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Am Boden. Die Aktie hat seit dem Börsengang mehr als 90 Prozent ihres Wertes eingebüßt.
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Zehn Jahre Börsengang von Air Berlin: Bodenlose Enttäuschung statt Höhenflug

Die Aktie von Air Berlin hat seit dem Börsengang 2006 mehr als 90 Prozent an Wert verloren – die Turbulenzen dauern an. Doch Aktionäre sehen auch Hoffnungszeichen.

Selters statt Sekt dürfte es an diesem Jubiläums-Mittwoch bei Air Berlin geben. Zu traurig fällt die Bilanz aus, die die knapp 8000 Mitarbeiter nach dem Börsengang des Unternehmens vor zehn Jahren ziehen können. Mehr als 90 Prozent ihres Wertes hat die Air-Berlin-Aktie in einer Dekade verloren. Anleger, die 2006 auf die Aktie gesetzt haben, sind ihr Geld fast los. Die Konkurrenz hingegen machte die Börse glücklich: Ryanair-Papiere gewannen im gleichen Zeitraum gut 260 Prozent, Easyjet legte um 300 Prozent zu, die Lufthansa hielt sich immerhin stabil. Air Berlin stürzte ab.

Dabei waren die Hoffnungen groß, als die Anteile der zweitgrößten deutschen Fluggesellschaft am 11. Mai 2006 erstmals an der Frankfurter Börse gehandelt wurden. „Ich habe bisher keine Anzeichen, dass er kein Erfolg wird“, sagte der damalige Chef Joachim Hunold im Tagesspiegel-Interview über den bevorstehenden Börsengang. Um so größer war gleich am ersten Handelstag die Enttäuschung: Vergeblich gestützt von Käufen der Banken, rutschte die Air-Berlin-Aktie unter den Ausgabepreis von zwölf Euro. Den hatten die Banken bereits gesenkt und die Börsenpremiere um einige Tage verschoben, weil es zu wenig Nachfrage nach Air-Berlin-Aktien gegeben hatte. Von einer „Zangengeburt“ sprachen Zeitungen nach dem verpatzten Börsenstart. „Ein billiger Flieger“, titelte diese Zeitung.

Air Berlin am Flughafen Berlin-Tegel (Archiv vom 27. April 2016). Hier ist Air Berlin Marktführer. Die Airline hatte große Pläne für den BER.
Air Berlin am Flughafen Berlin-Tegel (Archiv vom 27. April 2016). Hier ist Air Berlin Marktführer. Die Airline hatte große Pläne für den BER.
© dpa

Doch die Enttäuschung war rasch vergessen. Wie im Traum blicken Aktionäre heute auf 2007 zurück, als Air Berlin Anfang Mai seinen Höchstkurs von gut 20 Euro erreichte. Zum Vergleich: Am Dienstag kostete ein Papier 72 Cent. „Air Berlin ist stark gestartet und hat erfolgreich eine Nische im gehobenen Tourismusgeschäft besetzt“, erinnert sich Gerald Wissel vom Hamburger Beratungsunternehmen Airborne Consulting. Air Berlin war vor allem mit seinen Pendelflügen aus Deutschland nach Mallorca groß- und bekannt geworden. Es folgten die Übernahme der Fluggesellschaft dba, 2007 kaufte Air Berlin den defizitären Ferienflieger LTU, um in das Geschäft auf der Langstrecke einzusteigen. Ein teurer Deal, wie sich später herausstellte.

Seit Jahren der Vorwurf: Air Berlin ist zu schnell gewachsen

Die Gesellschaft sei auf Betreiben von Joachim Hunold zu schnell gewachsen, sagt Wissel. Das Management – und damit sind auch Hunolds drei Nachfolger Hartmut Mehdorn, Wolfgang Prock- Schauer und Stefan Pichler gemeint – habe entscheidende Fehler gemacht. „Erstens: man wollte eine zweite Lufthansa sein. Zweitens: man ist auf die Langstrecke gegangen. Und drittens: man hat sich an eine Allianz und an Etihad gebunden.“ Über die Rolle des arabischen Großaktionärs, der seit Dezember 2011 gut 29 Prozent der Air-Berlin-Aktien besitzt, gehen die Meinungen auseinander. Weder der Einstieg der Scheichs aus Abu Dhabi noch deren folgende Finanzspritzen in einem geschätzten Volumen von gut einer Milliarde Euro hielten den Niedergang der Aktie auf. Aber: „Ohne Etihad müsste man die Überlebensfrage bei Air Berlin viel lauter stellen“, sagt Michael Kunert von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger. „Etihad war der Rettungsanker.“ Dies sei ein Verdienst von Hartmut Mehdorn, der den Einstieg betrieben hatte, gleichwohl aber mit einer mageren Bilanz Air Berlin Anfang 2013 verließ. Sein Versuch, die Gesellschaft mit einem harten Sparkurs zu sanieren, war vorerst gescheitert. Die Aktie kostete zu diesem Zeitpunkt schon weniger als zwei Euro – und erholte sich seitdem nicht mehr.

Wie lange behält Investor Etihad die Geduld?

Der Vorwurf, der das Management begleitet: Air Berlin lege sich nicht auf ein klares Geschäftsmodell fest. Europa- Kurzstrecke, Touristikgeschäft und Langstrecke – das passe von der Logistik und Kostenstruktur auf Dauer nicht zusammen. Der Konzern und sein aktueller Chef Stefan Pichler antworten: Es sei gerade ein Vorteil, mehrere Standbeine zu haben. Dennoch flog Air Berlin 2015 so tief in die Verluste wie nie. Unter dem Strich fehlten 447 Millionen Euro.

Hoffnung macht der kürzlich gewonnene Rechtsstreit um gemeinsam mit Etihad vermarktete Flüge (Codesharing). Zentral bleibt die Sanierung. Misslingt sie, werden auch die geduldigen Scheichs unruhig, meint Berater Wissel. „Etihad wird bis Ende des Jahres entscheiden, wie es mit Air Berlin weitergehen soll“, glaubt er. „Auch, weil die großen Investoren sich das nicht mehr lange tatenlos anschauen.“

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