahlen, um deren Klagen beizulegen. Wie aus den am Mittwoch veröffentlichten US-Gerichtsunterlagen weiter hervorgeht, könnte es VW bis zu vier Milliarden Dollar kosten, wenn die Behörden keine Freigabe für die Reparatur eines Großteils der betroffenen Wagen erteilen. Dann müsste der Konzern alle Autos, darunter Geländewagen von Audi, VW und Porsche, zurückkaufen. Die VW-Tochter Audi, die die Drei-Liter-Motoren entwickelt hat, prüft weitere Rückstellungen. Die jetzt vereinbarte Milliardenzahlung muss Audi schultern, weil die Motoren von der Konzerntochter entwickelt wurden. Audi hatte für die Beilegung der Abgasaffäre bis dato 980 Millionen Euro zur Seite gelegt.
Volkswagen muss US-Kunden üppig entschädigen
Die Wolfsburger hatten sich nach monatelangem Ringen im Dezember mit den Behörden in den USA und anschließend mit den Privatklägern auf einen grundsätzlichen Kompromiss geeinigt: Etwa 20 000 betroffene ältere Wagen der Baujahre 2009 bis 2012 mit Drei-Liter-Motoren, die nicht so umgerüstet werden können, dass sie den Abgasvorschriften entsprechen, sollen zurückgekauft werden. Weitere rund 60 000 Fahrzeuge der Baujahre 2013 bis 2016 sollen repariert werden, sobald die Behörden die Freigabe erteilen. Bezirksrichter Charles Breyer in San Francisco hatte VW und den Sammelklägern eine Frist bis 31. Januar für eine detaillierte Einigung gesetzt, die er bei einer weiteren Anhörung am 14. Februar absegnen will. Auch über den Bosch-Vergleich will Breyer dann entscheiden.
Aus den jetzt veröffentlichten Gerichtsunterlagen geht hervor, dass die Besitzer, deren Fahrzeuge zurückgekauft werden, zusätzlich rund 7500 Dollar von VW erhalten. Kunden, deren Wagen repariert werden, sollen eine Entschädigung von rund 7000 und 16 000 Dollar bekommen. Beeinträchtigt die Reparatur die Leistung des Autos, gibt es demnach weitere 500 Dollar oben drauf. Anwältin Elizabeth Cabraser, führende Vertreterin der Autobesitzer, sprach von „erheblichen Vorteilen“ für die Verbraucher und für die Umwelt. Im gesamten VW-Konzern belaufen sich die Kosten des Dieselskandals bislang auf rund 20 Milliarden Euro.
VW verkauft deutlich mehr in den USA
Volkswagen hat seine Autoverkäufe auf dem US-Markt derweil im Januar erneut deutlich steigern können. Der Neuwagenabsatz der Kernmarke VW legte verglichen mit dem Vorjahreszeitraum um 17,1 Prozent auf 23 510 Autos zu, wie die US-Tochter des Dax-Konzerns am Mittwoch in Herndon mitteilte. Bereits in den beiden Vormonaten waren die Verkaufszahlen kräftig gestiegen. Die Bilanz profitierte auch davon, dass ein im Herbst 2015 im Zuge des Abgas-Skandals verhängter Verkaufsstopp für Dieselwagen bei den Vergleichswerten aus dem Vorjahr stark zu Buche geschlagen hatte. Besonders gefragt blieben bei US-Kunden zu Jahresbeginn Golf-Modelle wie der neue Sportgeländewagen Alltrack. Bei dem für den US-Markt wichtigsten Modell Jetta gab es jedoch weiter Absatzschwierigkeiten. Die VW-Premiumtochter Audi setzte ihren positiven Trend fort und schaffte im Januar ein Verkaufsplus von elf Prozent. Insgesamt kühlt sich der nach China zweitgrößte Automarkt der Welt jedoch ab: Die US-Branchenführer General Motors und Ford wurden 3,8 und 0,7 Prozent weniger Neuwagen los. Beim italienisch-amerikanischen Schwergewicht Fiat Chrysler ging der Absatz um elf Prozent zurück. mit rtr, dpa